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# taz.de -- Gewalttat im Potsdamer Oberlinhaus: Aussage des Ehemanns
> Im Prozess um den Tod von vier Menschen mit Behinderung wurde der Ehemann
> der angeklagten Pflegerin und ihre Psychiaterin befragt.
Bild: Blick in den Gerichtssaal im Landgericht Potsdam, in der Mitte die Angekl…
Potsdam taz | Überlastung bei der Arbeit, fehlendes Personal und eine hohe
Fluktuation im Team: diese Themen standen beim zweiten und dritten
[1][Prozesstag um die gewaltsame Tötung von vier Menschen mit Behinderung
in Potsdam] im Fokus.
Aussagen von ehemaligen und aktuellen Pflegekräften aus dem Oberlinhaus
zeigten ein Bild, das erschreckende Bedingungen sowohl für die Menschen,
die dort Pflege in Anspruch nehmen als auch für die Pflegenden aufzeigte.
„Eine Katastrophe“ nannte eine ehemalige Betreuungsfachkraft aus dem
Oberlinhaus die Zustände vor Gericht. Teilweise sei für 10 Menschen mit
einem hohen Pflegegrad nur eine Person zuständig gewesen. Nach dem
gewaltsamen Tod von vier Bewohner*innen im April 2021 sei durch
Leasingskräfte die Personalsituation im Babelsberger
Thusnelda-von-Saldern-Haus verbessert worden.
Am Donnerstag, dem vierten Prozesstag, ging es dann erneut mehr um das
Leben und die psychischen Probleme der Angeklagten, der ehemaligen
Pflegerin Ines R. Sie wird beschuldigt, Lucille H., Martina W., Christian
S. und Andreas K. im April 2021 getötet zu haben. Dafür wurde zunächst ihre
langjährige Psychiaterin befragt, die dafür von der Angeklagten von ihrer
Schweigepflicht befreit wurde.
„Ich habe unsere Arbeit immer als Ringen ums Überleben verstanden, dass sie
am Leben bleiben kann“, sagte die Psychiaterin Heike R. vor dem Landgericht
Potsdam. Eine Erklärung für die „archaische Wut“ der Tat habe sie nicht.
Auch Heike R. berichtete von der [2][„extremen Not“ der Angeklagten in
deren Kindheit], in der es Selbstmordfantasien und –handlungen gegeben
haben soll und ein problematisches Verhältnis zu ihren Eltern bestand.
## Persönlichkeitstörung bei Ines R.
Die Psychiaterin hat im Rahmen der 2016 begonnenen Behandlung [3][eine
Persönlichkeitsstörung] und starke Stimmungsschwankungen bei Ines R.
festgestellt. Den Vorschlag, sich wegen Überlastung krankschreiben zu
lassen, habe die Angeklagte aber abgelehnt, sagte die Psychiaterin. Ihr
Fehlen am Arbeitsplatz habe sie den Kolleg*innen nicht zumuten wollen.
Nach der Psychiaterin wurde am vierten Prozesstag außerdem der Ehemann der
Angeklagten befragt. Timo R. berichtete, dass seine Frau am Tag der Tat,
dem 28. April 2021, in einem verwirrtem Zustand nach Hause gekommen sei und
„immer nur vor sich hin gefaselt“ habe. Er habe dann das Oberlinhaus
angerufen, um zu erfahren, was vorgefallen war. Beim zweiten Anruf sei in
den Zimmern der von seiner Frau betreuten Menschen beim Nachschauen Blut
entdeckt worden. Seine Frau Ines R. wisse von der Tat nach den Worten des
Ehemanns nur aus Erzählungen anderer und nicht mehr aus eigener Erinnerung.
Bereits in den Wochen unmittelbar vor der Tat sei sie in einem desolaten
psychischen und körperlichen Zustand gewesen, sagte der 54-Jährige vor
Gericht und widerspricht damit zum Teil den Aussagen von Kolleg*innen, die
zwar von starker Überlastung bei der Arbeit sprachen, aber bei Ines R.
keine auffälligen Veränderungen wahrnahmen. Timo R. sprach im Prozess auch
von dem Kennenlernen mit seiner Frau vor 35 Jahren. Schon damals habe er
sie zum Aufenthalt in eine psychiatrische Klinik gefahren.
Die Staatsanwaltschaft geht bei der Angeklagten von einer erheblich
verminderten Schuldfähigkeit aus. Am kommenden Dienstag will das
Landgericht Potsdam Angehörige der Opfer und weitere Mitarbeiter*innen
des Oberlinhauses als Zeug*innen anhören. Der Prozess wird nach aktuellem
Stand noch bis zum 16. Dezember fortgeführt. (mit epd)
18 Nov 2021
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## AUTOREN
Linda Gerner
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