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# taz.de -- Britta Steffen über ihre neue Karriere: „Ich brauchte etwas für…
> Die einstige Schwimmerin Britta Steffen berät jetzt
> Nachwuchssportler:innen. Warum es sich für sie wie ein geschenktes
> zweites Leben anfühlt.
Bild: Britta Steffen heute: Sie hilft Sportler*innen bei ihrer Lebensplanung
Seit Oktober 2020 arbeitet die zweimalige Olympiasiegerin Britta Steffen
als Laufbahnberaterin am Olympiastützpunkt Berlin. Halbtags unterstützt sie
Nachwuchs- und Spitzensportler:innen bei der Koordination ihrer
sportlichen und schulisch-beruflichen Karriere.
taz: Frau Steffen, Sie haben Ihre Schwimmkarriere fast auf den Tag genau
vor acht Jahren beendet. Erinnern Sie sich noch an Ihr erstes Gespräch mit
Ihrem eigenen Laufbahnberater?
Britta Steffen: Ja! Es war auf diesem Flur und lustigerweise genau in dem
Büro, in dem ich selbst mein erstes halbes Jahr als Laufbahnberaterin
gearbeitet habe. Das war damals Anfang der zwölften Klasse. [1][Mein
Laufbahnberater] hat mich dann mehr oder minder an die Hand genommen und
mir gezeigt, wo ich zur Schule gehe, wo ich wohne, wer meine
Ansprechpartner:innen sind – und natürlich auch wo ich trainiere.
Nur ein einmaliger Kontakt?
Das nächste Mal haben wir uns dann parallel zu meinen Abiturprüfungen im
Jahr 2004 getroffen, um zu schauen, wo ich was studieren kann. Mit meinem
Trainingspensum hätte ich kein Studium in Regelstudienzeit geschafft. Ich
habe mich dann für Wirtschaftsingenieurwesen für Umwelt und Nachhaltigkeit
entschieden.
Hätten Sie lieber etwas anderes studiert?
Mein Traum wäre es gewesen, Medizin zu studieren. Aber mit den
Wettkampfhöhepunkten im Sommer hätte ich keine einzige Klausur zu diesem
Zeitpunkt schreiben können und dann entweder ewig studiert oder mich
irgendwann komplett für das Studium entscheiden müssen.
Sich nur auf den Sport zu konzentrieren, war das nie eine Option?
Nein! Anders als ein Profifußballer bist du ja finanziell gar nicht
abgesichert. Du kannst dir seltener erlauben, nur den Sport in den Fokus zu
stellen. Das kann man vielleicht mal ein, zwei Jahre machen, aber ich bin
von der Persönlichkeitsstruktur sicherheitsliebend und brauchte auch etwas
für den Kopf.
Nach ihrem Bachelor haben Sie noch einen Master in Human Resources
Management abgeschlossen. Heute arbeiten Sie selbst als Laufbahnberaterin.
Welche Strukturen haben sich seitdem verändert?
Wir verstehen uns heutzutage weniger als Laufbahnberaterinnen und
vielmehr als Laufbahncoachs. Die Betreuung der Athleten ist deutlich
individueller und es gibt viel mehr Wege, die die Athleten beschreiten
können, als noch zu meiner aktiven Zeit. Bei mir gab es damals nur zwei
kooperierende Hochschulen. Die Bundeswehr wäre auch noch ein gangbarer Weg
gewesen. Es gab also nur ein paar Angebote, aus denen ich wählen konnte.
Wie sieht Ihre Arbeit genau aus?
Meine Bereichsleiterin beschreibt mich gerne als Eingangstor. Ich gehe zum
Beispiel an die Berliner Eliteschulen des Sports und gebe
Infoveranstaltungen mit verschiedenen Übungen, bei denen die Werte,
Interessen und bereits vorhandenen Kompetenzen der Athleten
herausgearbeitet werden. Daran knüpft dann die Arbeit meiner Kolleginnen,
die intensive Einzelfallbetreuung, an. Diese besteht aus dem
Umfeldmanagement der Athlet:innen, der finanziellen Förderung und der
dualen Karriereplanung bis hin zur nachsportlichen Betreuung.
Bei den Olympischen Spielen in Tokio war die deutsche Bilanz sehr mäßig.
Wie groß ist der Abstand von Deutschland zu den Topnationen?
1996 habe ich zum ersten Mal die Olympischen Spiele verfolgt. Im Laufe der
Zeit blieben die Ambitionen zwar immer groß, die Medaillenausbeute wurde
aber sukzessive weniger. Im Schwimmen sind wir auch fast gar nicht mehr im
Finale vertreten. Wir haben nur so ein, zwei, maximal drei richtig gute
Leute. Das ist schon sehr traurig. Aber auch die Wertigkeit des
Leistungssports in der Gesellschaft nimmt immer weiter ab. [2][In den
1990er und den frühen 2000er Jahren war Olympia noch ein Event.] Ich habe
den Eindruck, dass das damals viel mehr Menschen verfolgten. Heutzutage
wird der Leistungssport und was die Athleten dort schaffen nicht mehr so
wertgeschätzt. Viele Leute sehen nicht, was die Athleten für ihren Sport
alles auf sich nehmen, meckern dann aber, wenn die sportliche Leistung
einmal nicht stimmt.
Was muss sich verändern, damit der deutsche Spitzensport wieder
konkurrenzfähiger wird?
Die Frage kann ich nicht spontan beantworten. Aber ich glaube, dass es
wahnsinnig viele Möglichkeiten gibt. Als Athletin habe ich früher nicht den
Überblick gehabt. Jetzt als Laufbahnberaterin merke ich, dass ich mir
dieses Feld erarbeiten muss. Ich bekomme erst nach und nach mit, wie das
Umfeld des deutschen Sportes aufgebaut ist.
Nur Fußballspieler, wie Sie sagten, sind finanziell abgesichert. Was
spricht dennoch dafür, den Weg in den Leistungssport zu gehen?
In keinem anderen Lebensbereich werden so viele ideelle Werte vermittelt
wie im Leistungssport. Was ich damals alles erleben durfte, weil ich bei
mehreren Spielen mit dabei war, ist sensationell. Ich habe gemerkt, wie die
Welt so tickt, aber auch gelernt mit Druck und Scheitern umzugehen. Und am
Ende bekommst du zwei Leben geschenkt. Das Leben als Sportler:in und dann
noch einmal das ganz normale. Das würde ich so nie missen wollen. Und das
schönste im Leben ist, Emotionen haben und zeigen zu dürfen. Und das
erlebst du nirgendwo so intensiv wie im Sport.
5 Oct 2021
## LINKS
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## AUTOREN
Simon Jacob
## TAGS
Schwimmen
Leistungssport
Beratung
Leistungssport
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