Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Elektromobilität in Deutschland: Die Angst vor der leeren Batterie
> Noch fehlen vielerorts Ladestationen für E-Autos. Der Bund will
> nachhelfen – und erntet für geplante Preisobergrenzen Kritik aus der
> Industrie​.
Bild: Immer und überall Saft? Das könnte noch eine Weile dauern
Fast legendär waren die ersten Versuche, mit einem Elektroauto quer durch
Deutschland zu fahren. Die Fahrer wussten von vielen Schwierigkeiten bei
der Suche nach dem „ Treibstoff“ Strom zu berichten. Denn Ladesäulen gab es
anfangs nur in spärlicher Anzahl. So ging manchem Pionier der E-Mobilität
unterwegs buchstäblich der Saft aus.
Auch wenn sich die Ladeinfrastruktur verbessert hat, ist die Angst vor der
leeren Batterie noch immer eines der größten Hemmnisse für das Wachstum des
Marktes für E-Autos. „Laden, immer und überall“, sagt der noch amtierende
Verkehrsminister Andreas Scheuer, „das ist unser Ziel.“
Doch ganz so einfach ist die Vorgabe nicht zu erfüllen. Laut der
Bundesnetzagentur waren im September 40.257 normale Ladepunkte sowie 6.840
Schnellladesäulen angemeldet. Das klingt vielleicht nach einem ordentlichen
Netz. Doch gemessen am künftigen Bedarf ist die Zahl ein Klacks.
## 37 Prozent mehr Elektro-Neuzulassungen
So stiegen die Elektro-Neuzulassungen laut Verband der Automobilindustrie
(VDA) im September etwa um 37 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Einer
Studie der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur zufolge werden Ende des
Jahrzehnts je nach Zahl der zugelassenen Elektroautos zwischen 440.000 und
843.000 Ladepunkte benötigt. Das bestehende Netz ist also viel zu dünn.
Mit staatlicher Förderung soll das Ladenetz flächendeckend ausgebaut
werden. Eine erste Ausschreibung für Schnellladestationen hat der Bund in
der vergangenen Woche auf den Weg gebracht. Rund 900 Stationen sollen
bundesweit entstehen.
Dabei wird gezielt der Ausbau in unerschlossenen Regionen gefördert. Der
Bund gibt dafür „Suchräume“ vor, in denen sie erstellt werden sollen. Wo
genau private Betreiber diese dann platzieren, bleibt ihnen überlassen. Da
jede Station über mehrere Ladepunkte verfügt, kommen so wohl 8.000
Schnellladepunkte zusammen.
Das ist erst der Anfang. Bis zum Ende des Jahrzehnts sollen E-Mobilisten an
50.000 Ladepunkten ihre Batterie auffüllen können. Bis es richtig losgeht,
wird es aber noch dauern. Das Ausschreibungsverfahren dürfte sich nach
Meinung von Experten etwa ein Jahr hinziehen. Eine zweite Ausschreibung
erfolgt in der nächsten Zeit. Dabei geht es um 200 weitere Stationen an
unbewirtschafteten Autobahnrastanlagen.
## Der Bund fördert auch private Ladestellen
Darüber hinaus fördert der Bund bereits normale Ladestellen und private
Anschlüsse für Autoladegeräte, sogenannte Wallboxen. Der Einbau in die
Garage oder am Mehrfamilienhaus wird von der bundeseigenen Kreditanstalt
für Wiederaufbau (KfW) gefördert.
Zum Teil betraf dies auch kommerzielle Betreiber. Allerdings wurden wohl
weit mehr Förderungen beantragt und genehmigt, als dann tatsächlich
Stromtankstellen gebaut wurden. Angeblich sind es 20.000, die so das Netz
ergänzen könnten, wenn die Firmen sie tatsächlich installieren würden.
Doch die mehr als 2.000 Betreiber von Ladestellen tun sich damit schwer.
Wirtschaftlich rechnen sich viele Standorte noch nicht. Von allein entsteht
daher keine ausreichend leistungsfähige Ladeinfrastruktur. Und es gibt auch
Streit zwischen der Industrie und dem Bund. Scheuers Ausschreibung sieht
eine Preisobergrenze für den Strom vor. Die Energie darf nicht mehr als 44
Cent pro Kilowattstunde kosten. Derzeit ist sie oft teurer.
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sieht den Ausbau
privater Ladestellen durch die vom Bund subventionierten deshalb gefährdet.
Die bestehende Ladeinfrastruktur lasse sich dann nicht mehr wirtschaftlich
betreiben, warnt BDEW-Chefin Kerstin Andreae.
## China setzt auf Wechselsystem
Womöglich gehen Deutschland und Europa in dieser Frage ohnehin den falschen
Weg. Davor warnt zumindest der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer in einer
Studie. Er verweist auf chinesische Bemühungen, ein Wechselsystem für
Batterien einzuführen. Dabei wird die leere Batterie eines E-Autos an einer
Station gegen eine aufgefüllte ausgetauscht.
Das dauert im Gegensatz zum Aufladen nur wenige Minuten. „China will
weltweiter Technologieführer werden“, erläutert Dudenhöffer. Als größter
Automarkt setze das Land womöglich hier einen weltweiten Standard, der die
Automobilhersteller hierzulande langfristig zu einer Anpassung ihrer
Fahrzeugkonstruktionen zwingen könnte.
6 Oct 2021
## AUTOREN
Wolfgang Mulke
## TAGS
Automobilbranche
Strompreis
Elektromobilität
Stromverbrauch
Schwerpunkt Klimawandel
Klimakonferenz in Dubai
Verkehr
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Klimawandel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Ende des Verbrennermotors: Reine Imagepflege
Das Ziel der Klimakonferenz von Glasgow, ein Ende des Verbrennermotors ab
2035, ist wenig ehrgeizig. Es muss ambitionierter sein.
Initiative bei der UN-Klimakonferenz: Aus für Benziner und Diesel
24 Staaten, 6 große Auto-Hersteller sowie viele Städte und Investoren
einigen sich auf ein Ende von Verbrennerautos. Und Deutschland? Patzt.
Beschluss zu Klimaschutz im Verkehr: Kraftstoffe sollen sauberer werden
Ab 2023 darf kein Palmöl mehr in Biodiesel landen. Auch Laden für
Elektroautos soll übersichtlicher gestaltet werden.
Autoexperte Dudenhöffer über die IAA: „Automessen haben ausgedient“
Die IAA, einst größte Automesse der Welt, ist in der Krise. Autoexperte
Dudenhöffer sieht darin nur noch einen „Event mit Volksfestcharakter“.
Studie zu Elektroautos: Kaum etwas gewonnen
Die Förderung der Elektromobilität ist „sozial schief“, sagen Analysten.
Zudem koste jede vermiedene Tonne CO2 den Staat bis zu 1.000 Euro.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.