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# taz.de -- Nach Räumung des Bahnhofswald Flensburg: Rechnungen für Aktivist*…
> Nach der Räumung des Flensburger Bahnhofwaldes schickt die Polizei nun
> Rechnungen an Klimaaktvist*innen. Sie sollen für den Einsatz zahlen.
Bild: Wollte die Rodung verhindern: ein Aktivist bei der Räumung im Februar
Flensburg taz | Mit einem Großeinsatz beendete die Polizei [1][Anfang des
Jahres] die Besetzung einiger Bäume im Flensburger Bahnhofswald. Nun
erhielten einige der Klimaaktivist*innen Rechnungen für den Einsatz.
„Leute werden festgenommen und sollen für diese,Dienstleistung’ auch noch
zahlen“, sagt Armina Hansen, eine Sprecherin der Gruppe. „Unserer Kenntnis
nach ist dies einer der ersten Versuche in Schleswig-Holstein,
Klimaaktivist*innen einen solchen Einsatz der Polizei in Rechnung zu
stellen.“
Sieben Personen seien betroffen, berichtet Hansen. Sie erhielten Rechnungen
von der Polizeidirektion Flensburg, in denen Posten wie „Arbeitseinsatz der
Beamten, Zeit in Gewahrsam und der Weg dahin“ genau aufgeschlüsselt waren.
Pro Person gehe es um rund 200 Euro, und zwar unabhängig davon, ob das
Verhalten bei der Räumung als Straftat verurteilt wurde.
„Es ist eine Möglichkeit, ohne Rechtsmittel gegen Leute vorzugehen, von
deren Verhalten die Polizei sich gestört fühlt“, sagt Hansen. Das könne
einerseits [2][politische Aktionen] betreffen, andererseits Obdachlose, die
sich am Bahnhof und anderen öffentlichen Orten aufhielten.
Tatsächlich spiele es keine Rolle, ob eine Straftat nachgewiesen werden
konnte, erklärt Dirk Hundertmark, Sprecher des Innenministeriums
Schleswig-Holstein. Bei einer Verurteilung nach dem Strafgesetzbuch werde
die Frage aller Verfahrenskosten im Urteil berücksichtigt. Im Fall der
Flensburger Baum-Aktion gehe es zunächst nur um die „amtliche
Gewahrsamnahme“, deren Kosten in der [3][Vollzugs- und
Vollstreckungsordnung des Landes] genannt sind: 63 Euro pro
Polizei-Arbeitsstunde, 80 Cent pro gefahrenen Kilometer. „Die Kosten
entstehen dann, wenn jemand vorsätzlich dafür sorgt, dass es zu diesem
Gewahrsam kommt.“
Wenn also jemand in der Öffentlichkeit randaliert, von der Polizei
aufgefordert wird zu gehen und dann abzieht, zahlt dieser nichts – wenn
dagegen ein Einsatzkommando anrücken muss, wird’s teuer. Diese Regelung sei
nicht neu, so Hundertmark. 2017 wurde die Verordnung angepasst und
überarbeitet, habe sich dabei aber nicht grundlegend verändert.
In diesem Jahr gab es 169 Fälle der sogenannten „Störerhaftung“, also
Rechnungen für Einsätze und Gewahrsam, „davon nur ein Bruchteil im
Zusammenhang mit Demonstrationen“, so Hundertmark. Tatsächlich sei die
Aktion in Flensburg über eine Demonstration im Rahmen des
Versammlungsrechtes hinausgegangen: „Es gab eine Räumungsverfügung, der
sich die Beteiligten widersetzt haben.“
Bei der Besetzung ging es um den Schutz eines Wäldchens, das für den Bau
eines Hotels und Parkhauses gefällt werden sollte. Der Besitzer des
Grundstücks rief die Polizei zur Hilfe, um die Fällung durchzusetzen. Er
zahlt für den Einsatz nichts, doch das Hotel steht immer noch nicht: Zwar
hatte privates Sicherheitspersonal einige Bäume mutwillig beschädigt, doch
die komplette Rodung und damit auch den Bau konnte der BUND durch eine
Klage zunächst verhindern.
Einige der sieben Flensburger Aktivist*innen, die Rechnungen erhalten
haben, „leben bewusst mit Schulden, damit solche Rechnungen sie nicht
einschüchtern können“, sagt Armina Hansen. Sie fürchtet aber, dass Proteste
erschwert werden, wenn Aktivist*innen Angst vor Geldstrafen haben
müssten. Daher ist die Gruppe nun dabei, die Strafen in möglichst vielen
kleinen Beträgen abzuzahlen, um den Vorgang „für die Verwaltung nervig zu
machen“.
Bisher haben schon 158 Einzelspender*innen rund 64 Euro gezahlt. Alle
Betroffenen hatten zuvor Rechtsmittel eingelegt, dadurch hatten sich die
Kosten bei mehreren noch erhöht. Zwei Betroffene gehen weiter gegen die
Forderung der Polizei vor.
17 Nov 2021
## LINKS
[1] /Flensburger-Baumbesetzung/!5750266
[2] /Aktivismus-in-Baumkronen/!5764252
[3] https://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de/jportal/portal/t/11yc/page/b…
## AUTOREN
Esther Geißlinger
## TAGS
Polizei
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Kosten
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