# taz.de -- „Jugend debattiert“ im Abgeordnetenhaus: Werbung für mehr Rede… | |
> Endlich mal ganz ohne Floskeln: Im Parlament diskutieren junge Erwachsene | |
> mit den Berliner Spitzenkandidat*innen. | |
Bild: In die Zange genommen: Klaus Lederer (Linke) bei „Jugend debattiert“ | |
Berlin taz | Vielleicht hat er das unterschätzt mit dieser Debatte mit den | |
jungen Leuten. Jedenfalls wirkt Klaus Lederer, der Spitzenkandidat der | |
Linkspartei, am Montag schnell etwas eingeschnappt in dem Schlagabtausch | |
über die Enteignung von Wohnungsunternehmen, dem größten Wahlkampfthema | |
seiner Partei. | |
Vielleicht ist Lederer vom Ort der Debatte auch ein anderes Niveau gewöhnt. | |
Dort, wo er sonst als Senator vor über 150 Parlamentariern sitzt, im | |
Plenarsaal des Abgeordnetenhauses, fordern ihn und die anderen | |
Spitzenkandidaten nun sechs junge Frauen und Männer, Absolventen Berliner | |
Gymnasien, die in den vergangenen drei Jahren beim Wettbewerb „Jugend | |
debattiert“ erfolgreich waren. | |
Und da steht nun neben ihm der diesjährige Landessieger Robin Specht und | |
drängt ihn zu beantworten, wie die Entschädigung für die Enteignungen denn | |
zu bezahlen wäre. Lederer verweist auf Kredite und auf Einnahmen aus der | |
Vermietung. Specht kontert: Wie das bei einer Entschädigung möglich sein | |
soll, die bis zu 40 Milliarden Euro kosten kann, knapp 60 Prozent des | |
ohnehin schon über 60 Milliarden hohen Berliner Schuldenstands. | |
Lederer wiederholt sich, erzählt wieder von den Einnahmen, über die sich | |
das ohne Geld aus dem Landeshaushalt abzahlen lassen soll. Specht hakt | |
nach, will erklärt haben, wie das möglich ist, weil die Linkspartei mit der | |
Enteignung ja auch noch die Mieter entlasten will – „dann haben Sie doch | |
noch weniger Geld zur Verfügung“. | |
Besser hätte das auch kein Profi-Interviewer gemacht. Was an diesem | |
Nachmittag im Abgeordnetenhaus via Livestream zu erleben ist, ist beste | |
Werbung dafür, Redekultur und präziser Ausdrucksweise in Schulen mehr Raum | |
zu geben. | |
Die sechs jungen Leute, die Jüngsten gerade 17-jährig, zeigen, was Debatten | |
in Reinkultur sind. Sie argumentieren inhaltsreich, ohne zu langweilen, sie | |
spitzen auch zu, ohne populistisch zu werden, sie arbeiten nicht mit | |
Emotionen und persönlichen Haltungen, sondern mit Fakten. | |
## Nix mit „schallender Ohrfeige“ | |
Und das Schöne: Sie tun das ohne die an selber Stelle in Parlamentsdebatten | |
öfter zu hörenden Floskeln. Keiner spricht von einer „schallenden | |
Ohrfeige“, keine hält der anderen Seite vor, er oder sie habe „seine | |
Hausaufgaben nicht gemacht“. | |
Alle sechs Politiker – für die CDU springt für Spitzenkandidat Kai Wegner | |
Generalsekretär Stefan Evers ein – haben nach dem Schlagabtausch noch je | |
eine Minute für Wahlwerbung. Dabei lässt die Grüne Bettina Jarasch | |
aufhorchen. Während die anderen bloß auffordern und bitten, für ihre | |
Parteien zu stimmen, sagt Jarasch auch, wer das nicht tun soll: „Wenn Sie | |
glauben, dass alles schon gut ist und sich nichts ändern soll, dann sollten | |
Sie mich lieber nicht wählen.“ | |
23 Aug 2021 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
Wahlkampf | |
Abgeordnetenhauswahl 2021 | |
Jugendliche | |
Abgeordnetenhaus | |
Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Abgeordnetenhauswahl am 26. September: Wenn Berlin ganz grün wäre … | |
Die grüne Spitzenkandidatin Bettina Jarasch stellt vor dem Roten Rathaus | |
ihr Kurz-Regierungsprogramm mit zehn Punkten vor. |