# taz.de -- Konflikt mit Belarus: Maas will mehr Sanktionen | |
> „Lukaschenko muss erkennen, dass sein Kalkül nicht aufgeht“, so der | |
> SPD-Politiker. Derweil sollen Flüchtlinge die Grenze zu Polen | |
> durchbrochen haben | |
Bild: Lkw-Kontrolle am Grenzübergang zwischen Polen und Belarus | |
WARSCHAU/BERLIN dpa | Der geschäftsführende Außenminister Heiko Maas ist | |
für Sanktionen gegen alle, die sich an der Schleusung von Flüchtlingen nach | |
Belarus beteiligen. „Niemand sollte sich ungestraft an Lukaschenkos | |
menschenverachtenden Aktivitäten beteiligen dürfen“, erklärte der | |
SPD-Politiker mit Blick auf das Verhalten von Machthaber Alexander | |
Lukaschenko in der Nacht zum Mittwoch in Berlin. Dies gelte für Herkunfts- | |
und Transitstaaten, aber auch für Fluggesellschaften, die den Transport von | |
Menschen nach Belarus ermöglichten. Die Europäische Union sei bereit, „hier | |
klare Konsequenzen zu ziehen“. | |
Die EU wirft Lukaschenko vor, gezielt Migranten ins Land zu holen, um sie | |
dann zur Weiterreise in die EU an die Grenze zu Polen zu bringen. Vermutet | |
wird, dass sich der Machthaber damit für Sanktionen rächen will, die die EU | |
wegen der Unterdrückung der Zivilgesellschaft und der demokratischen | |
Opposition erlassen hat. An der EU-Außengrenze zwischen Polen und Belarus | |
hoffen inzwischen Tausende Menschen unter äußerst widrigen Bedingungen | |
darauf, in den Westen zu kommen. | |
„Die Bilder und Eindrücke, die wir aus dem belarussischen Grenzgebiet | |
erhalten, sind entsetzlich“, so Maas in seiner schriftlichen Erklärung. | |
„Herr Lukaschenko dreht weiter an einer gefährlichen Eskalationsspirale, | |
aus der es für ihn selbst keinen Ausweg gibt. Skrupellos nutzt er Zuflucht | |
suchende Menschen als Geiseln für sein zynisches Machtspiel aus.“ Die EU | |
sei aber nicht erpressbar. | |
Der SPD-Politiker sprach sich auch für weitere [1][direkte EU-Sanktionen | |
gegen Belarus] aus. „Lukaschenko muss erkennen, dass sein Kalkül nicht | |
aufgeht. Das schließt übrigens auch nicht aus, künftig die Sanktionen auch | |
auf andere Wirtschaftsbereiche auszuweiten.“ Einige Wirtschaftssektoren wie | |
die Kaliindustrie und Energiewirtschaft sind bereits mit Strafmaßnahmen | |
belegt. | |
## Medien: Flüchtlinge durchbrechen Grenze | |
Derweil haben laut Medienberichten zwei größere Gruppen von Menschen auf | |
ihrem erhofften Weg in die EU die Grenze von Belarus nach Polen | |
durchbrochen. Mehreren Dutzend sei es gelungen, Zäune in der Nähe der | |
Dörfer Krynki und Białowieża zu zerstören und die Grenze zu passieren, | |
berichtete die polnische Nachrichtenagentur PAP am späten Dienstagabend | |
unter Berufung auf den örtlichen Sender Bialystok. | |
Der Sender zitierte eine Sprecherin des Grenzschutzes, dass in beiden | |
Fällen Zäune und Barrieren gewaltsam niedergerissen worden seien. Die | |
Migranten hätten verschiedene Arten von Gerät und Werkzeug gehabt, wurde | |
ein weiterer Grenzschutzbeamter zitiert. Laut Vorwürfen polnischer Behörden | |
erhalten die Menschen Werkzeug von der belarussischen Seite. | |
Einige der Migranten seien nach Belarus zurückgebracht worden, andere seien | |
auf freien Fuß. Der belarussische Grenzschutz veröffentlichte Bilder | |
mehrerer Menschen, die am Kopf und an den Händen bluteten. Zu sehen waren | |
tiefe Schnittwunden in Handflächen, nachdem Menschen versucht hätten, die | |
Stacheldrahtzäune zu überwinden. Es handele sich um Kurden. Sie hätten | |
medizinische Hilfe bekommen, hieß es. | |
Überprüfbar waren die von der autoritär geführten Ex-Sowjetrepublik am | |
Morgen [2][veröffentlichten Nachtaufnahmen nicht]. Gezeigt wurden auch | |
Dutzende Menschen, die in Zelten und an Lagerfeuern ausharrten. Es war | |
zudem ein weinendes Kind zu hören. Die belarussische Staatspropaganda wirft | |
den polnischen Sicherheitskräften ein brutales Vorgehen gegen die | |
Schutzsuchenden vor. | |
Auf der belarussischen Seite befänden sich Hunderte Menschen. Nach Angaben | |
der polnischen Behörden hätten die Flüchtlinge von belarussischen | |
Organisationen Lebensmittel erhalten, hieß es weiter. Das EU-Mitglied Polen | |
hat Tausende Soldaten an der Grenze stationiert, die einen Durchbruch an | |
den Anlagen mit Stacheldraht verhindern sollen. Der belarussische | |
Machthaber Alexander Lukaschenko hatte am Dienstag gefordert, die Menschen | |
durchzulassen. Sie wollten sich nicht in Polen niederlassen, sondern vor | |
allem in Deutschland, sagte er in einem Interview. | |
10 Nov 2021 | |
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