Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Deniz Yücel neuer PEN-Präsident: Beinhart für Meinungsfreiheit
> Der ehemalige taz-Redakteur Deniz Yücel ist neuer Präsident des deutschen
> PEN-Zentrums. Er ist dafür genau die richtige Wahl.
Bild: Auch für die „Freiheit des dummen Wortes“: Deniz Yücel
Seine Wahl lag so nahe, sie ist so wichtig wie es etwa die Verleihung des
Literaturnobelpreises an Salman Rushdie wäre: Als Deniz Yücel schließlich
in der Frankfurter Paulskirche, dem Bau des demokratischen Aufbruchs in
Deutschland schlechthin, am Podium stand und seine Bewerbungsrede hielt,
sagte er: „Wo ich hier selber stehe, denke ich: Wow, aber echt!“ Tja, so
kann es lebenshungrigen und, ja, meist freundlichen Jungs aus den
proletarischen Vorstädten der (nicht nur) Bankenmetropolen gehen: ganz
weit oben angekommen.
Der 48-jährige Kollege, Kind eines Anfang der 70er Jahre eingewanderten
Gastarbeiters, geboren und aufgewachsen im schönen und interessanten
Flörsheim bei Frankfurt, ist, das ist bekannt, einer von vielen, die das
türkische Erdoğan-Regime in den Fängen hatte. Und der, anders als die
meisten, wieder durch überbordende Solidarität freikommen konnte.
Er war und ist, wo auch immer er publizistisch arbeitete, als langjähriger
und wertgeschätzter Kollege bei der taz oder zuvor als Redakteur bei der
nicht linksidentitären Jungle World, ob inzwischen als Spitzenautor bei der
auch liberalen Tageszeitung Die Welt, ein beinharter Verfechter dessen,
wofür das PEN-Zentrum einzutreten hat, öffentlich und ohne Rücksicht auf
diplomatische Gepflogenheiten: Meinungsfreiheit.
Dienstag wählte ihn die Versammlung des deutschen PEN-Zentrums, der
Schriftsteller- und Autorenvereinigung, Sprachrohr vor allem für
inhaftierte Kolleg*innen weltweit, zuständig für die an Meinungsfreiheit
Verhinderten und in vielen Ländern Verfolgten.
## Astrein linke Biografie
Yücel, der auf eine astreine linke Biografie zurückschauen kann, in der er
freilich nie Teil einer ideologischen Erzählung wurde, stand stets auf der
Seite der kujonierten Personen – und sagte, etwa in seiner Bewerbungsrede,
dass die „Freiheit des Wortes auch für Ansichten“ gelte, „die ich selber
nicht teile, die ich kritisiere, die ich vielleicht sogar verabscheue“.
Korrekt bekannte er: „Ich bin sehr dafür, die intellektuelle, politische
und kulturelle Auseinandersetzung mit den Feinden der offenen Gesellschaft
zu führen und bilde mir ein, dabei nicht zimperlich zu sein.“
Freiheit versteht er im kulturellen Ausdruck nicht geschmackspolizeilich
grundiert. Yücel ist im Gegenteil „auch für die Freiheit des dummen Wortes,
auch für die Freiheit der bescheuerten Kunst“. Und: „Gegen die Mächtigen,
gegen die Bösen – und wenn es sein muss, auch gegen die Guten.“
Mit anderen Worten: Diese Bewerbung überzeugte, er wurde von der
Versammlung als Nachfolger von Regula Venske gewählt und tritt nun in ihre
sowie weitere Fußstapfen, unter anderem von Erich Kästner, Dolf Sternberger
und Heinrich Böll.
Yücel, der bekennenderweise rassistische Angiftungen blödester Art kennt
und wenigstens textlich zu parieren weiß, da er deutsche Kultur besser
draufhat als das ganze völkische Geschmeiß, braucht man nicht zu fragen,
woher er kommt. Kennt man sich in deutschen Klängen aus, ist leicht zu
wissen: ein Hesse. Wir gratulieren von Herzen.
27 Oct 2021
## AUTOREN
Jan Feddersen
## TAGS
Pressefreiheit in der Türkei
Deniz Yücel
Schwerpunkt Pressefreiheit
Medien
Zensur
Schriftstellervereinigung PEN
Schriftstellervereinigung PEN
Intellektuelle
Deniz Yücel
Pressefreiheit in der Türkei
Antisemitismus
Deniz Yücel
Deniz Yücel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Deniz Yücels Rücktritt als PEN-Präsident: Bratwurstbude zum Fremdschämen
Unser Autor ist PEN-Mitglied und nahm peinlich berührt an der turbulenten
Versammlung in Gotha teil, auf der Deniz Yücel zurücktrat.
Der PEN und Deniz Yücel: Showdown in Gotha
Der PEN ringt um Führungsfragen und Erneuerung. Die
Schriftstellervereinigung muss nun über ihren aktuellen Präsidenten Deniz
Yücel entscheiden.
Straßburger Urteil gegen die Türkei: Menschenrecht ist 12.300 Euro wert
Knapp vier Jahre nach seiner Freilassung aus türkischer Haft hat Deniz
Yücel teilweise Recht vor dem Europäischen Menschengerichtshof bekommen.
Freispruch für Journalistin: Tolu in Türkei freigesprochen
Nach fast fünf Jahren wurde die Journalistin Meşale Tolu freigesprochen.
Ihr und Yücels Fall sorgten für Spannungen zwischen Berlin und Ankara.
PEN-Präsidentin über Eckhart-Debatte: „Wir sind für das freie Wort“
Die Hamburger PEN-Vorsitzende Regula Venske verteidigt ihre Kritik an der
Ausladung der Kabarettistin Lisa Eckhart vom Harbour Front-Festival.
Urteil gegen Deniz Yücel in der Türkei: Gefängnis für die Meinungsfreiheit
Wegen „Terrorpropaganda“ wird Deniz Yücel in Istanbul zu fast drei Jahren
Haft verurteilt. Das sei ein politisches Urteil, erklärt der Journalist.
Deniz Yücel über die Haft und die Türkei: „Die Wut habe ich im Knast gelas…
Ein Jahr saß Deniz Yücel ohne Anklage im türkischen Knast. Er und seine
Frau sprechen erstmals nach seiner Freilassung gemeinsam mit der taz und
der „Welt“.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.