# taz.de -- Profifußballerin über Englands Liga: „Es fehlt der Wumms“ | |
> Marisa Ewers ist seit Jahren in England Fußballprofi. Dort startet die | |
> Liga am Wochenende. Was Deutschland von der Super League lernen kann. | |
Bild: Weitblick: Marisa Ewers spielt seit fünf Jahren in England | |
taz: Frau Ewers, warum haben Sie sich damals entschieden, nach England zu | |
gehen? | |
Marisa Ewers: Vor fünf Jahren war die englische Liga noch nicht ganz so | |
weit wie heute, aber sie wurde langsam interessanter. Ich wollte das mal | |
ausprobieren. Außerdem hatte ich Lust, einen englischsprachigen Master zu | |
machen. Mittlerweile denke ich: Die Liga ist vielleicht die stärkste der | |
Welt. Da wäre es irgendwie blöd, wieder zu gehen. | |
Fußball und Studium haben bei der Entscheidung also gleichermaßen eine | |
Rolle gespielt? | |
Nicht ganz, Fußball ist schon die Hauptsache in meinem Leben. Aber ich | |
wollte auch immer ein zusätzliches Standbein haben. | |
Das bedeutet wahrscheinlich ziemlich viel Aufwand. | |
Es war schon eine Herausforderung, neben dem Studium Fußball zu spielen. Es | |
gab Zeiten, in denen ich dachte: Ich kann das jetzt nicht mehr. Aber das | |
war es mir immer wert. | |
In England haben Sie zunächst bei Birmingham City gespielt, seit zwei | |
Jahren laufen Sie für Aston Villa auf. Damit sind Sie in die zweite Liga | |
gewechselt. Warum? | |
Aston hatte überzeugende Pläne, die Mannschaft weiterzuentwickeln. Damals | |
haben die Spielerinnen lediglich Aufwandsentschädigungen bekommen, aber | |
seitdem hat sich der Klub enorm entwickelt. Davon wollte ich Teil sein. Ich | |
fand es cool, mal die Leaderrolle als erfahrene Spielerin einzunehmen. | |
Wie kam es zu dieser Entwicklung bei Aston Villa? | |
Die beiden Besitzer des Klubs hatten entschieden, in den Frauenfußball zu | |
investieren, ihn zu professionalisieren. Also erging der Auftrag an die | |
Trainer, eine Mannschaft zusammenzustellen, die es in die erste Liga | |
schafft. Der Kader wurde umstrukturiert, die Trainer wollten Spielerinnen | |
aus der ersten Liga, so wie mich. Denn die unterstützen das Team mit ihrer | |
Qualität und Profi-Erfahrung. | |
Was waren die nächsten Schritte zur Professionalisierung? | |
Im ersten Jahr haben die Spielerinnen tagsüber noch gearbeitet und es gab | |
nachmittags und abends je eine Trainingseinheit. Das wurde dann langsam | |
umgestellt, unser Training fängt mittlerweile morgens an, so wie bei jedem | |
Erst- und fast jedem Zweitligaverein in England. Außerdem wurde das Team um | |
die Mannschaft herum vergrößert, zum Beispiel mit Athletik-Coaches und | |
Physios. Letzten Sommer sind wir zum Glück in die erste Liga aufgestiegen, | |
dann wurde nochmals viel investiert. | |
Wie groß ist der Unterschied zwischen erster und zweiter Liga? | |
Die zweite Liga entwickelt sich, sie ist mittlerweile fast voll | |
professionell. Es gibt nur noch ein paar Mannschaften, in denen die | |
Spielerinnen nebenbei arbeiten müssen. Weil sich die Qualität der Liga | |
verbessert und weil selbst dort jetzt mehr bezahlt wird, gehen auch mehr | |
Spielerinnen in die zweite Liga. Sie wird also auch immer attraktiver und | |
spannender. | |
Wenn Sie nun an den Frauenfußball in Deutschland denken – was ist anders | |
als in England? | |
Der Frauenfußball wird in England [1][medial besser präsentiert]. Viele | |
Vereine wie zum Beispiel Manchester City haben einen gemeinsamen | |
Twitter-Account für die Frauen und Männer. Das schafft natürlich viel mehr | |
Aufmerksamkeit. Die Unterstützung vom Männerfußball ist größer als in | |
Deutschland. Es gibt natürlich immer noch die Kritiker, die den | |
Frauenfußball ablehnen. Aber die Vereine unterstützen uns einfach trotzdem. | |
Klingt, als gäbe es in England viel, was Sie im deutschen Frauenfußball | |
noch vermissen. | |
In Deutschland ist die Qualität ja eigentlich schon seit Jahren gegeben. | |
Aber es wäre einfach gut, [2][wenn es Vollprofimannschaften gäbe]. Wenn | |
also zum Beispiel genauso wie hier vorgegeben wäre, dass sie zwischen 9 Uhr | |
und 17 Uhr trainieren müssen. Wenn die Liga professioneller werden soll, | |
muss halt investiert werden. Die englische Liga wird aktuell besser | |
vermarktet. Allein der Name: Women’s Super League klingt einfach besser als | |
Flyeralarm-Frauenbundesliga. In Deutschland fehlt da noch ein bisschen | |
Wumms. | |
Welche Strukturen müssten die Initiative ergreifen, um das zu ändern? | |
Ich glaube, ein Verband kann so was immer unterstützen. Viel wichtiger ist | |
aber, dass sich die Vereine selbst dazu entscheiden, den Frauenfußball zu | |
pushen. Es sollte ihnen nicht aufgedrückt werden, sie müssten selbst | |
dahinterstehen. Ich würde mir außerdem mehr weibliche Führungsrollen im | |
Fußball wünschen. Das ist einfach wichtig, um verschiedene Blickpunkte und | |
Meinungen zu haben. Dadurch kommt man besser voran. | |
Die einzigen Vereine, die die Mittel haben, kräftig in den Frauenfußball zu | |
investieren, sind die mit einer erfolgreichen Männermannschaft. Ist das | |
nicht eine Gefahr für traditionelle Frauenfußballvereine? | |
Das ist natürlich die Kehrseite der Medaille. Die traditionellen Vereine | |
wie Potsdam, Essen oder Sand werden wahrscheinlich nicht mehr lange | |
überleben können. Ab einem gewissen Zeitpunkt ist Investment nun mal | |
wichtig. Da ist es einfach schlau, sich den Männerklubs anzuschließen, denn | |
die haben ganz andere Ressourcen. Alles, was dort schon vorhanden ist, kann | |
eine Frauenmannschaft mitnutzen. Das Medienteam, das Marketing, die | |
Trainingsplätze. Das ist ein ganz anderer Start, als alles selbst neu | |
aufzubauen. Ich sehe das deshalb weniger als Problem. Für mich ist das ein | |
Benefit. | |
3 Sep 2021 | |
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## AUTOREN | |
Marie Gogoll | |
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