# taz.de -- Staaten versprechen Waldschutz: Kathedralen der Natur | |
> Regierungen und Unternehmen wollen die Entwaldung bis 2030 weltweit | |
> stoppen. Umweltschützer sind skeptisch, aber etwas mehr Hoffnung gibt es. | |
Bild: Bisher verschwindet er viel zu schnell: der Regenwald | |
Glasgow taz | Nein, es ist nicht das erste Mal, dass bei einer | |
Klimakonferenz über den weltweiten Schutz der Wälder gesprochen wurde. Aber | |
Boris Johnson weiß ohne Frage, wie er trotzdem maximale Aufmerksamkeit für | |
dieses Thema generiert: mit maximaler Prominenz. Zur Vorstellung seiner | |
neuen Initiative, die Entwaldung bis 2030 komplett zu stoppen, holte der | |
britische Premierminister am Dienstag Staats- und Konzernchefs und andere | |
Berühmtheiten auf die Bühne – von US-Präsident Joe Biden über Amazon-Chef | |
Jeff Bezos bis hin zu Prince Charles. | |
Sie alle betonten die zentrale Rolle der Wälder – für die Biodiversität | |
ebenso wie für den Kampf gegen den Klimawandel. Als „Kathedralen der Natur“ | |
seien sie „unverzichtbar“ für das Überleben der Menschheit, sagte Johnson. | |
[1][Insgesamt 105 Staaten unterzeichneten in Glasgow eine Erklärung], in | |
der sie sich dazu verpflichten, die Entwaldung bis zum Jahr 2030 „zu | |
stoppen und umzukehren“. | |
Umweltverbände kritisierten sofort, dass es eine ähnliche Ankündigung | |
bereits 2014 gegeben hatte. Doch diese war von 40 Staaten unterzeichnet | |
worden. Diesmal ist die Unterstützung sehr viel stärker: Die beteiligten | |
Länder wie Kanada, China oder Indonesien beherbergen 85 Prozent der | |
globalen Waldflächen, darunter auch die [2][besonders wertvollen | |
Regenwälder im Amazonas] und im Kongobecken. | |
Deren Regierungen setzen darauf, dass sie für den Schutz der Wälder | |
finanziell belohnt werden. „Wenn wir wollen, dass die Wälder überleben, | |
müssen sie auch für die Gesellschaft vor Ort wertvoll sein“, sagte etwa | |
Gabuns Präsident Ali-Ben Bongo Ondimba. Staaten, die durch den Waldschutz | |
eine positive CO2-Bilanz haben, sollten dafür im Rahmen des CO2-Handels | |
Geld erhalten. Ähnliche Forderungen haben bereits andere waldreiche Staaten | |
wie Brasilien erhoben. | |
## Geld für Waldschutz | |
Ob und in welcher Form eine solche Anrechnung von CO2-Senken im Rahmen des | |
Paris-Abkommens ermöglicht wird, ist offen. Klar ist aber schon jetzt, dass | |
aus anderen Quellen Geld für den Waldschutz zur Verfügung gestellt werden | |
soll. Zwölf Staaten, darunter auch Deutschland, wollen von 2021 bis 2025 | |
zusätzlich 12 Milliarden Dollar geben. Zusammen mit privaten Geldgebern | |
sollen weitere 1,5 Milliarden Dollar speziell für den Erhalt des | |
Kongo-Regenwalds und 1,7 Milliarden Dollar für die Unterstützung von | |
Indigenen, die in den Wäldern leben, zur Verfügung gestellt werden. | |
„Der Schutz der Wälder ist entscheidend für den Schutz des Klimas“, sagte | |
US-Präsident Joe Biden zur Begründung. Weitere 7 Milliarden Dollar sollen | |
aus dem Privatsektor kommen, allein 2 Milliarden davon spendet | |
Amazon-Gründer Jeff Bezos. Er kündigte zudem an, sein Unternehmen bis 2025 | |
auf 100 Prozent erneuerbare Energie umzustellen und bis 2040 komplett | |
klimaneutral zu machen. | |
## Wirtschaftskonzerne eingebunden | |
Auch auf andere Weise sind Wirtschaftskonzerne in Johnsons | |
Waldschutzinitiative eingebunden: Mehr als 30 Finanzunternehmen mit einem | |
Anlagevolumen von knapp 9 Billionen Dollar verpflichteten sich dazu, nicht | |
mehr in Firmen zu investieren, die Entwaldung für landwirtschaftliche | |
Produkte vorantreiben. Und zehn Unternehmen, die zusammen mehr als die | |
Hälfte von weltweit gehandelten landwirtschaftlichen Produkten wie Soja und | |
Palmöl umsetzen, wollen ihre Lieferketten so umstellen, dass sie im | |
Einklang mit dem 1,5-Grad-Ziel stehen. | |
Die Reaktion von Umweltverbänden auf die Ankündigungen fielen durchwachsen | |
aus. Am deutlichsten war die Kritik von Greenpeace: Die Vereinbarungen | |
gäben „grünes Licht für ein weiteres Jahrzehnt der Entwaldung“, erklärte | |
die Umweltorganisation. Dass Brasilien die Selbstverpflichtung | |
unterschrieben habe, sei angesichts der bisherigen Entwaldungspolitik von | |
Präsident Jair Bolsonaro wenig glaubwürdig. Auch die Zusagen der | |
Unternehmen hält Greenpeace für zu unverbindlich. | |
## „In die richtige Richtung“ | |
Andere Reaktionen waren differenzierter. Joseph Itongwa Mukumo, Koordinator | |
des Netzwerks indigener Völker, zeigte sich erfreut, dass das Abkommen | |
deren zentrale Rolle beim Waldschutz ausdrücklich erwähnt. Auch | |
WWF-Waldexpertin Susanne Winter lobte: „Die Ankündigung der Staats- und | |
Regierungschefs zeigt in die richtige Richtung.“ Damit sie nicht verpuffe, | |
müsse sie allerdings schnell durch verbindliche Regelungen ergänzt werden. | |
„Mit einem starken EU-Gesetz für entwaldungsfreie Lieferketten können die | |
europäischen Länder schon sehr bald zeigen, dass sie es ernst meinen mit | |
dem Waldschutz“, sagte Winter. Denn auch der eigentlich vergleichsweise | |
unternehmensfreundliche WWF glaubt nicht an Selbstverpflichtungen der | |
Wirtschaft. „Freiwillige Absichtserklärungen von Regierungen und | |
Unternehmen stoppen Naturzerstörung bisher nur in Einzelfällen.“ | |
Und auch der britische Thronfolger Prince Charles schwankte bei seiner Rede | |
in Glasgow zwischen Zweifel und Hoffnung. „Ich kann nicht glauben, wie oft | |
ich in den letzten 40 Jahren schon Reden wie diese gehalten habe“, sagte | |
er. „Geredet wurde genug – jetzt brauchen wir Taten.“ | |
2 Nov 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Einigung-bei-der-COP-in-Glasgow/!5812099 | |
[2] /Studien-zu-Klima-und-Regenwald/!5761379 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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