| # taz.de -- Kunstmesse Art Cologne: Das Schrille hat gefehlt | |
| > Endlich wieder vor Ort war die 54. Ausgabe der Kunstmesse Art Cologne. | |
| > Bei pandemiebedingt begrenzter Teilnehmerzahl gab sie sich solide. | |
| Bild: Tina Kohlmann Kunstwerke bei der Art Cologne | |
| Ist das nun ein Tanz auf dem Vulkan oder langersehntes back to normal mit | |
| pandemisch steigendem Gefahrenpotenzial? Dreimal war die Art Cologne | |
| abgesagt beziehungsweise verschoben worden. | |
| Doch nun der erlösende Moment, die Tore öffneten sich am Mittwoch und viele | |
| kamen sehnsuchtserfüllt und 3G-bewehrt. Das endlose, zunehmend fadisierende | |
| Streaming hatte ein Ende. Der Kunstfreund (jedweden Geschlechts) fand | |
| sich, nach London, Paris und Turin, auch in Deutschland wieder im analogen | |
| Messegeschehen. | |
| Für die 54. Ausgabe der weltweit ältesten (noch bestehenden) Kunstmesse | |
| haben sich etwa 150 Aussteller zusammengetan. Zumeist namhafte, maßgebliche | |
| wie Greve, Utermann, Nächst St. Stephan, Storms und Esther Schipper und | |
| viele ambitionierte jüngere oder kleinere Galerien, die hier ihren | |
| Künstlern ein offenes Forum bieten wollen. | |
| Dazu die rheinischen, längst schon international beherrschenden Recken der | |
| ersten Stunde wie Michael Werner, der prompt mit Jörg Immendorf und Markus | |
| Lüpertz, den seinerzeit Neuen Wilden, ein bisschen Nostalgie pflegte. | |
| ## Konkurrenz aus den Benelux-Ländern | |
| Das insgesamt überaus solide Angebot – dies ist nicht die Zeit für | |
| experimentelle Befragungen der Klassischen Moderne oder der Kunst nach 45, | |
| auch bei den Zeitgenossen war’s weder schrill und ganz selten experimentell | |
| – wurde durchweg gut aufgenommen. | |
| Sagt man so. Natürlich gab es nicht nur für die Besucher, sondern auch für | |
| die Aussteller Überraschungen. Gängiges bewährt sich nicht immer | |
| erwartungsgemäß; das zeigt sich gerade auf Messen sehr gut, zumal hier die | |
| Preiserwartungen am allgemeinen Markttrend orientiert sind. | |
| Das rheinische Publikum – in der Regel unprätentiös und entschlussfreudiger | |
| als andernorts – sah sich anders als sonst nur unwesentlich in direkter | |
| Konkurrenz mit aus kurzer Distanz angereisten Nachbarn aus den | |
| Benelux-Ländern. Sammler, etwa aus den USA, aber auch Vertreter | |
| internationaler Institutionen waren ohnehin kaum auszumachen. Pandemische | |
| Unwägbarkeiten ließen eine Langzeitplanung nicht zu. | |
| Dies galt auch für etliche Galerien, die auf eine Teilnahme verzichteten, | |
| darunter der gefühlt notorisch überall anwesende Megaplayer Hauser & Wirth. | |
| Ropac (Salzburg/Paris) hingegen dominierte wie seit Jahren schon am Eingang | |
| das Feld, diesmal mit monumentalem Alex-Katz-Gemälde und | |
| Tony-Cragg-Skulpturen, die bald nach der Eröffnung für 425.000 Euro und | |
| 240.000 Euro in Privatsammlungen weitergereicht wurden. | |
| ## Die CoFA als Anhängsel | |
| Zuverlässig war auch in diesem Jahr die traditionelle Kaufbereitschaft | |
| regionaler öffentlicher Sammlungen und Museen. | |
| Die andauernden Terminverschiebungen der Messe, das Auf und Ab der | |
| Infektionsdaten hat naturgemäß zu einer Schrumpfung der Teilnehmerzahl | |
| geführt, die wenigen Neulinge, wie 10 A.M.Art aus Mailand und die | |
| Düsseldorfer Galerie Schacky Art & Advisory, ergänzten auf bestem Niveau: | |
| Mit Arbeiten des italienischen Konstruktivisten Luigi Veronesi (bis 95.000 | |
| Euro) der eine, mit einem Picasso-Porträt (2 Millionen Euro) der andere. | |
| Verlierer der Veranstaltung war mit einem irgendwie zaghaften Auftritt die | |
| Messe Cologne Fine Art & Design (CoFA), die an ihrem ursprünglich | |
| angestammten Platz und Termin nun quasi als geduldetes Anhängsel der in den | |
| Herbst gerutschten Art Cologne fungierte. Auf einem etwas abseits gelegenen | |
| Geschoss gab es Antikes, alte, auch kostbare Möbel, einige Skulpturen, | |
| Silber, Bibliophiles und außereuropäische Artefakte. | |
| Ein beklagenswerter Rest der einst fulminant gestarteten Herbstmesse. Aus | |
| diesen Zeiten der Kölner Zweiteilung in Frühjahrs- und Herbstveranstaltung | |
| stammte nun auch noch die in dieser neuen Konstellation irritierende | |
| Teilnahme von Galerien mit moderner und zeitgenössischer Kunst. | |
| Wer mit einem Synergieeffekt dieses notgedrungenen Zusammenschlusses | |
| gerechnet hatte, wurde eines Besseren belehrt. Wenn im kommenden Herbst die | |
| Art Cologne ihre Tore öffnet, sollte man sich auf ein schlüssigeres, ein | |
| eleganteres, alle Epochen überspannendes, vor allem überlebensfähiges | |
| Konzept geeinigt haben. | |
| 22 Nov 2021 | |
| ## AUTOREN | |
| Annegret Erhard | |
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