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# taz.de -- Inflationsrate in Deutschland: So teuer wie zuletzt 1993
> Die Inflationsrate in Deutschland klettert auf 4,1 Prozent. Vor allem
> Heizöl und Benzin werden teurer. ExpertInnen: vorübergehendes Phänomen.
Bild: Die Inflationsrate steigt vor allem, da Preise für Benzin und Heizöl ge…
Vor allem wegen erhöhter Energiepreise war die Teuerungsrate in Deutschland
im September so hoch wie zuletzt 1993. Waren und Dienstleistungen kosteten
hier laut Statistischem Bundesamt im Schnitt 4,1 Prozent mehr als ein Jahr
zuvor. Der höchste Stand seit Dezember 1993, als die Inflation – wegen des
Wiedervereinigungsbooms – bei 4,3 Prozent lag. [1][Im August] hatte die
Teuerungsrate noch 3,9 Prozent betragen.
Für viele ExpertInnen ist die hohe Inflation ein temporäres Phänomen.
Allerdings dürften die Preise vorerst sogar noch weiter ansteigen. „Das
dicke Ende kommt noch“, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Die
Inflationsrate werde vorerst weiter anziehen, „weil die Unternehmen den
gewaltigen Kostenschub durch gestiegene Materialkosten noch nicht
vollständig an die Verbraucher weitergegeben haben“, sagte Kramer. Er hält
sogar bald „eine Fünf vor dem Komma“ für möglich.
Energie ist derzeit der größte Kostentreiber: Sie verteuerte sich im
September um 14,3 Prozent, besonders wegen steigender Heizöl- und
Benzinpreise. „Rund die Hälfte des Teuerungsanstieges entfällt auf den
Faktor Energie“, sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel.
Nahrungsmittel verteuerten sich mit 4,9 Prozent ebenfalls
überdurchschnittlich stark. Dienstleistungen kosteten 2,5 Prozent mehr,
Wohnungsmieten erhöhten sich um 1,4 Prozent.
Die starke Teuerung liegt zu einem guten Teil an Sondereffekten durch
Corona. Die Pandemie sorgte im vergangenen Jahr für extrem günstige
Rohstoffe, genau wie bei allen Konsumgütern wegen der [2][vorübergehenden
Mehrwertsteuersenkung] in der zweiten Jahreshälfte 2020. Nun führen
Nachholeffekte zu einer gefühlt hohen Teuerung.
## Angst vor Lohnforderungen
Ohne Corona-Sondereffekte und die Auswirkungen der erhöhten Energiepreise
würde die Inflationsrate laut dem Institut für Makroökonomie und
Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung bei
nur etwa 2 Prozent liegen. Er rechne damit, dass die Preisentwicklung „bis
zum Jahresende hoch bleiben wird“, erklärte der wissenschaftliche Direktor
des IMK, Sebastian Dullien. Bereits im Januar 2022 werde die Inflationsrate
wieder deutlich fallen, und „Richtung Jahresmitte wieder 2 Prozent
unterschreiten“. Dies ist die Zielmarke der Europäischen Zentralbank.
Furcht haben einige Ökonomen vor den Tarifforderungen der Gewerkschaften.
Die IG Metall zum Beispiel hat bereits die gestiegene Inflation zum Anlass
genommen, erhöhte Lohnforderungen anzukündigen.
„Der Kaufkraftverlust, den die Verbraucher jetzt zu spüren bekommen, wird
deutliche Nachholforderungen bei den kommenden Tarifrunden zur Folge
haben“, ist sich auch der Chefvolkswirt von HQ Trust, Michael Heise,
sicher. Kommt es so, könnte eine Spirale in Gang gesetzt werden, bei der
sich Preise und Löhne gegenseitig immer weiter nach oben schaukeln.
FDP-Chef Christian Lindner warb wegen der Inflation am Donnerstag für das
Wahlprogramm seiner Partei. „Die höchste #Teuerungsrate seit 1993 ist ein
weiterer Anlass, die Entlastung der Mitte der Gesellschaft und die Rückkehr
zu soliden Staatsfinanzen im Blick zu behalten“, [3][schrieb Lindner auf
Twitter]. Allerdings zielt das FDP-Wahlprogramm nicht auf Steuersenkungen
für die „Mitte“, sondern für Topverdiener.
30 Sep 2021
## LINKS
[1] /Inflation-steigt-auf-38-Prozent/!5793268
[2] /Ende-der-Mehrwertsteuersenkung/!5736182
[3] https://twitter.com/c_lindner/status/1443550925218631684?s=20
## AUTOREN
Kai Schöneberg
## TAGS
Inflation
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