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# taz.de -- Die Niederungen des Fußballs: Weißer und männlicher wird’s nic…
> Profifußball ist zu absurd geworden, aber die Regionalliga Nordost ist
> noch einmal ein ganz besonderer Fall. Man könnte Verschwörungen vermuten.
Bild: Chemie Leipzig Spieler Benjamin Luis wurde rassistisch beleidigt
Vielleicht werde ich paranoid, oder es ist tatsächlich eine riesige
Verschwörung im Gange. Als ich aufhörte, mich für die höheren Ligen des
Profifußballs zu interessieren, weil mir allzu viel daran lächerlich und
zynisch erschien, unterbrach Corona den [1][Spielbetrieb der unteren
Ligen]; seit dieser Saison läuft die Regionalliga Nordost wieder. Aber
seitdem tut die Liga, was sie kann, um mir mein zartes Interesse wieder zu
verleiden.
Es beginnt mit dem Nordostdeutschen Fußballverband (NOFV): Bei einem der
paar Spiele, bei der TeBe antreten konnte, wollte der Verein für Cura
werben, einen Hilfefonds für Opfer rechtsradikaler, rassistischer und
antisemitischer Gewalt. Der [2][Verband untersagte die Werbung, sie sei
politisch] und deswegen nicht mit den Statuten vereinbar. Außerdem habe man
„die Sorge, dass sich eine bestimmte Gruppe von Personen durch die Werbung
provoziert fühlen könnte“. Wer aber könnte das sein? Na ja, Rechtsradikale,
Rassist*innen und Antisemit*innen eben. Das sind die Leute, deren
Gefühle dem NOFV besonders am Herzen liegen.
Passend zu dieser Geisteshaltung grüßt der BFC von der Tabellenspitze. 27
Punkte aus 10 Spielen, 27 Tore geschossen, nur 9 kassiert. Es gibt keinen
Verein, dem ich das weniger gönne. Neulich haben sie zu Hause gegen Chemie
Leipzig gespielt, und bereits während des Spiels sollen die BFC-Fans mit
Kies gefüllte Becher Richtung Chemie-Bank geschmissen haben. Chemie-Spieler
Benjamin Luis wurde rassistisch beleidigt, dem Gästetrainer Miroslav
Jagatic wurde zugerufen, seine Sippe gehöre vergast.
Auf der anschließenden Pressekonferenz war sich BFC-Trainer Christian
Benbennek nicht zu schade zu sagen, dass nichts Besonderes passiert sei,
das sei zwar alles nicht schön, aber so sei der Fußball nun einmal.
Wahrscheinlich stimmt das aus BFC-Sicht sogar, schließlich hat der Verein
in seiner Pressemitteilung beklagt, Gästetrainer, -fans und -spieler hätten
die Situation „angeheizt“.
## Pool für rassistische Hools
Seit Jahrzehnten ist der BFC ein Pool für rassistische Hools und
rechtsextreme Gewaltbereite. Es ist ein Witz, wenn die Vereinsführung jedes
Mal die Einzelfalldiskussion aufmacht und ans Ende seiner Pressemitteilung
schreibt, der Verein setze „sich auch weiterhin gegen Rassismus ein“ und
biete eine sportliche Heimat für Menschen „unabhängig ihrer Herkunft,
Religion oder Hautfarbe“. Ob ihre Presseabteilung eigentlich schon mal im
Stadion gewesen ist, wenn der BFC spielt? Weil, weißer und männlicher
wird’s nicht.
Es gibt auch Leute im Verein, die das wissen: 2017 sagte der Sprecher des
Fanprojekts, Arthur Starker: „Ein Banner ‚BFCler gegen Rassismus‘ können
wir vergessen.“ Weil, das würde wahrscheinlich, um es in den Worten des
NOFV zu formulieren, „eine bestimmte Gruppe von Personen provozieren“.
Der NOFV hat angekündigt, ein Sportgerichtsverfahren einzuleiten. Ebenjenes
Sportgericht hat gerade den Saarbrücker Spieler Dennis Erdmann wegen
Rassismus für acht Spiele gesperrt. Am Ende wird man ironischerweise dem
BFC den Aufstieg wünschen müssen, damit solche Vorfälle wie gegen Chemie
besser dokumentiert und verfolgt werden. Es ist eine Verschwörung. Oder
jahrzehntelange Untätigkeit von Verantwortlichen und die Bereitschaft,
Rücksicht auf Rechtsextreme zu nehmen.
15 Sep 2021
## LINKS
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[2] /Werbung-beim-Fussball/!5789386
## AUTOREN
Frédéric Valin
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