| # taz.de -- Offensive in Afghanistan: Taliban umzingeln Kabul | |
| > Seit dem Abzug internationaler Truppen haben die radikalislamischen | |
| > Taliban etliche Provinzen eingenommen. Nun stehen sie 35 Kilometer vor | |
| > Kabul. | |
| Bild: Blick auf die Gebäude der US-Botschaft in Kabul. Afghanistans Hauptstadt… | |
| Kabul/Berlin afp/dpa/epd | Die radikalislamischen Taliban haben die | |
| afghanische Hauptstadt Kabul weitgehend umstellt. Am Samstagmorgen habe es | |
| Gefechte um Maidan Schar gegeben, Hauptstadt der rund 35 Kilometer von | |
| Kabul gelegenen Provinz Maidan Wardak, sagte die Abgeordnete Hamida Akbari. | |
| Die Taliban beherrschten bereits einen Großteil der Bezirke in der Provinz. | |
| [1][Landesweit setzten sich die Kämpfe] zwischen den Taliban und | |
| Regierungstruppen in mindestens fünf Provinzen fort. Auch in | |
| Masar-i-Scharif, wo die Bundeswehr noch bis Juni ihr Hauptquartier hatte. | |
| Die Stadt ist das wirtschaftliche Zentrum der Region im Norden und ein | |
| klares Ziel der Islamisten. Der berüchtigte Kriegsherr Abdul Raschid Dostum | |
| hatte dort zuletzt seine Milizen versammelt. | |
| Nach dem Fall der zweit- und die drittgrößten Stadt des Landes ist Kabul de | |
| facto die letzte Bastion der Regierungstruppen, die anderswo kaum oder gar | |
| keinen Widerstand leisteten. | |
| Der afghanische Präsident Aschraf Ghani kündigte derweil eine | |
| „Remobilisierung“ der Streitkräfte an. Dies habe „oberste Priorität“,… | |
| er am Samstag in einer Fernsehansprache. Zudem liefen „Beratungen“ mit | |
| politischen Verantwortungsträgern und internationalen Partnern über eine | |
| politische Lösung, um dem Land „Frieden und Stabilität“ zu sichern, | |
| versicherte der Präsident. | |
| ## Taliban seit Truppenabzug auf Vormarsch | |
| Seit [2][Beginn des vollständigen Abzugs] der Nato-Truppen aus Afghanistan | |
| im Mai haben die Taliban weite Teile des Landes unter ihre Kontrolle | |
| gebracht. Seit Freitag vergangener Woche nahmen die Islamisten rund die | |
| Hälfte der 34 afghanischen Provinzhauptstädte ein, darunter zuletzt auch | |
| die zweitgrößte Stadt Kandahar. | |
| Deutschland und andere Länder wie Großbritannien und Spanien kündigten am | |
| Freitag die Ausreise von Botschaftspersonal an. Die USA sagten das | |
| Ausfliegen tausender Menschen täglich zu und veranlassten die Zerstörung | |
| sensiblen Materials in ihrer Botschaft in Kabul. | |
| Aus Washington hieß es dennoch, Kabul befinde „sich im Moment nicht in | |
| einer unmittelbaren Bedrohungslage“. Ein Sprecher des | |
| US-Verteidigungsministeriums räumte jedoch ein, dass „die Taliban-Kämpfer | |
| versuchen, die Stadt zu isolieren“. | |
| In Online-Netzwerken waren zahlreiche Fotos und Videos zu sehen, in denen | |
| Kämpfer der Islamisten mit erbeutetem Kriegsmaterial posierten. Den | |
| Aufständischen fielen demnach zahlreiche gepanzerte Fahrzeuge, schwere | |
| Waffen und andere hochwertige Ausrüstung in die Hände. | |
| ## Kritik von Ex-Außenminister Spanta | |
| Der frühere afghanische Außenminister, Rangin Spanta, hat den kurzfristigen | |
| Abzug der internationalen Truppen aus seinem Land scharf kritisiert. „Der | |
| Abzug geschah sehr plötzlich, über Nacht, überstürzt“, sagte Spanta am | |
| Samstag im Deutschlandfunk. Die Bevölkerung sei vor vollendete Tatsachen | |
| gestellt worden und sitze nun in einer Falle. | |
| Er habe erhebliche Zweifel, dass man ein Land mit Hilfe des Auslands | |
| demokratisier könne, ohne die inneren Dynamiken des Landes adäquat zu | |
| berücksichtigen, sagte Spanta. Die militärische Präsenz sei beim | |
| internationalen Einsatz in Afghanistan überbetont worden, ohne die Ursachen | |
| für den Terrorismus zu bekämpfen. Man habe auch nicht den Staatsaufbau oder | |
| die Entwicklungspolitik in den Vordergrund gestellt. Stattdessen sei die | |
| afghanische Bevölkerung permanent bombardiert worden. | |
| Einige Errungenschaften beispielsweise im Bildungssektor, bei den | |
| Frauenrechten und der Pressefreiheit habe die ausländische Intervention | |
| über 20 Jahre lang gebracht, erläuterte der frühere Außenminister. „Das | |
| wird jetzt zum großen Teil wieder verloren.“ | |
| 14 Aug 2021 | |
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