# taz.de -- Frankfurter Buchmesse: Mein erstes Mal | |
> Unsere Autorin hat vor zwei Jahren auf der Buchmesse gesprochen und für | |
> sie war es das Größte. Schade, dass es dieses Jahr vielen verwehrt | |
> bleibt. | |
Bild: Dieses Jahr hätte die Messe historisch sein können, mit so vielen Büch… | |
Vor zwei Jahren wurde ich das erste Mal zur Frankfurter Buchmesse | |
eingeladen. Ich sollte auf einer kleinen Bühne mit Idil Baydar, Simone | |
Orgel und anderen sprechen. Ich war Wochen zuvor aufgeregt und kam | |
überhaupt nicht damit klar, dass mir diese Ehre zuteil wurde. | |
In der U-Bahn ging ich noch meinen Text durch, stand einige Minuten vor | |
Veranstaltungsbeginn an einem der Millionen Eingänge und wollte schnell an | |
der Security vorbei. Ich kramte mein Handy raus, hatte noch ein | |
ausgedrucktes Ticket und zeigte es dem Mann. Er glaubte mir nicht, dass ich | |
auf der Buchmesse sprechen sollte, und ich versuchte es ihm hektisch zu | |
erklären, ohne den Veranstalter anrufen zu müssen. | |
Ich kam vor dem Zelt an, in welchem unsere Veranstaltung war, und ging | |
meine Notizen durch, als Idil auf mich zukam. Ich erzählte ihr von dem | |
Vorfall an der Tür. Sie gab mir Tipps, Feuer für meine Zigarette und eine | |
Umarmung und ich ging auf die Bühne. Als ich auf der Bühne stand und | |
zögerlich anfing zu sprechen, versagte meine Stimme. Ich musste mir erst | |
mal Gehör verschaffen, die Stimmung im Zelt war ausgelassen, die meisten | |
tranken Bier und sprachen miteinander. | |
Nach einigen Minuten hörten sie mir zu, ich sprach immer lauter und | |
selbstbewusster. Im Publikum entdeckte ich Bekannte und Freundinnen, die an | |
dem Abend gekommen waren, um mich zu unterstützen. Als ich in die Gesichter | |
von Tebogo, Olaolu, Anne und Mahret blickte, fühlte ich mich sicherer. Ich | |
werde diesen Tag nie vergessen, ich schickte meiner Mutter Bilder und war | |
so stolz auf mich. Ich hatte zwar kein Buch geschrieben, aber dass ich an | |
dem Tag in einem Raum war, der für Menschen wie mich nie vorgesehen war, | |
machte mich glücklich. | |
## Verständnis für Jasmina Kuhnke | |
Jetzt, zwei Jahre später, habe ich mit 20 anderen FLINTA ein Buch | |
geschrieben, „Schwarz wird groß geschrieben“, und hätte noch mehr | |
Berechtigung und Grund gehabt, auf der Buchmesse zu sein. Dieses Jahr wäre | |
eine historische Buchmesse geworden, weil so viele Schwarze Menschen | |
(überaus erfolgreiche) Bücher herausgebracht haben. Umso trauriger ist es, | |
dass einige der Autor*innen dieses Jahr bei der Buchmesse nicht dabei | |
sein können. Ich verstehe, warum Jasmina Kuhnke fernbleibt, verstehe auch, | |
wie andere aus Solidarität ebenfalls nicht hingehen. Ich verstehe aber auch | |
sehr gut, wieso wiederum andere es trotzdem tun. | |
Meine Wut richtet sich gegen die rechten Verlage, die dort ausstellen, an | |
die Buchmesse, die ihnen eine prominente Bühne gibt und ein nichtssagendes | |
Statement nach dem nächsten herausgibt. Es kann nicht sein, dass Schwarze | |
und POC Autor*innen einerseits nicht geschützt werden und andererseits | |
einem Druck ausgesetzt sind, ihre Solidarität nur durch Fernbleiben zeigen | |
zu können. Vor zwei Jahren war es für mich das Größte, auf der Buchmesse zu | |
sein, ich kann mir nicht vorstellen, wie schmerzhaft es ist für die | |
Autor*innen, denen es dieses Jahr verwehrt bleibt. | |
24 Oct 2021 | |
## AUTOREN | |
Anna Dushime | |
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