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# taz.de -- Fraunhofer-Chef unter Beschuss: Lückenlose Aufklärung gefordert
> Fraunhofer-Präsident Reimund Neugebauer steht stark in der Kritik. Er
> soll private und dienstliche Angelegenheiten vermischt haben.
Bild: Reimund Neugebauer bei der Eröffnung des Batterie-Innovations- und Techn…
Er gilt als einer der mächtigsten Forschungsmanager Deutschlands: Der
[1][Chemnitzer Ingenieur Reimund Neugebauer,] der seit zehn Jahren
Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) ist. Die größte öffentliche
Organisation für anwendungsorientierte Forschung mit 29.000 Beschäftigen in
75 Instituten mit einem Jahresbudget von 2,8 Milliarden Euro ist bei den
heißen Innovationsthemen ganz vorne dabei, etwa mit dem Bau der
Forschungsfabrik [2][Batteriezellen in Münster] oder dem Betrieb des ersten
Quantencomputers in Europa.
Jetzt sind gegen Neugebauers Amtsgebaren massive Vorwürfe erhoben worden.
Das Düsseldorfer Magazin Wirtschaftswoche berichtete, dass
Kunstausstellungen der Ehefrau Neugebauers aus der Fraunhofer-Kasse
finanziert worden seien. „Insider werfen Fraunhofer-Chef Reimund Neugebauer
vor, private und dienstliche Angelegenheiten zu vermischen“, heißt es in
dem Text. Ein „Skatfreund“ habe im Vorstand spektakulär Karriere gemacht,
während andere Führungskräfte aus der Münchener Zentrale flüchteten. Kritik
gab es auch an der mageren Gründungsbilanz der Institute oder der
außergewöhnlichen Wiederwahl des 67-jährigen Neugebauers für weitere zwei
Jahre, die kürzlich durch den Senat im Umlaufverfahren statt in regulärer
Sitzung stattfand.
Mit einer Kleinen Anfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Thomas
Sattelberger über „etwaige Ungereimtheiten bei Personalentscheidungen und
-wechsel bei der Fraunhofer-Gesellschaft“ hat die Affäre auch die
Bundesregierung erreicht. „Welche Schlussfolgerungen zieht die
Bundesregierung aus den Abgängen dreier Technologie-/Marketing-
beziehungsweise Geschäftsmodell-Vorstände in wenigen Jahren, und betrachtet
sie Wechsel in dieser Frequenz als normal?“, lautet eine der zwölf Fragen.
Eine weitere erkundigt sich nach dem „Stand der Einführung einer
SAP-Software“ und ob „der aktuelle Rücktritt des Digital-/IT-Vorstands im
Zusammenhang mit Ressourcenkonflikten bei dem laufenden SAP-Projekt“ stehe.
Die Bundesregierung will bis zum 22. September antworten.
„Die Affäre Neugebauer muss lückenlos aufgeklärt werden“, fordert
Sattelberger. Er hoffe, dass der Fraunhofer-Chef das Seinige dazu beitragen
werde, denn: „Amtsverständnis, Führungsstil und moralischer Kompass müssen
für höchste Wissenschaftsmanager in diesem Lande über jeden Tadel erhaben
sein“, so der FDP-Politiker.
## Nun gilt es, Reputationsschaden zu vermeiden
Für [3][Kai Gehring, den forschungspolitischen Sprecher der
Bundestags-Grünen], müssen „die im Raum stehenden Vorwürfe von Bevorzugung
schnell aufgeklärt werden, um Reputationsschaden abzuwenden“. Den Hinweisen
müsse unverzüglich nachgegangen werden. Die öffentliche Finanzierung der
Wissenschaft fuße auf „dem gesellschaftlichen Vertrauen in die Einhaltung
hoher Standards und Redlichkeit“, erklärte Gehring gegenüber der taz. „Da…
gehört auch ganz selbstverständlich, persönlichen Abhängigkeiten und
Bevorzugungen vorzubeugen und mit wirksamen Compliance-Regeln und
Meldeverfahren entgegenzuwirken.“
Der Pressesprecher der Fraunhofer-Gesellschaft Janis Eitner verwahrte sich
gegen die Aussagen des Magazins. „Diese tendenziöse Fraunhofer-kritische
Berichterstattung basiert auf Fehldarstellungen und Herabsetzungen.“ So
seien etwa die Kunstausstellungen der Präsidentengattin nicht zu
beanstanden. „Das Engagement von Frau Dr. Neugebauer im Rahmen des
„Netzwerks Wissenschaft, Kunst und Design“ der Fraunhofer-Gesellschaft
umfasst die ehrenamtliche Schirmherrschaft desselben und geht auf
Initiative und Bitte mehrerer Institutsleitender zurück“, erklärte Eitner
auf Anfrage der taz.
Auch die Gründungspolitik der FhG sei erfolgreich, was sich etwa in der
Initiierung des „Fraunhofer Technology Transfer Fonds“ mit 60 Millionen
Euro Unterstützungskapital zeige. Insgesamt seien in der Amtszeit
Neugebauers 206 von insgesamt rund 500 Fraunhofer-Ausgründungen erfolgt.
Auch die Wiederwahl habe als „ein transparenter Prozess innerhalb des
Senats“ stattgefunden.
Bei einfacher Gegenrede wird es offensichtlich nicht bleiben, deutet Eitner
an: „Die im Artikel der Wirtschaftswoche zahlreich vorhandenen
Fehldarstellungen prüfen wir derzeit sehr genau mit Hilfe unserer
Medienanwälte und eruieren weitere potenzielle Schritte.“
16 Sep 2021
## LINKS
[1] /Forderungen-an-naechste-Bundesregierung/!5795790
[2] /Forschungsfabrik-fuer-Autobatterien/!5759589
[3] /Gruenen-Politiker-zu-Wirtschaft-in-Schule/!5745059
## AUTOREN
Manfred Ronzheimer
## TAGS
Fraunhofer
Vorwürfe
Forschung
Veruntreuung
Fraunhofer
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Anja Karliczek
Wissenschaft
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