# taz.de -- Massentötungen im Konzentrationslager: Prozess wird unterbrochen | |
> Der Prozess um die Tötung von Tausenden Häftlingen im KZ Sachsenhausen | |
> zieht sich: Der Angeklagte muss zu einer Behandlung ins Krankenhaus. | |
Bild: Der angeklagte ehemalige KZ-Wachmann sitzt im Gerichtssaal | |
Berlin dpa | Der Prozess um die [1][Massentötungen im Konzentrationslager | |
Sachsenhausen wird] in der kommenden Woche unterbrochen. Der Grund ist, | |
dass sich der 100 Jahre alte Angeklagte am Montag im Krankenhaus einer | |
Operation unterziehen muss, wie der Vorsitzende Richter Udo Lechtermann am | |
Freitag zu Beginn des vierten Verhandlungstages in Brandenburg/Havel sagte. | |
Der Prozess solle Anfang November weitergeführt werden. | |
Unklar blieb zunächst, welche Auswirkungen dies auf den Ablauf des | |
Verfahrens haben wird, für das bislang 22 Verhandlungstage bis in den | |
Januar vorgesehen waren. In der kommenden Woche sollte ursprünglich der | |
Historiker Stefan Hördler als Sachverständiger gehört werden. Für Anfang | |
November waren die Aussagen eines Überlebenden des KZ aus Israel und eines | |
Nachkommen eines Inhaftierten aus Frankreich geplant. Beide sind im Prozess | |
Nebenkläger. | |
Der heute 100-Jährige soll der Anklage zufolge zwischen 1942 und 1945 im KZ | |
Sachsenhausen als Wachmann der SS Beihilfe zur Ermordung von Tausenden | |
Lagerinsassen geleistet haben. Am zweiten Prozesstag hatte der Angeklagte | |
bestritten, in dem KZ gewesen zu sein. Das Verfahren vor dem Landgericht | |
Neuruppin wird aus organisatorischen Gründen in einer Sporthalle in | |
Brandenburg/Havel geführt. | |
Ein Ermittler des Landeskriminalamts berichtete im Gericht von einer | |
Hausdurchsuchung bei dem Angeklagten im Oktober 2019. Der damals 99-Jährige | |
sei davon überrascht worden, berichtete der Beamte. Gesucht wurde von den | |
Ermittlern nach Fotos oder Dokumenten wie Briefe und Tagebücher, die auf | |
die Tätigkeit des Beschuldigten als KZ-Wachmann hinwiesen. Sichergestellt | |
wurde aber nur eine Fotografie, die den Angeklagten nach der Entlassung aus | |
russischer Kriegsgefangenschaft zeigte, wie der Beamte berichtete. | |
Laut dem Protokoll soll sich der Angeklagte bei der Durchsuchung zu den | |
Vorwürfen geäußert haben. Diese Äußerungen dürfen aber nicht verwendet | |
werden, wie das Gericht auf Antrag der Verteidigung entschied. Denn es | |
blieb unklar, ob der Angeklagte zuvor ausreichend über seine Rechte belehrt | |
worden war. | |
## Menschenunwürdige Zustände im Lager | |
Eine Beamtin der Polizeidirektion Nord berichtete im Gericht über die | |
Vernehmungen von zwei Überlebenden des KZ. Beide hätten von | |
menschenunwürdigen Zuständen im Lager und von zahlreichen Tötungen von | |
Häftlingen dort und während der Todesmärsche in Richtung Ostsee zum Ende | |
des Krieges berichtet, sagte die Beamtin. | |
Einer der Überlebenden war der inzwischen ebenfalls 100-jährige Leon | |
Schwarzbaum, der kurz vor Kriegsende in das KZ gebracht wurde. Dieser habe | |
erklärt: „Der Tod war überall im Lager vorhanden. Früher oder später muss… | |
man sterben. Es blieb keine andere Rettung“, zitierte die Beamtin. | |
Schwarzbaum wurde auf dem Todesmarsch kurz vor Schwerin Anfang Mai von | |
einer amerikanischen Einheit befreit. | |
22 Oct 2021 | |
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