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# taz.de -- Sexualisierte Gewalt im Sport: Im gleichen Gewässer
> Sexuelle Übergriffe im US-Sport müssen auch in Deutschland Debatten
> anstoßen. Das Problem wird zu selten als ein gemeinsames begriffen.
Bild: Aktion gegen sexualisierte Gewalt in der US-Liga: Spielerinnen von Orland…
Haben Sie schon von der Debatte im deutschen Frauenfußball über sexuellen
Missbrauch von Trainern und Funktionären gehört? Nicht? Keine Sorge, Sie
haben nichts verpasst. Sie wird nicht geführt. [1][Die Vorfälle waren
schließlich in den USA.] Schlimm, was man so alles aus der National Women’s
Soccer League hört. Ein neues Leitungsgremium im Verband soll sich jetzt um
die Aufarbeitung etlicher Vorfälle kümmern, bei denen es teils auch um
psychische und emotionale Gewalt geht.
In Venezuela, das haben aufmerksame Leser:innen vielleicht vergangene
Woche mitbekommen, haben sie mit diesen Problemen auch zu kämpfen, seitdem
sich zwei Dutzend Auswahlspielerinnen in einem öffentlichen Brief erstmals
zu den physischen, psychischen und sexuellen Übergriffen geäußert haben,
denen sie jahrelang ausgesetzt waren. In Haiti und Island sollen auch
unzumutbare Zustände geherrscht haben.
Sexualisierte Gewalt im Sport wird ein immer sichtbareres Problem. Ein
leises Bewusstsein dafür hat sich auch in Deutschland in den letzten Jahren
entwickelt. Wie groß das Problem insgesamt ist, hat man bis heute nicht
eruiert. Die erste Studie über Fallzahlen im Breitensport ist gerade erst
von ein paar Landessportbünden in Auftrag gegeben worden.
Auf die Ergebnisse wartet man noch. Das Engagement konzentriert sich auf
die Erstellung von Präventionskonzepten. Mit der Aufarbeitung tut man sich
schwer. Eine Halbtagsstelle hat man dafür in diesem Jahr im Deutschen
Olympischen Sportbund (DOSB), unter dessen Dach sich 27 Millionen
Mitglieder versammeln, eingerichtet. Auf 18 Monate ist sie befristet.
## Angst vor Unruhe
Obwohl der Wunsch so häufig betont wird, dass Geschehenes künftig nicht
mehr geschieht, ist die Zurückhaltung groß, sich mit Geschehenem
auseinanderzusetzen. Es besteht eine Scheu, die eigenen Gewässer zu sehr
aufzuwühlen. Von Stürmen andernorts fühlen sich deutsche
Sportorganisationen, aber auch viele Aktive kaum betroffen – als wären sie
durch irgendwelche Beckenränder geschützt.
Ein Phänomen, das man aus anderen Gesellschaftsbereichen kennt. Die
katholische Kirche in Frankreich hat sich für die Begünstigung sexueller
Gewalt in Kirchenstrukturen auch kaum interessiert, als diese in
Deutschland offenkundig wurde. Erst als Vorfälle in Frankreich ans Licht
kamen, wurde eine Studie in Auftrag gegeben, die jüngst erschreckende
Zahlen präsentierte.
Neben nationalen bestehen aber auch andere künstliche Grenzlinien. Das
Problem der Turner:innen, der Judokas oder der Reitsportler:innen wird
zu selten als ein gemeinsames begriffen. Und die eigenen Probleme werden
häufig nicht in ihrer Tragweite wahrgenommen. Ein Funktionär eines
deutschen Sportverbands stellte sich kürzlich der taz mit den Worten vor:
„Ich bin bei uns für Prävention sexueller Gewalt und so anderen Kram
verantwortlich.“
Die jüngsten Nachrichten aus den USA sollten also nicht nur im deutschen
Frauenfußball, sondern auch in anderen Sportarten Impulse für Debatten und
Anstrengungen setzen, die von einem Gemeinsinn getragen werden. Bei aller
Unterschiedlichkeit verbindet eines alle Sportarten: die ungleichen
Machtverhältnisse, die Machtmissbrauch begünstigen. So wie sie
beispielsweise zwischen Trainer:innen und Sportler:innen bestehen.
Es braucht eine übergeordnete Strategie, die sich aus den
Abhängigkeitsverhältnissen des Sports löst. [2][In diesem Sinne hat die
Interessenvertretung Athleten Deutschland e. V. ein unabhängiges Zentrum
für Safe Sport vorgeschlagen.] Der DOSB will nur weiter die Kontrolle über
seine Gewässer behalten.
11 Oct 2021
## LINKS
[1] /Sexualisierte-Gewalt-im-US-Fussball/!5801524
[2] /Gewalt-gegen-Sportlerinnen/!5765672
## AUTOREN
Johannes Kopp
## TAGS
Kolumne Press-Schlag
Sexualisierte Gewalt
Prävention
Schwerpunkt #metoo
Fußball-EM der Frauen 2022
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American Pie
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