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# taz.de -- Förderung des Leistungssports in Bremen: Schlafen, trainieren, ler…
> Die Leistungssportförderung ist in Bremen schlecht aufgestellt. Helfen
> soll, aus der sportbetonten Oberschule Ronzelenstraße ein Internat zu
> machen.
Bild: An der Oberschule Ronzelenstraße stehen Ergometer und Laufbänder in den…
Bremen taz | Wenn Lena Frerichs in die Schule geht, hat sie ihre
Sportsachen eigentlich immer dabei. Während andere in ihrem Alter montags
um zehn im Biounterricht sitzen, steht sie auf dem Hockeyfeld. Schule
schwänzen muss sie dafür aber nicht. Die 17-Jährige geht auf die Oberschule
Ronzelenstraße in Bremen, eine sportbetonte Schule. Viermal in der Woche
vormittags Training, fünfmal am Nachmittag. Unmöglich auf einer normalen
Schule. Unmöglich wäre das auch, wenn die U21-Nationalspielerin nicht in
der Nähe der Schule leben würde. Übernachtungsplätze gibt es an der
Ronzelenstraße nämlich nicht.
Das wird sich wohl bald ändern, denn am Dienstag entscheidet die Bremer
Sportdeputation über einen Antrag der Schule, Internatsplätze einzurichten.
Die Chancen auf einen Beschluss stehen gut, im September hatte bereits die
Bildungsdeputation dem Antrag zugestimmt und ihren Teil der Finanzierung
zugesagt.
„Wenn wir die Internatsplätze haben, können wir auch Talente von außerhalb
nach Bremen holen. Wir haben dann mehr Fördermöglichkeiten und können die
jungen Leistungssportler noch besser unterstützen“, sagt Harald Wolf,
Leistungssportkoordinator an der Oberschule Ronzelenstraße.
Die Einrichtung eines Internats wäre für seine Schule ein weiterer Schritt
auf dem Weg zur „Eliteschule des Sports“. Das ist ein Konzept, das
Kultusministerkonferenz, Sportministerkonferenz und deutscher olympischer
Sportbund erarbeitet haben. Es beinhaltet sportliche und pädagogische
Vorgaben für die Betreuung junger Sporttalente. Zu diesen Vorgaben zählt
neben Internatsplätzen auch die Anbindung an einen [1][Olympiastützpunkt].
Man stehe dafür bereits im Austausch mit den Stützpunkten Hamburg und
Hannover, so Wolf.
Dass sich bei der Leistungssportförderung in Bremen endlich etwas tut,
wurde höchste Zeit, meint Andreas Vroom. Bremen ist eines der zwei letzten
Bundesländer, die noch keine Eliteschule des Sports vorweisen können. Als
Präsident des Landessportbunds Bremen (LSB) ist Vroom an der Entwicklung
der Eliteschule des Sports ebenfalls beteiligt.
Prominente Kritik an Bremens Umgang mit jungen Sporttalenten äußerte im
Oktober bereits Schwimmer und Olympiasieger Florian Wellbrock gegenüber dem
Weserkurier. So wie heute Lena Frerichs hatte der gebürtige Bremer als
Jugendlicher zunächst die Oberschule Ronzelenstraße besucht, fühlte sich
durch das Land Bremen aber nicht ausreichend unterstützt. Er zog deshalb
nach Sachsen-Anhalt.
Damit so etwas nicht mehr passiert, müsse Bremen für junge
Leistungssportler attraktiver werden, so Vroom. „Wir brauchen mehr Geld auf
verschiedenen Ebenen, zum Beispiel für die Sichtung von Talenten, für
Trainer und Trainingsstätten“, so Vroom. Tatsächlich fällt der Etat für d…
Leistungssportförderung, den der LSB vom Bremer Senat bezieht, mit 159.000
Euro relativ gering aus. Zum Vergleich: Der Hamburger Sportbund (HSB) zählt
zwar fast viermal so viele Mitglieder wie der Bremer, bezieht mit über eine
Millionen Euro allerdings auch deutlich mehr Mittel für die
Leistungssportförderung.
Laut Sportressort möchte der Bremer Senat die Mittel für den Leistungssport
im nächsten Haushalt spürbar aufstocken. Das muss aber noch von der
Bürgerschaft beschlossen werden. Andreas Vroom ist schon jetzt froh über
die Erfolge in Richtung einer Eliteschule des Sports für Bremen. Das sei
zwar nur ein erster Schritt, aber ein wichtiges Leuchtturmprojekt, mit dem
Bremen junge Talente anziehen und binden könne.
Doch bei allem Lob für die Förderung „motorisch Hochbegabter“ – so eine…
Training und sportlichen Erfolg ausgelegte Schule könne Kinder und
Jugendliche auch unter enormen Leistungsdruck setzen, gibt Dietrich Milles
von der Universität Bremen zu bedenken. „Schule hat einen
Entwicklungsauftrag, der auf den mündigen Schüler ausgerichtet ist, der
selbst über sein Leben entscheiden kann“, so der Professor für Public
Health.
Die Eliteschule des Sports müsse den Schülern deshalb die Fähigkeit
vermitteln, selbst darüber nachzudenken, wie sie sich entwickeln und wie
viel Kraft sie in den Sport stecken möchten. „Das darf nicht von einer
Leistungslogik verdeckt werden, die nicht auf die
Persönlichkeitsentwicklung der Jugendlichen schaut, sondern nur
gesellschaftlich erwartete, vorzeigbare und verwertbare Erfolge erzielen
möchte“, so Milles. Der angehenden Eliteschule des Sports rät er deshalb,
sich nicht von den pädagogischen Grundaufgaben zu entfernen.
## Fehlzeiten fängt die Schule auf
„Natürlich haben wir als Schule eine besondere Verantwortung“, so Harald
Wolf. Der ehemalige Schwimmtrainer, der zeitweise auch für Florian
Wellbrock am Beckenrand stand. Eine Gefahr für die Kinder und Jugendlichen
sieht er in dem Projekt Eliteschule nicht. Schließlich gäbe es auch ein
umfassendes pädagogisches Konzept. Die Pädagogen, die im Internat arbeiten
werden, seien nicht nur dazu da, die Bewohner bei der Karriereplanung zu
beraten. „Sie werden auch dort sein, um sich um Alltagssorgen zu kümmern“,
sagt Wolf. „Um alle Themen, die Heranwachsende eben so beschäftigen.
Lena Frerichs scheint sich auf ihrer Schule jedenfalls wohl zu fühlen. Mit
ihrem Club, dem Bremer HC, möchte sie zur nächsten Saison in die Bundesliga
aufsteigen, die Chancen stehen dafür gut. Nächste Woche erfährt die
Mittelfeldspielerin außerdem, ob sie mit der U21-Nationalmannschaft im
Dezember zur WM nach Südafrika fahren darf. Die Fehlzeiten, die sie dadurch
im Unterricht hätte, würde ihre Schule auffangen – mit Online-Unterricht
und nachträglicher Betreuung.
8 Nov 2021
## LINKS
[1] /Erwachen-im-Olympia-Trainingszentrum/!5683593
## AUTOREN
Marie Gogoll
## TAGS
Leistungssport
Sportförderung
Bremen
Schule
Schwimmen
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
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