# taz.de -- Kunstaktion zur Neuen Nationalgalerie: Wo das Schwere leicht scheint | |
> Willkommen zurück: Mit „Mies in Mind“ senden 31 Berliner Galerien einen | |
> freundschaftlichen Gruß an die wiedereröffnete Neue Nationalgalerie. | |
Bild: Maria Taniguchi, „Mies 421“, 2010 | |
BERLIN taz | Noch wird am Donnerstag fleißig gewerkelt auf dem Platz vor | |
der Neuen Nationalgalerie. Zaunelemente stehen herum. Transporter bringen | |
Materialien für den Innenausbau. Auch Fahrzeuge von Caterern sind bereits | |
zu sehen. Am Sonntag steht die Wiederöffnung des wunderbaren Glaspalastes | |
von Mies van der Rohe an. | |
Damit dieses Ereignis in den räudigen Weiten der Stadt nicht unbemerkt | |
bleibt, haben 31 Berliner Galerien zum Feiern eingeladen. Auf Initiative | |
von Kirsa Geiser, der umtriebigen Herausgeberin des Kunstkalenders Index | |
Berlin, organisieren sie das Programm „Mies in Mind“. Künstler*innen der | |
beteiligten Galerien setzen sich mit dem Wirken von Mies und den von ihm | |
bearbeiteten Themen auseinander. | |
Das geschieht teilweise sehr opulent. Die Kreuzberger Galerie Buchmann hat | |
ihren white cube komplett geleert und lässt von der breitesten Wand im Raum | |
Bettina Pousttchis gewaltige Fototapete der Fassade des Seagram Buildings | |
in New York zu Boden wogen, den gesamten Fußboden bedecken und sogar | |
zurückschwingen. Mies van der Rohe schuf in den 1950er-Jahren diesen 157 m | |
hohen Wolkenkratzer. Der Migrant aus Europa hatte keine US-Lizenz als | |
Architekt, und arbeitete auch deshalb mit dem US-Architekten und | |
Architekturkritiker Philip Johnson zusammen. | |
Die Fensterbänder des 38-geschossigen Baus ziehen sich jetzt durch die | |
Galerie – und erinnern daran, dass Mies auch groß konnte. Freilich nicht | |
hier, sondern in Übersee. Sein bei einem Ideenwettbewerb für die | |
Friedrichstraße vor genau 100 Jahren eingereichter Entwurf eines Hochhauses | |
aus Glas und Stahl wurde bekanntlich nicht realisiert. | |
Einem kleineren Mies-Bau, dem Barcelona Pavillon, widmet sich die Galerie | |
Nordenhake. Der zur Weltausstellung 1929 in Barcelona entstandene Bau | |
zeichnet sich durch eine ähnliche Klarheit wie die Neue Nationalgalerie | |
aus. Er besticht im Inneren aber zusätzlich durch die reichhaltigen | |
Materialien wie etwa Onyx-Marmor. Die Ausstattung geht weitgehend auf Ideen | |
der Designerin und Architektin Lilly Reich zurück, die viel mit Mies | |
zusammenarbeitete, deren Anteil aber lange unterschätzt wurde. | |
Den Schwung der roten Vorhänge im Pavillon nimmt Spencer Finch auf. | |
Christian Andersen demontierte den ikonisch gewordenen Barcelona-Sessel von | |
Mies. Zwei gewaltige, jeweils fast eine Tonne wiegende Stahlplatten Richard | |
Serras balancieren aufeinander und kommentieren so die Leichtigkeit, die | |
die Baukörper von Mies trotz des Gewichts ihrer Materialien immer wieder | |
ausstrahlen. Für die „Mies in Mind“-Intervention nutzt Galerist Sten | |
Nordenhake ein eigenes kleines Kabinett. | |
Auch Barbara Wien hat, unmittelbar gegenüber der Neuen Nationalgalerie, | |
einen extra Raum für ihren Beitrag zu den Van-der-Rohe-Feierlichkeiten | |
hergerichtet. Peter Piller stellt hier einen Teil der Fotografien aus, die | |
bereits in der früheren Villa Lemke, ebenfalls von Mies erbaut, in | |
Hohenschönhausen zu sehen waren. Piller ließ sich dort zu Kompositionen zum | |
Sitzen und Liegen inspirieren. | |
Der Galerienparcours feiert nicht nur die Wiedereröffnung der Neuen | |
Nationalgalerie am Sonntag. Die beteiligten Galerien wollen natürlich auch | |
von den zahlreichen Sammler*innen profitieren, die sich zum | |
Eröffnungsevent angesagt haben. „Die Reisetätigkeit war durch Corona doch | |
sehr eingeschränkt. Das haben wir in unserer Arbeit massiv zu spüren | |
bekommen“, sagte Barbara Wien der taz. | |
„Mies in Mind“ ist eingebettet in das Format „Sunday Open“. Das ist eine | |
ebenfalls von Index Berlin verantwortete Initiative, die auf die schwierige | |
Situation im Lockdown reagierte. Galerien und Museen waren eine Zeitlang | |
geschlossen. Als sie wieder öffneten, steckten viele potentielle | |
Besucher*innen wochentags noch im Homeoffice. | |
„Sunday Open“ lockt sie am Wochenende wieder in die Kunstorte. Die jetzige | |
Ausgabe legt sich wie ein schmückender Ring um den Mies-Bau. | |
20 Aug 2021 | |
## AUTOREN | |
Tom Mustroph | |
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