| # taz.de -- Buch „Mädchenmeuterei“ von Kirsten Fuchs: In schwerer See | |
| > Die heile Welt bleibt zu Hause: Kirsten Fuchs’ Roman „Mädchenmeuterei“ | |
| > spielt auf einem Containerschiff und ist eine Abenteuergeschichte unter | |
| > Deck. | |
| Bild: Kirsten Fuchs schreibt Bücher für Kinder, für das Theater und hat eine… | |
| Ist es okay zu lügen? Wenn man damit andere schützen kann? Wenn man ein | |
| Geheimnis hat, heißt es dann eigentlich automatisch, dass man lügen muss? | |
| Oder heißt es nur, dass man einen Teil der Wahrheit nicht erzählt? Sind | |
| Geheimnisse also etwas Schlechtes? Gibt es Menschen, die grundsätzlich | |
| schlecht sind? | |
| In Kirsten Fuchs’ neuem Roman „Mädchenmeuterei“ wird auf jeden Fall die | |
| letzte Frage mit einem eindeutigen Ja beantwortet. Artem Kusmyn, Erster | |
| Offizier auf dem Containerschiff „Lexy Barker“, ist ein schlechter Mensch. | |
| Er setzt Charlotte Nowak und ihre Freundinnen unter Druck und sperrt sie | |
| ein. Er versteckt ein illegal gefangenes Schimpansenjunges, erpresst den | |
| Kapitän des Schiffes mit einem Geheimnis und schikaniert die Mannschaft. | |
| Wie schon im Vorgängerroman „Mädchenmeute“ versteht [1][Kirsten Fuchs] es, | |
| die Themen Freundschaft, Ehrlichkeit und Vertrauen, aber auch Unsicherheit, | |
| Konkurrenzkampf und Lügen in einen wunderbaren Roman [2][übers | |
| Erwachsenwerden] zu packen. taz-Leser*innen ist sie bekannt durch ihre | |
| Kolumne „Kleider“, die zwischen 2003 und 2005 zweiwöchentlich erschien. Es | |
| folgten verschiedene Bücher für Kinder, über Reisen und Theaterstücke für | |
| Kinder. | |
| Für ihr Stück „Tag Hicks oder fliegen für vier gewinnt“ erhielt sie 2015 | |
| den Berliner Kindertheaterpreis. Seit 2014 hat sie in Berlin-Moabit ihre | |
| eigene Lesebühne „Fuchs und Söhne“. | |
| ## Der Vorgängerroman „Mädchenmeute“ | |
| Charlotte, Freigunda, Antonia und Yvette, die sich in „Mädchenmeute“ – 2… | |
| gab es dafür den Deutschen Jugendliteraturpreis – in einem Ferienlager | |
| kennenlernen, machen sich in dem neuen Roman auf den Weg nach Marokko, um | |
| ihre Freundin Bea zu retten, die in Schwierigkeiten steckt und ominöse | |
| Videobotschaften an Charlotte schickt. | |
| Yvette, die Reiche und Selbstbewusste, bringt ihren Vater dazu, den Mädchen | |
| zu helfen, von zu Hause abzuhauen und zum Hafen nach Rotterdam zu kommen. | |
| Francesca, eine schusselige Journalistin, begleitet die Mädchen, sie will | |
| über ihre Abenteuer ein Buch schreiben. Die vier unterschiedlichen Mädchen | |
| landen auf einem Containerschiff, eine davon als blinde Passagierin. | |
| Ein Kapitän, der ein Geheimnis mit sich herumträgt; Freigunda, die lange | |
| verschweigt, dass sie sich mit ihrem Freund nach Spanien absetzen will; und | |
| Yvette, die gar nicht so beliebt und cool ist, wie sie tut – sie alle | |
| müssen im Laufe der Fahrt nach Nordafrika lernen, Vertrauen zu fassen und | |
| mit der Wahrheit herauszurücken. Die Lügen und Halbwahrheiten sind aber | |
| gerade das, was das Chaos verursacht und die Geschichte kompliziert und | |
| damit spannend macht. | |
| ## Rätselhaftes auf dem Schiff | |
| Was hat es mit dem geheimnisvollen Ersten Offizier auf sich? Warum hängen | |
| überall im Schiff Bilder von Seeungeheuern? Die eigentlich langweilige | |
| Schifffahrt (ohne Fernseher und ohne Internet) wird immer rätselhafter, der | |
| Schiffskoch hilft den Mädchen, und mit manchem unheimlich wirkenden Seemann | |
| entstehen schon fast Freundschaften. | |
| Kirsten Fuchs verwebt die Abenteuergeschichte der Ausreißerinnen geschickt | |
| mit einem Bildungsroman. Freigunda, aufgewachsen in einer Artistenfamilie, | |
| hat immer einen weisen Spruch parat und behält in allen Notlagen die | |
| Nerven. Charlotte googelt alles, was sie über Containerschiffe und über die | |
| Verschmutzung der Meere finden kann. Die heile Welt bleibt zu Hause, die | |
| Mädchen werden mit der Ausbeutung der international besetzten | |
| Schiffsmannschaft konfrontiert und den prekären Lebenswelten zu Hause bei | |
| den Familien der Seeleute. | |
| In Charlottes Beschreibungen der Schiffsreise verpackt Kirsten Fuchs ihre | |
| bildreiche Sprache: „Durch die Kopfhörer und die Mütze gedämpft, vibrierte | |
| das metallische Hallen unserer Schritte auf der Treppe. Wir stiegen als | |
| Ritter ohne Waffen diesem lebendigen Ungeheuer ins Maul.“ | |
| ## Kammerspiel unter Deck | |
| Die Isolation und Bedrohung auf dem Schiff nutzt Fuchs geschickt, die | |
| Krisen der Mädchen auf die Spitze zu treiben: Die Mädchen giften sich an, | |
| streiten und versöhnen sich wieder; alles wie in einer Art Kammerspiel | |
| unter Deck. Irritierend wirkt dabei nur manchmal, wie wenig real das | |
| gesamte Setting ist. Warum schicken die Mädchen keine Nachrichten an ihre | |
| Eltern, wo sie sind? Haben sie kein schlechtes Gewissen, weil sie | |
| verzweifelt gesucht werden? | |
| Parallel dazu spielt sich in Marokko eine spannende Geschichte ab, ein | |
| wildes Durcheinander, das Bea in Form von unkommentierten Videos an ihre | |
| Freundin schickt. Sie ist zu ihrem Vater geflohen, den sie kaum kennt und | |
| der als Lastwagenfahrer in Marokko und Spanien Waren transportiert und | |
| dabei in eine Schmuggelgeschichte verwickelt wird. Verfolgungsjagden, | |
| Schlägereien, ein Vater und eine Tochter, die sich langsam näherkommen und | |
| auch lernen müssen, zueinander Vertrauen zu haben. Und nicht zu lügen oder | |
| nur die halbe Wahrheit zu erzählen. | |
| 30 Dec 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Elke Eckert | |
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