| # taz.de -- Streit um Trinkwasserressourcen: Hamburg gräbt Heide das Wasser ab | |
| > Hamburg will mehr Grundwasser im Landkreis Harburg fördern, dieser aber | |
| > nicht so viel rausrücken wie gewünscht. Jetzt trifft man sich vor | |
| > Gericht. | |
| Bild: Säuft ordentlich was weg: Lüneburger Heide | |
| Hamburg taz | Hamburg streitet sich mit dem benachbarten Landkreis Harburg | |
| darüber, wie viel [1][Grundwasser es aus der Nordheide abzapfen] darf. Der | |
| [2][Streit schwelt schon lange]. Ab Mittwoch wird er vor dem | |
| Verwaltungsgericht im niedersächsischen Lüneburg verhandelt. | |
| Der Stadtstaat deckt derzeit 13 Prozent seiner Trinkwasserversorgung mit | |
| Grundwasser aus der Nordheide. Hamburg möchte die absolute Menge steigern, | |
| schließlich ist die Stadt gewachsen und soll dies auch weiter tun. Weil der | |
| Landkreis Harburg die beantragte Menge nicht zugestehen will, hat Hamburg | |
| Wasser geklagt. Das städtische Unternehmen „sieht die Versorgungssicherheit | |
| Hamburgs bedroht“. | |
| Ebenfalls geklagt haben fünf weitere Parteien – allerdings, weil sie die | |
| genehmigten Fördermengen für zu hoch halten. „Schon bei der alten | |
| genehmigten Fördermenge haben wir gesehen, dass immer mehr Bäche und Flüsse | |
| trocken fallen“, sagt Gerhard Schierhorn vom [3][Landesverband | |
| Bürgerinitiativen Umweltschutz]. Weitere Kläger sind die Klosterkammer | |
| Hannover und drei Privatleute, die Land oder Wald bewirtschaften und Fische | |
| züchten. | |
| Hamburg bereitet schon seit 1974 Grundwasser aus der Heide zu Trinkwasser | |
| auf. Durchschnittlich 15,7 Millionen Kubikmeter im Jahr hat die Stadt | |
| gefördert. Hamburg Wasser würde sich gerne 18,4 Millionen bewilligen | |
| lassen. Eine Umweltverträglichkeitsstudie und mehrere Gutachten zeigten, | |
| „dass die beantragte Menge mit den Anforderungen des Wasserrechts, des | |
| Umwelt- und Naturschutzes und der Belange der Land- und Forstwirtschaft | |
| vereinbar ist“. Dies habe auch das begleitende Monitoring bestätigt. | |
| Der Landkreis Harburg hat 2019 zwar für die nächsten 30 Jahre bis zu 18,4 | |
| Millionen Kubikmeter erlaubt – allerdings nur in einzelnen Jahren. Im | |
| Durchschnitt darf die jährliche Fördermenge 16,1 Kubikmeter nicht | |
| überschreiten. Diese Regelung mit einer Reihe von Randbedingungen geht auf | |
| einen [4][Beschluss des niedersächsischen Landtages von 2014] zurück. | |
| Hamburg Wasser kritisiert das als zu restriktiv. Zudem habe der Landkreis | |
| statt der beantragten „Bewilligung“ nur eine „gehobene Erlaubnis“ zur | |
| Förderung erteilt. „Im Gegensatz zur Bewilligung könnte diese jederzeit mit | |
| nachträglichen Nebenbestimmungen versehen werden oder teilweise oder gar | |
| ganz widerrufen werden.“ Das schaffe nicht die nötige Rechtssicherheit für | |
| Investitionen. | |
| „Wenn der Landkreis selbst für die öffentliche Trinkwasserversorgung keine | |
| Bewilligung zugestehen will, stellt sich die grundsätzliche Frage, wofür | |
| die im Gesetz vorgesehene Rechtsform der Bewilligung dann künftig überhaupt | |
| noch erteilt werden könnte“, argumentiert Hamburg Wasser in einem | |
| Hintergrundpapier. Das Urteil des Gerichts werde daher Signalwirkung weit | |
| über Hamburg hinaus haben. | |
| Katja Bendig, Sprecherin des Kreises Harburg sieht kein Problem in der | |
| gehobenen Erlaubnis, „weil auch sie die Versorgungssicherheit garantiert“. | |
| Dem Landkreis verschaffe sie aber die Möglichkeit nachzujustieren, etwa | |
| falls sich der Klimawandel deutlich bemerkbar machen sollte. | |
| Andreas Hesse von der Klosterkammer Hannover befürchtet, dass der durch | |
| Trockenheit und Hitze ohnehin schon gestresste Wald zusätzlich leiden | |
| könnte, wenn der Grundwasserspiegel sinkt. „Wir haben in dem Entnahmegebiet | |
| ziemlich große Forstflächen“, sagt Hesse. Es sei nicht auszuschließen, dass | |
| die Grundwasserförderung den Zuwachs vermindere. „Allein die Gefahr gibt | |
| uns Anlass, dagegen vorzugehen“, sagt der Kammerdirektor. | |
| ## Mehr trockene Sommer | |
| Der Klimawandel habe die Situation insgesamt verschärft, warnt Gerhard | |
| Schierhorn. Er vertritt die [5][Interessengemeinschaft Nordheide (IGN)], | |
| die sich schon lange gegen die Hamburger Forderungen wehrt. Mehr trockene | |
| Sommer und eine längere Vegetationsperiode, in der die Pflanzen | |
| verhinderten, dass Wasser in die Tiefe sickere, schränkten die | |
| Grundwasserneubildung ein. | |
| Zwar [6][steigt der Jahresniederschlag im Westen Deutschlands tendenziell] | |
| – für Schierhorn ist das aber nicht entscheidend: „Es kommt darauf an, wie | |
| viel von dem Regen im Grundwasser ankommt“, sagt er. | |
| Schierhorn räumt ein, dass auch die Landwirtschaft viel Grundwasser | |
| verbrauche. Hamburgs Menge sei aber um ein Vielfaches höher. Der | |
| kombinierte Effekt sei fatal, insbesondere weil einige der Brunnen | |
| ausgerechnet in europäischen Flora-Fauna-Habitat (FFH)-Schutzgebieten | |
| lägen. „Es geht um die Höhe der beantragten Menge, nicht um das Ob“, sagt | |
| Schierhorn und macht einen Vorschlag: Hamburg könne einen Teil seines | |
| Trinkwassers ja wieder aus der Elbe gewinnen. | |
| 5 Oct 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Gernot Knödler | |
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