| # taz.de -- Die Partei im Berliner Wahlkampf: Franziska Giffey nachplappern | |
| > Die Partei, die auch so heißt, schwankt zwischen Klamauk und Kritik. Dass | |
| > sie aber politische Verantwortung übernimmt, ist unwahrscheinlich. | |
| Bild: Mitglieder der Partei stellen sich vor, wie Mitglieder anderer Parteien s… | |
| Berlin taz | Auf ihren Wahlplakaten tragen sie hellgraue Anzüge, rote | |
| Krawatten dazu – die Partei, die genau so heißt, gibt sich im Behördenlook. | |
| Natürlich absichtlich nicht schön, schließlich geht genau darum, den | |
| Anzugträgern in der Politik den Spiegel vorzuhalten. [1][Zwischen Klamauk | |
| und Kritik] liegt die Satire, sagt ihre Berliner Co-Vorsitzende Marie | |
| Geissler. Ein Drahtseilakt sei das, bei dem die einen mehr in die eine, die | |
| anderen mehr in die andere Richtung balancierten. | |
| In Berlin könnte das Pendel nach dem 26. September eher in Richtung Kritik | |
| ausschlagen. Zumindest, wenn es nach der Partei selbst geht. Die sieht sich | |
| schon so gut wie im Abgeordnetenhaus, derzeit liege man bei etwa fünf | |
| Prozent, so die Selbstaussage. Das könnte für sieben Sitze reichen. | |
| Umfragen, die die diese Aussichten belegen würden, [2][gibt es allerdings | |
| keine einzige]. Und wie bei manch anderer Partei gilt erst recht für diese: | |
| Man darf keine ihrer Aussagen für bare Münze nehmen. Bei der Berlin-Wahl | |
| 2016 holte die Partei als stärkste Kleinstpartei nach der FDP gut zwei | |
| Prozent. | |
| Dessen ungeachtet sagt Marie Geissler: „Dass wir überhaupt so gut dastehen, | |
| sollte ein Alarmsignal an die anderen Parteien sein.“ Seit 2016 ist | |
| Geissler Parteimitglied. Für das Abgeordnetenhaus kandidiert sie auf | |
| Listenplatz sieben, direkt hinter [3][Bundeschef Martin Sonneborn]. Er | |
| gründete Die Partei 2004, zunächst als Projekt des Satiremagazins Titanic. | |
| Später machten er und Nico Semsrott als Abgeordnete im Europaparlament auf | |
| sich aufmerksam. | |
| Die Berliner Wähler:innen wollen sie nun auf recht destruktive Weise für | |
| sich überzeugen: „Wir finden die anderen genauso scheiße wie ihr. Das ist | |
| dann auch der Auftrag, mit dem wir ins Abgeordnetenhaus gehen würden“, sagt | |
| Geissler. | |
| An der Spitze der Berliner:innen steht eine Essenerin. Annie Tarrach | |
| holte in ihrer Heimatstadt 2020 aus dem Stand knapp zweieinhalb Prozent, | |
| auch dort als Spitzenkandidatin. Danach kam sie nach Berlin, zunächst nur | |
| zu Besuch. „Aber wir haben sie nicht mehr gehen lassen“, erzählt Geissler. | |
| Annie Tarrach arbeitet normalerweise als therapeutische | |
| Erziehungsassistentin. Sie hilft Kindern, die nicht mehr bei ihren Eltern | |
| leben und teilweise Gewalt erfahren haben. „Wir arbeiten auch deshalb so | |
| hart, damit Annie sich irgendwann einmal ein Haus in der Karibik leisten | |
| kann. Das hat sie sich verdient“, sagt Geissler über ihre | |
| Spitzenkandidatin. Um politische Arbeit im herkömmlichen Sinn geht es | |
| weniger. | |
| Stattdessen wirbt Die Partei für „mehr Wahrheiten“, zum Beispiel am | |
| kommenden Sonntagnachmittag auf dem Potsdamer Platz. Welche das sind, ist | |
| in der Ankündigung nicht genauer formuliert. Aber es dürfte darum gehen, | |
| den Wahlkampf etablierter Parteien aufs Korn zu nehmen. Schließlich fordert | |
| Die Partei den wechselnden Auf- und Abbau des Berliner Schlosses und des | |
| Palastes der Republik. „Das würde den Charakter des Ortes als | |
| Dauergroßbaustelle erhalten“, heißt es auf ihrer Webseite. | |
| Inzwischen hat sie auch ein paar Berliner Inhalte drauf, wenn man von | |
| Inhalten sprechen kann. Etwa Anna Katz: Sie steht auf Listenplatz drei und | |
| ist Synchronsprecherin. Diese Expertise wolle sie laut Geissler dafür | |
| nutzen, die Reden von SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey Eins-zu-eins | |
| nachzusprechen. Konkret macht sich die Partei also über Giffeys Stimme | |
| lustig. Weil das witziger sei, als sich über ernsthafte Themen aufzuregen. | |
| Der Drahtseilakt zwischen Klamauk und Kritik bleibt also wackelig. Und es | |
| stellt sich die Frage, wie diese Partei eigentlich arbeitet – nämlich | |
| sicher nicht so, wie die anderen. Das politische Geschehen verfolgen viele | |
| Mitglieder genau. Daraus leiten sie allerdings als Kleinst- und in seltenen | |
| Fällen Oppositionspartei kaum konkrete Anträge ab, sondern entwickeln aus | |
| kreativen Launen heraus Sprüche, Forderungen und Aktionen. Dafür gibt es | |
| allein in den zwölf Berliner Ortsvereinen in der Regel zwei Stammtische im | |
| Monat. | |
| Die Partei schreibt sich selbst ein elitär, bourgeois und amoralisches | |
| Dasein zu. „Wer wirklich von Diskriminierung betroffen ist, hat einfach | |
| Besseres zu tun, als sich mit Politik zu beschäftigen“, erklärt | |
| Landesvorständin Geissler. Dass ihre Partei vor allem aus „Whities“ besteht | |
| und wenig divers ist, wundert sie demnach nicht. | |
| Und es ist ihr auch egal: Auf Vorwürfe, eine Spaßpartei und zynisch zu | |
| sein, selbstgefällig und privilegiert, haben sie bei der Partei eine | |
| Antwort. Meistens zustimmend. Besonders der Zynismus, also der endgültige | |
| Abschied von Verbesserungswillen und Idealismus, ist tief in der Partei | |
| verwurzelt. Alles kann witzig sein. | |
| „Wer immer wieder von den anderen Parteien enttäuscht wurde und zynisch | |
| geworden ist, wählt entweder gar nicht oder uns“, sagt Geissler. Damit | |
| verhindere man wenigstens weitere Sitze der AfD, was ja fast schon ein | |
| ernsthaftes politisches Ziel wäre. Das darf man allerdings nicht mit | |
| Verantwortung verwechseln, die Die Partei sicher nicht übernehmen wird. | |
| 18 Sep 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Adrian Breitling | |
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