# taz.de -- Integrationsbeauftragte Alabali-Radovan: Einst selbst Schutzsuchende | |
> Mit 31 Jahren wird die SPD-Frau Reem Alabali-Radovan | |
> Integrationsbeauftragte der Bundesregierung. Ihre eigene Lebensgeschichte | |
> dürfte dabei helfen. | |
Bild: Will Barrieren abbauen: die neue Integrationsbeauftragte Reem Alabali-Rad… | |
BERLIN taz | In ihrer noch jungen politischen Karriere hat Reem | |
Alabali-Radovan schon einige Rekorde aufgestellt. Nur wenige Monate nach | |
ihrem Parteieintritt holte sie für die SPD ein Direktmandat für den | |
Bundestag. Sie ist die erste Abgeordnete mit Migrationsgeschichte aus | |
Mecklenburg-Vorpommern. | |
Und seit Mittwoch ist die Schwerinerin die erste Integrationsbeauftragte | |
der Bundesregierung, die im Ausland geboren wurde. Als neue | |
Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration, wie das Amt | |
offiziell heißt, folgt Alabali-Radovan auf die CDU-Politikerin [1][Annette | |
Widmann-Mauz]. Bemerkenswert für eine 31-Jährige. | |
Die Wahl von Alabali-Radovan ist die vielleicht größte Überraschung im | |
Personaltableau der Ampelregierung. Die Hobbyboxerin hat zwar bereits als | |
Integrationsbeauftragte von Mecklenburg-Vorpommern gearbeitet und dafür | |
auch ein dickes Lob von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig eingeheimst – | |
für einen Platz am Kabinettstisch von Olaf Scholz hatte sie wohl dennoch | |
kaum jemand auf dem Schirm. Auch sie selbst nicht. Erst am Montag funkte | |
der Scholz-Vertraute Wolfgang Schmidt, der ab sofort das Kanzleramt leitet, | |
durch und bot ihr den Posten an. Offenbar war der SPD in diesem Fall die | |
biografische Nähe zum Thema wichtiger als die Parteikarriere. | |
Letztere steht Reem Alabali-Radovan, die erst im Januar der SPD beigetreten | |
ist, mit der Ernennung nun zweifellos bevor. Zumal sie Erfahrungen besitzt, | |
die in der Spitzenpolitik bisher so gut wie gar nicht vertreten sind – aber | |
in einem Einwanderungsland wie Deutschland zunehmend gefragt sein dürften: | |
Reem Alabali-Radovan ist als Schutzsuchende nach Deutschland gekommen. Ihre | |
Eltern kommen aus dem Irak, ihr Vater hat bei den Peschmerga gekämpft, den | |
kurdischen Streitkräften im [2][Norden des Landes]. | |
## „Ich weiß, was Kinder brauchen“ | |
Geboren wurde die heutige SPD-Politikerin 1990 in Moskau, sechs Jahre | |
später stellte die Familie in Deutschland einen Asylantrag. An die Zeit in | |
der Erstaufnahmeeinrichtung in Nostorf-Horst in Mecklenburg-Vorpommern | |
könne sie sich noch gut erinnern, erzählt Alabali-Radovan in der | |
Parteizeitung Vorwärts. Später, nach ihrem Abitur und dem | |
Politikwissenschaftsstudium an der Freien Universität Berlin, kehrte sie | |
zur Unterkunft zurück – um dort für den Staat zu arbeiten: „Ich weiß, was | |
Kinder brauchen, wenn sie hier ankommen.“ | |
Vor drei Jahren wechselte Alabali-Radovan ins Büro der | |
Landesintegrationsbeauftragten – deren Job sie 2020 übernahm. Für den | |
Bundestag hat sie kandidiert, um die „Barrieren für weniger privilegierte | |
Menschen, wie wir es sind“ abzubauen, sagte sie im Wahlkampf. Warum der | |
deutsche Staat die Ingenieursdiplome ihrer Eltern nicht anerkennt und nur | |
einem Elternteil einen Sprachkurs gewährt, kann sie bis heute nicht | |
nachvollziehen. | |
Außerdem wolle sie mit dem Schritt in die Bundespolitik anderen Menschen | |
„Mut machen, sich politisch zu engagieren – vor allem jungen Menschen, | |
Frauen und Menschen mit Migrationsgeschichte“. | |
9 Dec 2021 | |
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[1] /Gipfeltreffen-zur-Integration/!5756458 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Pauli | |
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