| # taz.de -- Oskar Lafontaine beendet Politkarriere: Austeilen zum Abschied | |
| > In einem Interview erklärt der frühere SPD- und Linken-Chef das Ende | |
| > seiner politischen Karriere – und vergibt einige schlechte Noten. | |
| Bild: Freut sich auf sein Politpensionärsdasein: Oskar Lafontaine | |
| Saarbrücken taz | Es ist wieder mal ein Rückzug à la Lafontaine. Nicht vor | |
| einem Parteigremium oder im saarländischen Landtag, der letzten großen | |
| politischen Bühne des ehemaligen SPD-Chefs und Linken-Mitbegründers, | |
| sondern [1][über die konservative Welt] aus dem Verlagshaus Springer | |
| verkündet „der Oskar“ seinen endgültigen Ausstieg aus der aktiven Politik: | |
| „Ich trete nicht mehr an“, gibt er zu Protokoll. Und auf der Frage „Ist d… | |
| das Ende ihrer politischen Karriere?“, antwortet er mit einem schlichten | |
| „Ja“. | |
| Vier Monate vor der nächsten saarländischen Landtagswahl beendet Lafontaine | |
| so alle Spekulationen, er oder seine verbliebenen MitstreiterInnen in der | |
| Landtagsfraktion könnten noch einmal mit einer eigenen Liste antreten. Es | |
| ist eine Ansage, auf die viele im Saarland gewartet haben. Nach | |
| taz-Informationen erfuhren auch wichtige WeggefährtInnen erst über das | |
| Welt-Interview, dass Lafontaine das intern ernsthaft diskutierte Projekt | |
| einer Kandidatur mit einer alternativen Liste nicht mehr weiter verfolgt. | |
| Dass der 78-Jährige nicht erneut für die Linkspartei kandieren würde, | |
| [2][hatte er bereits Ende September mitgeteilt]. Der alte Kämpe nutzte nun | |
| seinen medialen Auftritt zu einer Abrechnung mit der eigenen Partei, die er | |
| vor 14 Jahren mitgegründet hat. | |
| Verantwortlich für das schlechte Abschneiden der Linken bei der | |
| Bundestagswahl sei, dass sie sich nur noch um „Modethemen der | |
| Besserverdienenden“ kümmern würde, die ArbeitnehmerInnen, Arbeitslose und | |
| RentnerInnen nicht interessierten: „Die Partei wollte grüner als die Grünen | |
| sein und hat sich auf deren bevorzugte Themen gestürzt: Klima, Gendern, | |
| Diversität, Migration.“ | |
| Auch habe die „übertriebene Anbiederung an Grüne und SPD“ mindestens einen | |
| Prozentpunkt gekostet. Zudem würden „einige der für den Wahlkampf | |
| Verantwortlichen“ nicht wissen, wie man Wahlen gewinnt. „Allen voran“ gel… | |
| das für den Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler. | |
| ## Attacken gegen Wissler, Hennig-Wellsow, Scholz und Baerbock | |
| Die aktuellen Parteivorsitzenden Janine Wissler und Susanne Hennig-Wellsow | |
| bekommen ebenfalls ihr Fett weg. Anstatt die innerparteilichen Flügel | |
| zusammenzuführen und eine Programmatik zu entwickeln, die alle akzeptieren, | |
| verstünden sie sich wie ihre VorgängerInnen „als Mitglieder von | |
| Strömungen und befeuern seit Jahren den innerparteilichen Konflikt“. | |
| Schlechte Noten verteilt er in seinem Zwischenruf von der Seitenlinie auch | |
| an Olaf Scholz, seinen früheren Parteifreund aus SPD-Zeiten, und die Grüne | |
| Annalena Baerbock. Scholz stünde „für Aufrüstung, Kriegseinsätze der | |
| Bundeswehr und Sozialabbau“, so Lafontaine. | |
| „Wenn dann noch Annalena Baerbock Außenministerin würde, wäre das eine | |
| Katastrophe.“ Zur Begründung gibt er an, Baerbock folge „kritiklos der | |
| US-Konfrontationspolitik gegenüber China und Russland“. Eine solche | |
| Außenpolitik schade Deutschland und erhöhe die Kriegsgefahr. | |
| Und noch etwas treibt Lafontaine derzeit um: der Umgang mit der | |
| Coronapandemie. So glaubt er, in der Diskussion um das Impfen sei ein | |
| „deutlicher Anstieg von Intoleranz, totalitärem Verhalten und ein | |
| zunehmender Ruf nach Zensur zu beobachten“. Lafontaine selbst ist geimpft, | |
| [3][seine Frau Sahra Wagenknecht hingegen nicht]. | |
| ## Geschwundene Machtbasis | |
| Mit der Führung der Linkspartei im Saarland ist Lafontaine schon lange | |
| zerstritten. Dem amtierenden Linken-Landesvorsitzenden Thomas Lutze wirft | |
| er vor, seit Jahren parteiinterne Wahlen mit Betrügereien und | |
| Urkundenfälschungen zu manipulieren, ohne dass die Gremien der Bundespartei | |
| entschieden dagegen vorgegangen wären. | |
| Zuletzt zerbrach auch Lafontaines letzte Machtbasis in der Partei, die | |
| Landtagsfraktion. Die vor Jahren im Streit aus der Linken-Fraktion | |
| ausgetretene Landtagsabgeordnete Dagmar Ensch-Engel schloss sich mit der | |
| jüngst [4][aus der Fraktion ausgeschlossenen Parlamentskollegin Barbara | |
| Spaniol] zu einer neuen Fraktion zusammen. Die „Linken-Saar“ machen seitdem | |
| auch im Landtag „Lafos“ Fraktion Konkurrenz. | |
| Bei den [5][Wahlversammlungen der Landespartei] zur Aufstellung der Listen | |
| für die Landtagswahl im März setzten sich zudem ausschließlich | |
| KandidatInnen durch, die mit Lutze kooperieren. Im Wahlkreis Saarbrücken | |
| gelang es einer Mehrheit um Lutze sogar, den Lafontaine-Getreuen und | |
| amtierenden Kreisvorsitzenden, den Landtagsabgeordneten Dennis Lander, | |
| auszubooten. | |
| Die Anfechtung dieser Wahlversammlung dümpelt vor den Parteigerichten vor | |
| sich hin, wie auch die Parteiausschlussanträge gegen Lafonatine selbst und | |
| gegen die frühere Linken-Landesvorsitzende Astrid Schramm. Nach dem | |
| Lafontaine-Rückzug droht dem Lutze-Lager nur noch eine Gefahr: Die | |
| 5-Prozent-Klausel. | |
| In der [6][aktuellen Analyse des Portals Wahlkreisprognose] kommt die | |
| Linkspartei im Saarland nur noch auf gerade mal 4,5 Prozent. Bei ihrem | |
| ersten Wahlantritt 2009 waren es noch 21,3 Prozent. Von da an ging es | |
| stetig bergab. | |
| 19 Nov 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.welt.de/politik/deutschland/plus235133098/Oskar-Lafontaine-Anna… | |
| [2] /Krise-der-Linkspartei-im-Saarland/!5803882 | |
| [3] /Wagenknechts-Impfskepsis/!5809058 | |
| [4] /Machtkampf-in-der-Linken-Saar/!5812919 | |
| [5] /Machtkampf-bei-den-Saarlinken/!5812041 | |
| [6] /Umfrage-sieht-Linke-unter-fuenf-Prozent/!5812328 | |
| ## AUTOREN | |
| Christoph Schmidt-Lunau | |
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