Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Trinkwasser: Der Durst der Metropole
> Niedersachsen sträubt sich gegen die Fortsetzung der Hamburger
> Wasserförderung in der Nordheide. Nach sechs Jahren Übergangsregelungen
> will die schwarz-gelbe Koalition ganz neu mit dem Nachbarn verhandeln.
Bild: Laut Heidedichter Hermann Löns "der Heide echtester Fluss": Die Örtze, …
Von einem "Erfolg für den Grundwasserschutz" spricht Miriam Staudte, grüne
Abgeordnete im niedersächsischen Landtag. Endlich hätten die
Regierungsfraktionen von CDU und FDP eingesehen, dass Hamburg Wasser zu
viel Trinkwasser in der Lüneburger Heide fördere. Sowohl die Menge als auch
der Zeitraum müssten "in diesem sensiblen Heidegebiet reduziert werden",
fordert die Lüneburgerin.
In der Tat haben CDU und FDP eine Kehrtwende vollzogen: Aus dem Wohlwollen
gegenüber den Hamburger Plänen ist die Forderung geworden, "die
Trinkwassergewinnung in der Nordheide in einem Verwaltungsabkommen zwischen
Niedersachsen und Hamburg zu regeln", sagt der CDU-Abgeordnete im
niedersächsischen Umweltausschuss Martin Bäumer. Die beantragte Fördermenge
von 16,6 Millionen Kubikmetern (m(3)) pro Jahr müsse reduziert werden.
Außerdem könnten, so Bäumer, nun "allein schon wegen des Klimawandels keine
Genehmigungen über 30 Jahre mehr erteilt werden".
Eben das aber hat das städtische Unternehmen Hamburg Wasser beim
zuständigen Landratsamt des Landkreises Harburg in Winsen / Luhe beantragt
(siehe Kasten), um den Durst der Metropole löschen zu können. Bereits seit
1983 fördern die Hamburger im Norden der Lüneburger Heide Trinkwasser. 25
Millionen m(3 )im Jahr hat man sich seinerzeit genehmigen lassen,
tatsächlich gefördert werden aber nur rund 14,5 Millionen m(3). So steht es
auf einer druckfrischen Antwort des Hamburger Senats auf eine Anfrage der
CDU-Umweltpolitikerin Birgit Stöver.
Die wasserrechtliche Erlaubnis jedoch ist bereits 2004 ausgelaufen und
wurde nur übergangsweise verlängert. Im erforderlichen Neuantrag spricht
Hamburg Wasser nun von 16,6 Millionen m(3) im Jahr. Insgesamt fördert der
Versorger in 18 Wasserwerken im Stadtgebiet und in der Umgebung jährlich
etwa 200 Millionen Kubikmeter Trinkwasser.
Dabei sind die Hamburger ausgesprochen sparsam mit dem wertvollen Nass: Ihr
Wasserverbrauch lag im Vorjahr bei täglich 108 Litern pro Einwohner, der
Bundesdurchschnitt liegt bei 125 Litern. Das städtische Wasserunternehmen
geht laut Geschäftsbericht 2009 von einem jährlichen Rückgang des
Verbrauches um mindestens 0,5 Prozent aus - und von entsprechenden
Umsatzrückgängen.
Gleichwohl fordern Umweltschützer im Umland, den Hamburgern die Brunnen zu
schließen. Schon jetzt würden viele Flüsse bis zu 50 Zentimeter weniger
Wasser führen, Bäche und Feuchtgebiete würden gelegentlich trockenfallen,
klagt etwa die Interessengemeinschaft Grundwasserschutz Nordheide (IGN).
"Wir wollen keine Lüneburger Wüste", spitzt IGN-Sprecher Karl Hermann Ott
es zu.
"Wir agieren in der Heide sehr sensibel", beteuert wiederum Carsten Roth,
Sprecher von Hamburg Wasser. Zwar sinke an zwei Stellen das Grundwasser
zeitweise ab - und damit fielen auch die Wasserstände von Flüssen oder
Bächen. Das sei aber saisonal bedingt und deshalb "reversibel", sagt
Unternehmenssprecher Roth. Schäden gebe es nicht: "Die Abflüsse sind gering
und für das Ökosystem verträglich."
Gar kein Verständnis hat er für die Forderung der Landtagspolitiker, die
Fördergenehmigungen künftig auf zehn Jahre zu begrenzen. Das neuerliche
Antragsverfahren laufe nun schon seit sechs Jahren, sagt Roth, da sei so
ein kurzer Zeitraum nicht realistisch. "Außerdem brauchen wir Sicherheit
für unsere Planungen und Investitionen und für die Versorgung der Hamburger
mit dem Grundnahrungsmittel Wasser."
Wann der Landkreis Harburg über den Antrag entscheidet, ist offen. Ebenso,
wie die politische Debatte im Niedersächsischen Landtag weiter geht. Ein
"Klimaschutzabschlag" bei der Fördermenge ist im Gespräch, auch eine
Preiserhöhung, die Hamburg wohl würde akzeptieren müssen - möglich ist aber
auch beides: weniger Wasser für mehr Geld.
12 Aug 2010
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kommentar Heide-Wasserförderung: Nachbarn müssen teilen
Ein Stadtstaat wie Hamburg kann sicher vieles, aber die vollständige
Selbstversorgung mit Trinkwasser ist nicht möglich. Also muss woanders
Wasser gefördert werden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.