# taz.de -- Neue Bildungseinrichtung geplant: Hochschule für Humanisten | |
> Die Kirchen haben schon lange eigene Bildungseinrichtungen. Der | |
> Humanistische Verband will jetzt auch eine – doch es gibt Gegenwind. | |
Bild: Genug Platz für alle? Die religionsfreien Humanisten planen eine eigene … | |
Berlin taz | „Menschen brauchen einander“, „Den Tisch für alle decken!�… | |
das sind Themen aus dem Lehrplan für Humanistische Lebenskunde. Das Fach | |
wird in Berlin und Brandenburg als freiwilliger Weltanschauungsunterricht | |
vom Humanistischen Verband Deutschlands (HVD) angeboten und findet | |
wachsenden Anklang: Knapp 70.000 SchülerInnen haben sich im letzten | |
Schuljahr in Berlin dafür angemeldet – rund 4.000 weniger als beim | |
freiwilligen Religionsunterricht der [1][evangelischen Kirche]. Und | |
deutlich mehr als im [2][katholischen] Unterricht. | |
Während die Lehrkräfte der Kirchen an Hochschulen ausgebildet werden, | |
kommen die Humanisten aus einem verbandseigenen Ausbildungsinstitut. Das | |
soll sich ändern. Der HVD möchte in Berlin eine Humanistische Hochschule | |
gründen. Wenn es nach dem Verband geht, der sich als | |
Weltanschauungsgemeinschaft versteht, soll sie nach den gleichen Kriterien | |
vom Land gefördert werden wie die kirchlichen Hochschulen. | |
„Aus weltanschaulicher Perspektive ist eine Humanistische Hochschule neben | |
den kirchlichen Fachhochschulen eine wichtige Ergänzung“, heißt es von den | |
Humanisten. Nach eigenem Selbstverständnis vertritt der HVD mit bundesweit | |
rund 25.000 Mitgliedern die Interessen von religionsfreien Menschen in | |
Staat und Gesellschaft. Er beruft sich dabei auf Werte wie menschliche | |
Vernunft, Solidarität und Menschenrechte. | |
Der Verband betreibt Kitas, Beratungseinrichtungen und Hospize. In Berlin | |
und Brandenburg hat er eigenen Angaben zufolge 1.400 Beschäftigte. 400 | |
Lehrkräfte unterrichten das freiwillige Fach Humanistische Lebenskunde. Die | |
erste eigene Hochschule in Deutschland soll mit fünf Professuren und drei | |
Studiengängen starten – auch, um fehlende Fachkräfte auszubilden, so der | |
Verband. | |
## Zum Wintersemester 2022/23 soll es losgehen | |
Geplant sind zwei weiterbildende Masterstudiengänge für | |
Lebenskunde-Lehrkräfte und angewandte Ethik und ein Bachelor in Sozialer | |
Arbeit, Schwerpunkt „Spiritual Care“. Das religionsfreie Konzept behandle | |
unter anderem den Umgang mit existenziellen Fragen und einem Lebensende in | |
Würde, so Verbandssprecherin Sonja Giese. | |
Nach den Plänen des HDV soll die erste Humanistische Hochschule in | |
Deutschland ihren Betrieb im Wintersemester 2022/23 aufnehmen. Im Juni hat | |
der Verband seine Unterlagen zur Anerkennung der Hochschule bei der | |
zuständigen Senatsverwaltung eingereicht, wo sie derzeit geprüft werden. | |
Mit der Hochschulanerkennung ist es für die Humanisten aber nicht getan. | |
„Wir streben analog zu den konfessionellen Hochschulen eine | |
Landesfinanzierung an“, sagt Anja Krüger-Chan, Projektleiterin der | |
geplanten Hochschule, gegenüber der taz. Denn das Berliner Hochschulgesetz | |
sieht eine teilweise Kostenerstattung der beiden bestehenden kirchlichen | |
Hochschulen vor. | |
Als Weltanschauungsgemeinschaft, die seit 2018 in Berlin den Kirchen als | |
Körperschaft öffentlichen Rechts gleichgestellt ist, wähnt sich der Verband | |
mit einer neuen Hochschule ebenfalls berechtigt. Und stößt nicht überall | |
auf Zustimmung. | |
## Verteilungskämpfe vorprogrammiert | |
Die hochschulpolitische Sprecherin der Berliner Grünen, Eva Marie Plonske, | |
gibt etwa gegenüber der taz an, dass ihre Partei einen Rechtsanspruch auf | |
Landesfinanzierung nicht erkennen könne. Aus Landessicht sei es zudem | |
sinnvoller, die bestehenden Angebote der Berliner Hochschulen auszubauen, | |
der Humanistische Verband könnte dabei sehr gut integriert werden. | |
Der hochschulpolitische Sprecher der Berliner FDP-Fraktion, Stefan Förster, | |
sieht angesichts des Finanzbedarfs der bestehenden Hochschulen keinen | |
finanziellen Spielraum für weitere. Und er befürchtet eine Signalwirkung: | |
„Das zieht aus unserer Sicht weitere Konfessionen oder nichtkonfessionelle | |
Einrichtungen nach sich, die entsprechend auf Gleichbehandlung pochen.“ | |
Schließlich sind neben den beiden großen Kirchen über 20 | |
Religionsgemeinschaften Körperschaften des öffentlichen Rechts. Gegenwind | |
kommt auch von den staatlichen und kirchlichen Hochschulen in Berlin. | |
Anfang des Jahres fragte die Landeskonferenz der Rektoren und Präsidenten | |
in einer Stellungnahme: „Was soll bei diesem Gesamtangebot in Berlin der | |
Mehrwert einer humanistischen Hochschule sein?“ | |
Um den geplanten Campus im Gebäude der ehemaligen australischen Botschaft | |
in Pankow steht jedenfalls schon ein Bauzaun. | |
26 Aug 2021 | |
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## AUTOREN | |
Jessica Kliem | |
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