Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Journalismus in China: Einfach weg
> Die Investigativ-Journalistin Sophia Huang Xueqin wollte ein Studium in
> Großbritannien antreten. Bei ihrer Abreise wird sie am Flughafen
> festgenommen.
Bild: Sophia Huang Xueqin mit einem #MeeToo-Transparent in ihrer Wohnung im Dez…
Mumbai taz | Was es bedeutet, in der chinesischen Gesellschaft nicht
willkommen zu sein, lernte die Journalistin Sophia Huang Xueqin früh
kennen. Sie wurde als zweites Kind im damaligen „Ein-Kind-China“ geborgen
und zunächst von ihrer Familie versteckt gehalten. Allerdings schlug sich
Xueqin später oft freiwillig auf die unbequeme Seite.
Sophia Huang Xueqin brachte 2018 die Metoo-Debatte in China unter dem
#WoYeShi mit ins Rollen. Sie ermutige andere Frauen, sich gegen sexuelle
Belästigung am Arbeitsplatz stark zu machen. Die Bewegung gewann so sehr an
Einfluss, dass die chinesische Regierung nach Protesten ankündigte, gegen
sexuelle Belästigung an chinesischen Universitäten einzuschreiten.
Nun wollte die 33-Jährige das Land für einen Neuanfang verlassen. Über
Hongkong sollte es nach Großbritannien gehen, um ein Chevening-Stipendium
an der Universität von Sussex für einen Master in Entwicklungsstudien
anzutreten. Doch am Sonntag wurden der befreundete Gewerkschafter Wang
Jianbing und sie mutmaßlich am Flughafen festgenommen. (Wang begleitete sie
bei ihrer Verabschiedung.)
Seit Metoo stand Xueqin unter Beobachtung. Als sie 2017 mit einem
Stipendium in Singapur ankam, fasste sie den Entschluss, etwas gegen das
Problem in China zu unternehmen, das sie in der Ferne erkannte. Xueqin
machte ihren eigenen Fall von Belästigung unter Klarnamen publik. So machte
sie sich zunehmend bei den Behörden in ihrer Heimat unbeliebt.
## Plötzlich verschwunden
Es ist nicht das erste Mal, dass Xueqin plötzlich verschwindet. 2019 wurde
[1][die Investigativ-Journalistin] bereits einmal in Polizei-Gewahrsam
genommen. Sie war Monate im „Residential Surveillance at a Designated
Location“, kurz RSDL, von der Öffentlichkeit abgeschnitten.
RSDL ist eine Form von Haft, die von der chinesischen Regierung gegen
Personen verhängt wird, die „eine Gefährdung der Staatssicherheit“
darstellen. Ihr Verbrechen war, dass die auf ihrem Blog neben
Diskriminierung von Frauen in China über die prodemokratischen Proteste in
Hongkong berichtete. Die offizielle Anklage lautet Störung der öffentlichen
Ordnung. Zu diesem Zeitpunkt befand sie sich in Hongkong, wo sie Jura
studierte.
Als Xueqin zu einem Familienbesuch in ihre Heimat in Südchina zurückkehrte,
wurde ihr der Pass entzogen. Vergebens wartete sie darauf, ihr Studium
fortführen zu können. Das Stipendium der britischen Regierung wäre für sie
die erste Möglichkeit gewesen, das Land seit Ausbruch der Coronapandemie zu
verlassen.
Wie lange sie diesmal von Freunden und Familie abgeschottet ist, weiß
derzeit niemand. Ihre Ehe scheiterte bereits mit der ersten Festnahme, auch
wenn sie im Januar 2020 gegen Kaution freigelassen wurde.
## Den Kampf fortführen
Einem engen Freund gegenüber äußerte sich Xueqin, dass sie zuvor nicht
körperlich gefoltert, aber Versuche unternommen worden seien, sie zu
manipulieren. Ihr sollte klargemacht werden, dass das „chinesische Modell“
besser sei als die westliche Vorstellung von Demokratie. Xueqin vertrat
aber bis zuletzt die Meinung, dass das Fehlen von Demokratie und
Meinungsfreiheit in China nicht ewig funktionieren werde. Sie hielt sich
allerdings bis vor ihrer Abreise bedeckt, wollte den Kampf gegen Unrecht
aber nicht aufgeben.
„Wir sind besorgt über die Sicherheit und den Verbleib unserer Studentin“,
sagten ein Sprecher der Universität Sussex, und Freunde von Xueqin
gegenüber der taz. Auch die internationale Journalisten-Föderation IFJ fand
mahnende Worte. „Die IJF ist solidarisch mit Huang, die ständig von den
chinesischen Behörden schikaniert wird, weil sie auf wichtige Themen im
öffentlichen Interesse aufmerksam macht.“
24 Sep 2021
## LINKS
[1] /China-verschaerft-Kontrolle-der-Presse/!5745253
## AUTOREN
Natalie Mayroth
## TAGS
China
Repression
Journalismus
Schwerpunkt #metoo
GNS
China
Schwerpunkt Pressefreiheit
Schwerpunkt Pressefreiheit
China
## ARTIKEL ZUM THEMA
Pleite des chinesischen Konzerns Evergrande: Aufstieg und Fall des Xu Jiayin
Das Immobilienunternehmen Evergrande steht vor einem Schuldenberg. Gründer
Xu hat eine bewegte Geschichte hinter sich.
Pressefreiheit in China: Journalisten als Sündenböcke
In China kam es jüngst zu einer Hetzjagd auf ausländische Korrespondenten.
Der Vorfall offenbart den aufkeimenden Nationalismus in der Volksrepublik.
Globaler Medienkonflikt: Chinas mediale Vergeltung
Chinas Rundfunkbehörde erteilt dem britischen Sender BBC ein Sendeverbot.
Das ist auch eine Warnung an westliche Medien.
China verschärft Kontrolle der Presse: Schluss mit Nische der Freiheit
Journalisten in der Volksrepublik müssen für den Presseausweis nun auch
ihre Profile in den sozialen Netzwerken staatlich prüfen lassen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.