# taz.de -- Schwimm-Olympiahoffnung Britta Steffen: Sie ist so frei | |
> Britta Steffen will in Peking nur auf ihrer Lieblingsstrecke, 100 m | |
> Freistil, eine Medaille gewinnen. Für die 200-Meter-Staffel stehe sie | |
> nicht zur Verfügung. Und sorgt für Wirbel. | |
Bild: Beten für den Solo-Sieg: Britta Steffen. | |
BERLIN taz Es ist der Tag vor ihrem Rennen, und Britta Steffen demonstriert | |
Gelassenheit. Sie huscht lässig auf Socken durch die Schwimmhalle an der | |
Landsberger Allee in Berlin. Vorbei an ihrem Trainer Norbert Warnatzsch und | |
über die Brüstung der Pressetribüne. "Hör auf, du verletzt dich noch", ruft | |
er ihr hinterher. Aber sie lächelt nur und winkt ab. Steffen scheint gut | |
drauf zu sein. Vielleicht, weil sie am Vormittag noch bei ihrer Psychologin | |
Frederike Janofske war. | |
Bei den deutschen Meisterschaften und der damit verbundenen | |
Olympiaqualifikation der Schwimmer wird Steffen heute zum ersten Mal ins | |
Geschehen eingreifen. Sie will sich über ihre Spezialstrecke, die 100 Meter | |
Freistil, für Peking qualifizieren. Am Wochenende hatte die 24-jährige | |
Berlinerin aber schon mal an Land für Trubel gesorgt. Sie sagte ihren Start | |
über 200 Meter Freistil ab und verkündete, bei Olympia über diese Distanz | |
nicht für die Staffel zur Verfügung zu stehen. Damit verpasste sie den | |
Medaillenhoffnungen des deutschen Quartetts einen Dämpfer. Dabei hatte | |
Steffen kurz vorher in einem Interview den deutschen Schwimmern noch | |
vorgeworfen, "sich immer in die Hosen zu machen, wenn Großereignisse | |
anstehen". Ist Steffen jetzt etwa selbst nervös geworden? | |
Sie hätte allen Grund dazu. Denn gerade erst hat die Australierin Lisbeth | |
Trickett Steffens bei der EM vor zwei Jahren aufgestellten Weltrekord von | |
53,30 Sekunden auf 52,88 Sekunden gedrückt. Und mit den Niederländerinnen | |
Veldhuis und Dekker sowie der Australierin Campbell sind in diesem Jahr | |
drei weitere Schwimmerin unter der 54-Sekunden-Marke geblieben. Steffen hat | |
auch schon hautnah miterlebt, wie schnell sich die Olympiahoffnungen einer | |
Schwimmerin in einem großen Nichts auflösen können, schließlich war sie die | |
Trainingspartnerin von Franziska van Almsick, als diese nach einer zuvor | |
grandiosen EM bei den Spielen 2004 in Athen famos baden ging. | |
Dass Steffen selbst in diesen Tagen an damals erinnert, will ihr Trainer | |
jedoch nicht als Unsicherheit ausgelegt wissen. Selbstschutz sei das, mehr | |
nicht. Ein Versuch, den Erwartungsdruck zu verringern. Und der ist groß, | |
schließlich war Steffen mit vier Titeln die Schwimmerin der EM 2006 in | |
Budapest. Dass sie jetzt die 200 Meter für Peking abgesagt hat, sei aber | |
nicht die ängstliche Reaktion einer sensiblen Athletin, so Warnatzsch, | |
sondern kühl kalkulierte Strategie. | |
Steffen neige dazu, über 100 Meter nicht voll bei Kräften zu sein, wenn sie | |
ein oder zwei Tage vorher die 200 Meter geschwommen ist. Das habe die WM im | |
vergangenen Jahr in Melbourne gezeigt, als sie zwei Tage nach dem | |
Silberrennen mit der Mannschaft im Einzel über 100 Meter mit Bronze | |
zufrieden sein musste. Und das hätten Tests gezeigt, die Warnatzsch und | |
Steffen in den letzten Wochen im Training durchgeführt haben. "Die | |
Konkurrenz über 100 Meter ist so stark, das ist der Grund für Brittas | |
200-Meter-Absage", betont der Trainer. DSV-Cheftrainer Örjan Madsen gefällt | |
Steffens Entscheidung dennoch nicht. "Aber ich muss Verständnis dafür | |
haben", sagt er, "Schwimmen ist schließlich eine Individualsportart." | |
22 Apr 2008 | |
## AUTOREN | |
Susanne Rohlfing | |
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Schwimmen | |
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