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# taz.de -- Opposition in Russland: Kreml klont Kandidaten
> Vor der Dumawahl hiflt die Kremlpartei „Einiges Russland“ der
> angestrebten Zweidrittelmehrheit nach. Dabei arbeitet sie mit schmutzigen
> Tricks.
Bild: Und plötzlich gibt es drei Kandidaten mit dem Namen Boris Wischnewski
Natalia Michailowa aus der fernöstlichen russischen Kleinstadt Belogorsk
staunte nicht schlecht. Am kommenden Sonntag tritt die unabhängige
Journalistin bei den Wahlen für das Regionalparlament im Gebiet Amur für
die Liberal Demokratische Partei Russlands (LDPR) an – eine sogenannte
systemfreundliche Oppositionspartei.
Zu vergeben sind nicht nur 450 Sitze in der Staatsduma, sondern auch noch
Mandate in einigen Regional- und Stadtvertretungen. Merkwürdigerweise
tauchten jetzt [1][in Michailowas Wahlkreis noch zwei
Mitbewerber*innen] auf, die genau denselben Namen tragen.
Eine der Damen wurde mittlerweile wieder aus dem Rennen genommen, weil ihr
Vorstrafenregister etwas zu lang war. Die verbleibende Konkurrentin ist bei
der Verwaltung des Bezirkes Amur angestellt und hat absolut nichts mit
Belogorsk zu tun. „Wie kann sie da die Interessen der Bewohner*innen
von Belogorsk vertreten“, zitiert der sibirische Dienst von Radio Freies
Europa die „echte“ Michailowa.
Sie sitzt bereits im Belagorsker Stadtrat und veröffentlichte als
Chefredakteurin der Lokalzeitung Prosto Gazeta (Deutsch: Einfach eine
Zeitung!) bereits mehrfach Beiträge über die Veruntreuung staatlicher
Gelder im Transportwesen. Unlängst ging ihr Auto in Flammen auf. Michailowa
ist sich sicher, dass hinter der Kandidatur ihrer Namensvetterin die
Kremlpartei „Einiges Russland“ steht.
## Es wuchsen Bärte
Der Verdacht ist alles andere als abwegig. Denn offensichtlich ist sich die
Partei „Einiges Russland“, die stark an Zustimmung eingebüßt hat, ihres
Siegs nicht mehr so sicher. So bedarf es schon des einen oder anderen
schmutzigen Wahltricks, um einem halbwegs passablen Ergebnis etwas
nachzuhelfen.
Das Klonen von Kandidat*innen, das ein langjährig erprobtes Mittel ist,
kann derzeit auch andernorts besichtigt werden. Unlängst machte der Fall
Boris Wischnewski in der Metropole St. Petersburg Schlagzeilen. Wischnewski
gehört dem Petersburger Stadtparlament seit 2016 an. Er tritt für die
einzige echte Oppositionspartei, die liberale Jabloko, an und kolumniert
für die Putin-kritische Publikation Nowaja Gaseta.
Auch [2][Wischnewski bekam unlängst doppelte Gesellschaft]. Zwei
Mitbewerber hatten erst vor Kurzem eigens zu diesem Zweck noch ihre Namen
geändert. Lediglich der mittlere Name, der Vatersname, unterscheidet die
drei Protagonisten. Auch was ihr Aussehen betrifft, ereigneten sich
wundersame Verwandlungen. So tragen alle drei Wischnewskis jetzt Bärte und
sind kaum noch zu unterscheiden.
Das Trio infernale hatte zumindest in den sozialen Netzwerken einen
gewissen Unterhaltungswert. So tauchte beispielsweise auch die Leiterin der
Zentralen Wahlkommission, Ella Panfilowa, als Ella Wischnewskaja in einem
Tweet auf – mit schmuckem Bart, versteht sich.
## Jedes Mal schmutziger
Wischnewski, dessen Beschwerde gegen die Fake-Kandidaten von einem Gericht
abgelehnt wurde, war nicht zum Lachen zumute. „Jedes Mal, wenn es Wahlen
gibt, sagen wir, dass diese Wahlen die schmutzigsten gewesen sind, die es
jemals gegeben hat“, sagte Wischnewski. „Ich bin sicher, dass wir das auch
über die nächsten Wahlen sagen werden“, [3][zitiert der Guardian] den
Kandidaten.
12 Sep 2021
## LINKS
[1] https://www.rferl.org/a/russia-elections-journalist-clones/31451779.html
[2] https://www.rferl.org/a/russia-elections-dirty-tricks-memes/31449702.html
[3] https://www.theguardian.com/world/2021/sep/06/three-near-identical-boris-vi…
## AUTOREN
Barbara Oertel
## TAGS
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Russische Opposition
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