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# taz.de -- Pflegerin und Aktivistin Ariane Müller: Zurück auf Schicht
> Die Krankenschwester Ariane Müller engagiert sich für bessere
> Arbeitsbedingungen. Das Klinikum Bremen-Mitte beurlaubte sie, ruderte
> dann aber zurück.
Bild: Am Klinikum Bremen-Mitte scheinbar nicht gern gesehen: gewerkschaftlich e…
Bremen taz | Bescherung war für Ariane Müller in diesem Jahr schon zwei
tage vor Heiligabend. Am Nachmittag des 22. Dezember erfuhr die
Krankenschwester aus Bassum, dass sie ihren Beruf auf der Intensivstation
des Klinikums Bremen-Mitte (KBM) weiter ausüben kann.
Eigentlich hätte die 67-Jährige im Sommer 2020 schon in Rente gehen können.
Sie hatte sich aber entschieden, weiterhin am Klinikum Bremen-Mitte in
Teilzeit zu arbeitet. Nun hätte man erwarten können, dass gerade in einer
Zeit, in der so viel von der desolaten Personalsituation im
Gesundheitswesen die Rede ist, Müller für ihr Engagement eine besondere
Auszeichnung bekommt.
Hat sie auch, aber nicht von ihrem Arbeitgeber. Ariane Müller wurde als
eine von elf Frauen als „Bremer Frau des Jahres 2021“ ausgezeichnet. Ein
Preis, initiiert 1999 vom Bremer Frauenausschuss. Geehrt wurde Müller für
ihr besonderes Engagement als Krankenschwester.
Das KBM „würdigt“ Ariane Müllers Engagement am 16. Dezember mit einer
Beurlaubung der KBM bei vollen Gehalt. Als Betriebsrätin und
Vertrauensperson wurde sie öfter zu Gesprächen mit Vorgesetzten hinzuzogen,
wo sie Kolleg*innen unterstützte. Einen solchen Termin hat Müller als
Teil der Arbeitszeit abgerechnet. Dafür wurde ihr von der Pflegedirektion
Betrug vorgeworfen.
Müller betonte im Gespräch mit der taz, dass sie an solchen Gesprächen auf
Wunsch der Kolleg*innen öfter teilgenommen und als Teil ihrer
Arbeitszeit abgerechnet habe. „Es gibt sogar Briefe an den Betriebsrat,
dass die Kolleg*innen mich dabei haben wollen, weil ich als
Betriebsrätin vertrauenswürdig bin“, berichtet Müller. Sie sieht den Grund
für ihre kurze Sanktionierung aber auch in ihrer gewerkschaftlichen
Tätigkeit. Schließlich hatte sie kürzlich angekündigt, auf der Liste der
Unabhängigen Betriebsgruppe „Uns reicht’s“ am KBM für die Betriebsratwa…
im März 2022 anzutreten.
Seit 2005 engagiert sie sich bei „Uns reicht’s“ vor allem [1][gegen den
Stellenabbau und für bessere Arbeitsbedingungen]. Damit erfährt sie
zunehmend Zuspruch von den Kolleg*innen. Schließlich habe es allein an
ihrer Station in der letzten Zeit fünf Burn-out-Fälle gegeben. Mittlerweile
regt sich bundesweit Widerstand gegen die [2][schlechten Arbeitsbedingungen
im Carebereich], wie die Pflegebranche auch benannt wird.
Müller hat [3][bereits 2017 mit Kolleg*innen aus verschiedenen
Krankenhäusern das Pflegebündnis Bremen gegründet]. Vorbild waren das
Hamburger Pflegebündnis und die Berliner Krankenhausbewegung, die im Sommer
2021 mit mehrwöchigen Streiks bessere Arbeitsbedingungen erstritten hatten.
Müller betont, dass es ihr wichtig ist, Mitarbeiter*innen zu
erreichen, die nicht in der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di organisiert
waren. Der gewerkschaftliche Organisationsgrad im Carebereich liege bei
unter 15 Prozent.
Die zentrale Forderung des Bremer Pflegebündnisses ist die Einstellung von
mehr Personal. Auf einer Intensivstation soll eine Pflegekraft maximal zwei
Patient*innen betreuen. In der Realität sei eine Pflegekraft heute oft
für drei Patient*innen zuständig, kritisiert das Bündnis. Zudem sollen
nach dem Willen der engagierten Carearbeiter*innen im Nachtdienst
mindestens zwei Pflegekräfte anwesend sein. Heute muss eine Pflegekraft den
Dienst oft allein übernehmen. „Wir haben die Macht, für unsere Forderungen
auch in den Streik zu treten“, betont Müller.
Dass ihre Beurlaubung nach wenigen Tagen aufgehoben wurde, sieht sie als
einen Erfolg einer Solidaritätskampagne, die in wenigen Tagen aktiv
geworden ist. Unterstützung bekam sie nicht nur von Ver.di und von
Kolleg*innen, sondern auch von einigen Patient*innen, die sie betreut
hatte. „Mit Solidarität können wir etwas erreichen“, lautet Müllers knap…
Kommentar zum schnellen Ende ihrer Beurlaubung.
Sie freut sich auf die vier Nachtschichten an Weihnachten, die sie schon
lange geplant hatte. Müller hofft, dass die Liste „Uns reicht’s“ bei den
Betriebsratswahlen im KBM mindestens gut abschneidet. Der Zuspruch unter
den Kolleg*innen sei groß. Vielleicht hat die Klinikleitung durch die
Beurlaubung von Müller unfreiwillig noch Werbung für die Liste der
Aufmüpfigen gemacht.
Stefanie Beckröge, die beim Bremer Klinikverbund für die Kommunikation
zuständig ist, erklärte auf Nachfrage taz, dass man zu internen
Personalangelegenheiten keine Stellung nehme.
23 Dec 2021
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## AUTOREN
Peter Nowak
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