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# taz.de -- Ärztin vor Gericht: Falsche Atteste für Maskenbefreiung?
> Die Göttinger Staatsanwaltschaft klagt eine Ärztin aus der
> Coronaleugner-Szene an. Sie soll Maskenbefreiungen bescheinigt haben.
Bild: Abgesetzt: Einer Ärztin aus Duderstadt wird vorgeworfen, die Maskenpflic…
Göttingen taz | [1][Schon seit Monaten ist sie im Visier von Polizei und
Staatsanwaltschaft.] Jetzt wurde gegen die in der Coronaleugner-Szene
aktive Ärztin und Homöopathin Carola J. aus Duderstadt im Kreis Göttingen
Anklage erhoben. Die 55-Jährige, die sich selbst als Impfgegnerin
bezeichnet, soll falsche Atteste ausgestellt haben.
Die Staatsanwaltschaft in Göttingen wirft der Medizinerin zum einen vor,
sie habe zwischen April 2020 und März 2021 insgesamt 16 jeweils
gleichlautende Bescheinigungen zur Vorlage bei Gesundheitsämtern und
anderen Behörden ausgestellt. Diese Atteste sollten die betreffenden
Personen vom Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung befreien.
Dabei soll J. gewusst haben, dass sämtliche Personen gar keine
gesundheitlichen Einschränkungen hatten, die eine entsprechende Befreiung
vom Maskentragen rechtfertigen könnten. In einigen der 16 Fälle habe die
Ärztin die Bescheinigungen sogar ohne vorherige Untersuchung ausgestellt.
Die Empfänger der ärztlichen Bescheinigungen stammen laut
Staatsanwaltschaft außer aus Niedersachsen aus Hamburg,
Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Brandenburg.
Eine zweite Angeklagte legt der Frau zur Last, zwei
Impfunfähigkeitsbescheinigungen für Kinder zur Vorlage bei Behörden,
Kindertagesstätten und Arbeitgebern ausgestellt zu haben. In diesen beiden
Bescheinigungen habe J. ausgeführt, dass die ein und fünf Jahre alten
Kinder strikt von allen von der Ständigen Impfkommission empfohlenen oder
geforderten Schutzimpfungen dauerhaft freizustellen seien. Die Kinder
dürften ohne Gefahr für ihr Leben oder ihre Gesundheit nicht geimpft
werden.
## Hausverbot im Supermarkt
Das wissentliche Ausstellen falscher Gesundheitszeugnisse zur Vorlage bei
offiziellen Stellen ist strafbar. Ärzten oder anderen approbierten
Heilkundlern, denen ein solches Vergehen nachgewiesen wird, droht eine
Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe. Verhandelt
wird der Fall Carola J. vor dem Amtsgericht Duderstadt. Ein Termin für den
Prozess steht aber noch nicht fest.
Bereits im Januar dieses Jahres hatten die Ermittler auf Anordnung des
Amtsgerichts Göttingen die Praxisräume der Ärztin durchsucht und Unterlagen
beschlagnahmt. Zuvor waren der Polizei bei einer Demonstration gegen die
Coronaschutzmaßnahmen die sich stark ähnelnden, von J. ausgestellten
Atteste für Kundgebungsteilnehmer aufgefallen. Gegen die Durchsuchung legte
die Medizinerin beim Landgericht Göttingen Beschwerde ein, diese wurde
jedoch abgewiesen.
An der Demo in Hannover am 21. Februar hatte J. selbst teilgenommen und
dort auch geredet. In einem Video war zu sehen, wie sie fälschlicherweise
behauptete, in einem Seniorenheim nahe Duderstadt seien neun Menschen nach
einer Corona-Impfung gestorben.
Auf der Großdemo der „Querdenker“-Szene in Kassel Ende März war J.
ebenfalls zugegen. Dabei stellte sie die Existenz des Coronavirus in Frage
und machte gegen die Maßnahmen im Kampf gegen die Coronapandemie mobil.
Zudem organisierte die Ärztin auch in Duderstadt mehrmals Demonstrationen
und „Spaziergänge“ gegen die Coronamaßnahmen. Mitte Mai sorgte sie in der
Kleinstadt für einen größeren Polizeieinsatz. Sie hatte zuvor angekündigt,
ohne Maske in einem Supermarkt einkaufen zu gehen, obwohl sie dort
Hausverbot hatte. Ein gutes Dutzend Beamte der Bereitschaftspolizei
verwehrten der Ärztin und einer sie begleitenden Gruppe aus der
Coronaleugner-Szene den Zugang zum Geschäft.
## Berufsrechtliches Verfahren
Während der Razzia in ihrer Praxis mobilisierte J. über diverse
Telegram-Kanäle Unterstützer: „Die stehen bei mir vor der Tür und wollen
jetzt in die Praxis rein.“ Rund 50 Menschen versammelten sich in der Folge
vor dem Gebäude zu einer spontanen Kundgebung. Die Ärztin sprach zu ihren
Anhängern und nannte die Ermittlungen gegen sie eine „Hexenjagd“. Ohnehin
ist sie in zahlreichen „Querdenker“-Foren unterwegs.
Neben dem strafrechtlichen ist auch ein berufsrechtliches Verfahren gegen
J. anhängig. Einzelheiten dazu wollte die Sprecherin der Ärztekammer
Niedersachsen, Stephanie Aue, auf taz-Anfrage mit Verweis auf das laufende
Verfahren aber nicht nennen. Die Kassenärztliche Vereinigung (KVN)
Niedersachsen hingegen sieht keine Handhabe, um gegen die Medizinerin
vorzugehen. Sie sei keine Kassenärztin und ausschließlich privatärztlich
tätig.
3 Nov 2021
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[1] /Razzia-bei-Aerztin-der-Leugner-Szene/!5742112
## AUTOREN
Reimar Paul
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