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# taz.de -- Abgeordnetenhauswahl am 26. September: Wenn Berlin ganz grün wäre…
> Die grüne Spitzenkandidatin Bettina Jarasch stellt vor dem Roten Rathaus
> ihr Kurz-Regierungsprogramm mit zehn Punkten vor.
Bild: Im Kurz-Regierungsprogramm der Grünen Bettina Jarasch ist Klimaneutralit…
Berlin taz | Klimaneutralität: Das wäre das erste und oberste Ziel von
Bettina Jarasch, wenn sie am 26. September mit den Grünen die
Abgeordnetenhauswahl gewänne und nachher Berlins erste Regierende
Bürgermeisterin würde. Wäre, gewänne, würde: Denn dieser letzte Mittwoch im
August, an dem Jarasch ihr [1][Kurz-Regierungsprogramm] vorstellt, ist
zugleich der Tag, an dem die Grünen erstmals seit über drei Jahren in
Berlin hinter der SPD liegen. Eine [2][neue Umfrage] sieht sie nur noch mit
18 Prozent auf Platz zwei, klar hinter der SPD mit 22 und knapp vor der CDU
mit 16.
Der Tag hatte gar nicht schlecht begonnen für Jarasch, jedenfalls
wettermäßig. Das Regierungsprogramm, das nun etwas weiter weggerückt ist,
stellen die Grünen nämlich open air vor, genau vor dem Haus, von dem aus
Jarasch es gerne umsetzen würde – grüne Banner, Plakate und eine
gleichfarbige Stellwand stehen darum am Mittwochmorgen vor dem Backstein
der Senatskanzlei im Roten Rathaus.
Der gerade so häufige Regen bleibt aus, im Hintergrund wehen Flaggen, die
gedachte Szenerie für das halbe Dutzend anwesender Fotografen klappt.
Noch-Regierungschef Michael Müller hätte sich das sogar aus seinem
Dienstzimmer ansehen können. Hätte. Denn wie eine Nachfrage bei
Vize-Senatssprecher Julian Mieth ergibt, ist Müller gerade gar nicht im
Rathaus. Ihn braucht Jarasch auch gar nicht zu vertreiben: Müller geht von
allein und will Bundestagsabgeordneter werden – und gerne auch Minister.
Franziska Giffey, seine Nachfolgerin an der SPD-Spitze, war schon
Ministerin und geht nun den umgekehrten Weg, der sie in ebenjenes
Dienstzimmer bringen soll.
Am Wochenende hat sie mehr als deutlich gemacht, dass sie Müllers
rot-rot-grüne Koalition eher nicht fortsetzen wird: „Rote Linien“ hat sie
gezogen, ein seither viel zitierter Begriff. Die „rote Linie“ sind für sie
Enteignungen, wie sie der am Tag der Wahl gleichfalls anstehende
Volksentscheid fordert. Kommt für Giffey als Koalitionspartner nicht
infrage. Die Linkspartei wäre damit raus, sie hat Enteignungen zu ihrem
zentralen Wahlkampfthema gemacht. Für die Grünen hingegen gilt das nicht:
Dort hat zwar Jarasch angekündigt, dass sie persönlich mit Ja stimmen will,
hat aber zugleich vor vier Wochen mit ihrem Mietenschutzschirm eine
Alternative zu Enteignungen vorgeschlagen.
Die grüne Spitzenkandidatin plädiert vor dem Roten Rathaus weiter dafür, an
dem jetzigen Bündnis festzuhalten, bloß unter grüner Führung. „R2G hat
dieser Stadt gutgetan, die Koalition passt zu Berlin, anders als eine
sogenannte Deutschlandkoalition aus SPD, CDU und FDP“, sagte sie und zieht
eine klare Grenze zu Giffey. Zur Wahl stehen am 26. September aus Jaraschs
Sicht einerseits dringend nötige Veränderungen, andererseits ein „Alles
bleibt, wie es ist“. Giffeys „rote Linien“ empfindet sie als befremdlich …
„das ist schlechter Stil vor der Wahl“, sagt sie der taz. Ihr
Kurz-Regierungsprogramm steht nur eine knappe Stunde vor dem Roten Rathaus,
bevor die Stellwand wieder auf einem Anhänger landet. Zehn Punkte sieht es
vor, aufgeschrieben auf einer bunten Berlinkarte mit viel Wasser und roten
Pollern für geschützte Radwege. Der besagte Mietenschutzschirm taucht
gleich als zweitwichtigster Punkt auf – 50 Prozent der Wohnungen will
Jarasch in gemeinwohlorientierte Hände bringen (die auch privaten
Eigentümer gehören können).
Einen „Hauptstadt-Takt“ verspricht sie zudem, bei dem es in dicht
besiedelten Gebieten alle fünf Minuten ein Bus- oder Bahn-Angebot geben
soll, in der City genauso wie in den Außenbezirken. In ruhigeren Gegenden
soll das alle zehn Minuten der Fall sein.
Das soll auch die Basis für Punkt vier sein, autofreie Kieze in ganz
Berlin. Auch Schulen, Vielfältigkeit und Digitalisierung kommen vor.
Erst als zehnter und letzter Punkt – als ob die Grünen die ihnen wiederholt
unterstellte Wirtschaftsferne bestätigen wollen – folgt das Thema
nachhaltige Wirtschaft. Klimaschutz sei Wirtschaftspolitik, „und die
Wirtschaft will das“, sagt Jarasch. Ihr Problem: Die Wählerschaft will
hingegen aktuell im Roten Rathaus nur zu 18 Prozent die Grünen, die Ende
April beim selben Umfrageinstitut noch bei 25 Prozent lagen, bei einem
anderen sogar bei 27 Prozent. Bleibt es bei diesem Trend, wird in jenem
Dienstzimmer im ersten Stock Franziska Giffey einziehen, mit einem
Regierungsprogramm, bei dem der oberste Punkt [3][nicht Klimaneutralitä]t
ist.
25 Aug 2021
## LINKS
[1] https://gruene.berlin/wahl-2021/kurz-regierungsprogramm
[2] https://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/berlin.htm
[3] https://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/berlin.htm
## AUTOREN
Stefan Alberti
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