Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Gefahren von sozialen Medien: Instagram, öffne dich!
> Der Konzern Meta soll verheimlichen, wie gefährlich die Plattform
> Instagram für Jugendliche ist. Forschende fordern mehr Transparenz.
Bild: Bei einem Drittel der Mädchen verschärft Instagram Unwohlfühlen im eig…
Sie wollen forschen, aber sie dürfen nicht. Welchen Einfluss [1][hat
Instagram] auf die psychische Gesundheit von Jugendlichen? Über 250
Wissenschaftler:innen appellierten [2][in einem offenen Brief] am
Montag an Meta-Chef Mark Zuckerberg, die Plattform für die Forschung zu
öffnen.
Grund dafür sind unter anderem Zahlen wie diese: 13 Prozent der britischen
Teenager, die Selbsttötungsgedanken haben, geben dafür Instagram als
Auslöser an. Bei einem Drittel der Mädchen verschärft Instagram ein
Unwohlfühlen im eigenen Körper. Die Ergebnisse klingen alarmierend und
lassen vermuten, dass Instagram einen negativen Einfluss auf Jugendliche
hat. Tatsächlich aber führten laut Süddeutsche Zeitung [3][nur 16 britische
Teenager] ihre Suizidgedanken auf Instagram zurück. Die Stichprobe war also
so klein, dass daraus keine repräsentativen Schlüsse gezogen werden können.
Die Daten zeigen trotzdem, dass es wichtig ist, Instagram der Wissenschaft
zugänglich zu machen. Sie stammen aus einer internen Studie des
Meta-Unternehmens von 2019, die bis September dieses Jahres unter
Verschluss gehalten wurde. Die ehemalige Facebook-Mitarbeiterin und
Whistleblowerin Frances Haugen machte sie und andere interne Dokumente
öffentlich. Medien auf der ganzen Welt berichteten [4][über die „Facebook
Papers“]. Vermutlich verheimlicht der Mutterkonzern Meta seit Jahren, wie
gefährlich die Plattform wirklich für Heranwachsende ist. Am Mittwochabend
deutscher Zeit muss Instagram-Chef Adam Mosseri sich nun dem US-Senat
stellen.
Die geleakten internen Studien mögen zeigen, dass das Unternehmen zu
verstehen versucht, wie sich Instagram auf die Psyche junger Menschen
auswirkt. Forschende kritisieren jedoch die mangelnde Seriosität. Die
Studien basieren auf nicht repräsentativen Stichproben, unterscheiden nicht
zwischen Korrelation und Kausalität, sind methodisch fragwürdig. Die
Urheber:innen des offenen Briefs vom Oxford Internet Institut
schreiben: „Wir sind der Meinung, dass die bisherigen Methoden nicht die
hohen wissenschaftlichen Standards erfüllen, die erforderlich sind, um die
psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen verantwortungsbewusst zu
untersuchen.“
## Neue Funktion bei Instagram
Zentral sind drei Forderungen: Meta soll sich zu Transparenz in der
Forschung verpflichten, zu einer unabhängigen globalen Forschung beitragen
und einen unabhängigen Rat für die psychische Gesundheit von Kindern und
Jugendlichen auf Meta-Plattformen einrichten.
Ruben Arslan ist Unterzeichner des Briefs und forscht zu
Persönlichkeitspsychologie an der Universität Leipzig. „Nach unserem
gegenwärtigen Wissensstand haben soziale Medien und ‚screen time‘ im
Mittel, wenn überhaupt, nur schwache kausale Effekte auf die psychische
Gesundheit. Die akademische Wissenschaft kann aber oft nur indirekt
erfassen wie viel und auf welche Art soziale Medien genutzt werden,
geschweige denn Inhalte und Zugang experimentell kontrollieren, was die
Forschung erschwert“, sagt Arslan. Deshalb unterstütze er die Forderung der
Autor:innen
Ein externer Zugang zu den Daten sei wichtig: „Datenauswertung wird nur
Wissenschaft, wenn wir Transparenz und Unabhängigkeit haben.“ Abgesehen von
den handfesten Problemen, hätten Firmen ein Vertrauensproblem in der
öffentlichen Wahrnehmung, wenn sie sich nur selbst begutachteten, so
Arslan.
Meta hatte in der Vergangenheit bereits öfters versucht, Forschungsprojekte
zu verhindern. Im Sommer 2021 wollte die deutsche NGO Algorithm Watch mehr
über den Algorithmus von Instagram herausfinden und bot eine
Browser-Erweiterung an, die 1.500 Nutzer:innen herunterluden. Die Daten
deuteten darauf hin, dass der Algorithmus Bilder mit viel nackter Haut
bevorzugt. Meta warf den Wissenschaftler:innen vor, damit gegen die
Nutzungsbedingungen zu verstoßen und drohte mit juristischen Schritten. Auf
einen Rechtsstreit mit dem Konzern wollte die NGO es nicht ankommen lassen
und beendete das Projekt.
Pünktlich zur Anhörung vor dem US-Senat hat Instagram eine neue Funktion
eingeführt, die jugendliche Nutzer:innen zum Pausemachen auffordert. Die
„Take A Break“-Funktion ermuntere, das Scrollen nach einer Weile zu
unterbrechen. Weitere Schutzmaßnahmen wie strengere Maßstäbe bei der
Empfehlung von Inhalten für Jugendliche wurden angekündigt. Ob Mosseri den
Senat so besänftigen kann, bleibt fraglich.
8 Dec 2021
## LINKS
[1] /Facebooks-Metaverse/!5812202
[2] https://www.oii.ox.ac.uk/an-open-letter-to-mark-zuckerberg/
[3] https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/instagram-teenager-mentale-gesundhei…
[4] /Ueberblick-ueber-Facebook-Papers/!5807456
## AUTOREN
Nele Sophie Karsten
## TAGS
psychische Gesundheit
Soziale Medien
Schwerpunkt Meta
Schwerpunkt Pressefreiheit
Datenschutz
Virtual Reality
Schwerpunkt Meta
## ARTIKEL ZUM THEMA
Journalistischer Zukunftsblick: Mediale Neujahrsvorsätze
Neues Personal, große Versprechen – und nach wie vor jede Menge Krise. Was
2022 medienpolitisch zu erwarten ist.
Facebook und Whatsapp: Jetzt ist aber wirklich Schluss
Unsere Autorin nutzt Facebook, Instagram und Whatsapp, obwohl sie es als
Digitalredakteurin besser wissen müsste. Warum ihr das Loslassen so
schwerfällt.
Facebooks „Metaverse“: Weniger Demokratie wagen
Das neue „Metaverse“ von Facebook verspricht „echten Blickkontakt“ in
Meetings – birgt aber auch Gefahren für die Autonomie der Nutzer*innen.
Überblick über Facebook Papers: Was in den Leaks steht
Interne Dokumente des US-Unternehmens Facebook wurden geleakt, die
sogenannten Facebook Papers. Was steckt dahinter?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.