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# taz.de -- Proteste in Belarus – ein Jahr danach: Vom Alltag jenseits große…
> Mit der Online-Kolumne „Tagebuch aus Minsk“ begleitet die taz seit
> September 2020 die Ereignisse in Belarus. Es wird es wohl noch einige
> Folgen geben.
Bild: Kurzzeitig aus dem Sortiment genommen: Nivea-Creme
Ein gutes Jahr ist es her, dass die gefälschte Präsidentschaftswahl in
Belarus die Belarus*innen auf die Barrikaden gehen ließ und die größte
Protestbewegung hervorbrachte, die das Land seit seiner Unabhängigkeit im
Jahr 1991 erlebt hat. Fast genauso lange begleitet die taz die Versuche der
Zivilgesellschaft, die 27-jährige Diktatur von Alexander Lukaschenko hinter
sich zu lassen, mit dem Blog „Tagebuch aus Minsk“.
Janka Belarus (die Autorin schreibt aus Sicherheitsgründen unter Pseudonym)
und Olga Deksnis, ehemalige Teilnehmer*innen der Osteuropaworkshops der
taz Panter Stiftung, berichten im Wechsel über das, was seit einem Jahr in
ihrer Heimat geschieht. Alle Texte erscheinen nicht nur auf Deutsch,
sondern auch im russischen Original. Der Fokus liegt auf den kleinen
Geschichten des Alltags – auf dem, was in der Medienberichterstattung
häufig zu kurz kommt.
Das war und ist das ursprüngliche Anliegen dieses Projekts: die
Geschehnisse in Minsk nicht nur mit Blick auf die großen, spektakulären
Ereignisse, wie die von Lukaschenko verfügte Zwangslandung eines
Urlaubsfliegers in Minsk am 23. Mai 2021, zu erzählen. Vielmehr geht es um
die vielen kleinen Vorkommnisse, die das tägliche Leben der Menschen
prägen. Aber wie viel Alltag kann es geben in einer Zeit, in der die Angst
vor Hausdurchsuchungen, Festnahme und Folter wie ein Damoklesschwert über
den Menschen hängt? Menschen, die es wagen, für ihre Meinung auf die Straße
zu gehen.
Und oft genug greift die „große Politik“ in den Alltag der Menschen in
Belarus ein: Wenn die Machthaber [1][alle Nivea-Produkte aus den Läden
räumen lassen, weil die Kosmetikfirma ihr Sponsoring der Eishockey-WM in
Belarus zurückgezogen hat]. Wenn es reicht, eine fast zehn Jahre alte Hose
mit weiß-roter Borte zu tragen, um sich in Untersuchungshaft
wiederzufinden.
## Kriminelle Süßigkeiten
Oder wenn eine Rentnerin umgerechnet 180 Euro Strafe zahlen muss, weil sie
[2][eine belarussische rot-weiße Schaumzuckersüßigkeit zu einer
Demonstration mitgenommen hat]. Und wenn es immer schwerer wird, sich über
aktuelle Geschehnisse zu informieren, weil nach und nach alle unabhängigen
Medien abgeschaltet werden.
Was macht es mit der Psyche von Menschen, wenn die eigene Ohnmacht
allgegenwärtig ist verbunden mit dem Gefühl, sich nur noch im Kreis zu
bewegen und nicht mehr voranzukommen? Wenn die Gewalt auf den Straßen
zunimmt und immer mehr Freunde und Bekannte im Gefängnis landen?
„Ehrlich gesagt, möchte ich ein Tagebuch aus Minsk schreiben, in dem es um
den Frühling geht, die Liebe und ‚love cats‘, und nicht um diesen Müll, d…
hier jeden Tag abläuft“, schreibt Janka Belarus Ende März. Um dann von
einer Liebe zwischen einem Studenten und einer gleichaltrigen politischen
Gefangenen zu erzählen.
Wie oft haben wir, die wir die russischen Originaltexte ins Deutsche
übersetzen, immer wieder unruhig ins Postfach geschaut, wenn ein
Blogbeitrag auf sich warten ließ. „Ist sie noch zu Hause oder schon im
Gefängnis?“ Und nicht selten haben wir beim Übersetzen der brutalen
Schilderungen und der Hoffnungslosigkeit, die aus einigen Texten spricht,
selbst am Schreibtisch gesessen und geweint.
99 Folgen des „Tagebuchs aus Minsk“ sind bisher erschienen. Wir hatten im
vergangenen September nicht damit gerechnet, dass es so viele werden
würden. Aber wir werden weitermachen. Wir werden hoffen, bangen, manchmal
weinen. Über positive Wendungen und Zeichen der Hoffnung, sollte es sie
geben, werden wir uns jedoch umso mehr freuen.
Alle Folgen gibt es [3][hier].
21 Aug 2021
## LINKS
[1] /Nivea-Verbot-in-Belarus/!5758671
[2] /Absurdes-Gerichtsurteil-in-Belarus/!5714988
[3] /Kolumne-Notizen-aus-Belarus/!t5713571
## AUTOREN
Gaby Coldewey
## TAGS
Belarus
Schwerpunkt Krisenherd Belarus
Alexander Lukaschenko
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