# taz.de -- Abgeordnetenhaus-Wahlkampf in Berlin: Es wäre Zeit für den Angriff | |
> Bislang dominiert die SPD-Spitzenkandidatin den Wahlkampf mit frechen | |
> Forderungen. Linke und Grüne lassen sich düpieren. Warum reagieren sie | |
> nicht? | |
Bild: Wenn's ums Handy geht, passt kein Blatt zwischen die drei: Giffey, Jarasc… | |
So langsam hat man in diesem Wahlkampf das Gefühl, es gebe nur noch eine | |
Kandidatin für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin: Franziska Giffey. | |
Ungetrübt [1][von allen Plagiatsvorwürfen] und der Tatsache, dass ihre SPD | |
seit Jahrzehnten mit an der Macht und damit auch verantwortlich für die | |
aktuelle Lage in Berlin ist, haut die einstige Bundesfamilienministerin | |
eine These nach der anderen raus und erntet entsprechende Beachtung in den | |
Medien. Und die anderen Parteien schauen staunend zu. | |
Dabei betreffen diese Thesen durchaus auch sie, zumindest im Fall der | |
Noch-Koalitionspartner Grüne und Linke. Denn Giffey arbeitet sich an der | |
aktuellen Regierung ab, deren progressive Ziele sie offenbar nicht teilt. | |
Das stellt zwar ihre Partei vor eine Belastungsprobe. Solange die | |
Spitzenkandidatin am Ende aber liefert, sprich die Wahl gewinnt und – mit | |
welcher Koalition auch immer – entsprechende Posten verteilen kann, dürfte | |
das die SPD erst mal ruhigstellen. | |
Das zuletzt von Linken und Grünen immer wieder geforderte Bekenntnis | |
Giffeys zu Rot-Rot-Grün läuft dabei ins Leere: Die Taktik des | |
Co-Vorsitzenden und Strippenziehers Raed Saleh zielt ja gerade darauf ab, | |
im Lager rechts von der Mitte Stimmen zu holen. Jede Koalitionsaussage | |
würde dem widersprechen. | |
Stattdessen – und auch das gehört zu Giffeys Taktik – stellt sie lange vor | |
dem Wahltag Bedingungen für eine Koalition. Ob es die erneute Übernahme des | |
Stadtentwicklungs- und Bauressorts im nächsten Senat betrifft, dessen | |
Verlust 2016 die SPD immer noch nicht verkraftet hat, oder, wie jetzt am | |
Wochenende, die von der Spitzenkandidatin einfach mal so gesetzte „rote | |
Linie“, dass mit ihr ein Enteignungsgesetz nicht zu machen sei, selbst wenn | |
die Berliner*innen beim Volksentscheid dafür stimmen sollten. | |
## Frech, um nicht zu sagen unverschämt | |
Das ist frech, um nicht zu sagen unverschämt: Zum einen, weil es potenziell | |
den Willen der Wähler*innen missachtet (der sonst ja immer so wichtig | |
ist, wenn man den Aussagen der Politiker*innen glaubt), und zum | |
anderen suggeriert, dass die SPD auf jeden Fall Teil der nächsten Regierung | |
ist. Aber muss das so sein? Und selbst wenn es wahrscheinlich ist: | |
Wahlkampf ist doch die Zeit der Ungewissheiten. Warum stellt es niemand | |
einfach mal in Frage? | |
Während die CDU entspannt an der Seitenlinie steht und genussvoll dem | |
Treiben zuschaut, lassen sich Linke und Grüne diese permanenten Nadelstiche | |
und die Präsenz Giffeys auf ihre Kosten gefallen. | |
Das mochte angehen, solang die SPD abgeschlagen in der Defensive war. Doch | |
ausruhen dürfen sich die Noch-Koalitionspartner darauf nicht. Im Gegenteil: | |
Es wird Zeit für den Angriff auf eine Kandidatin, die inhaltlich längst | |
nicht so klar aufgestellt ist wie sie immer tut. | |
23 Aug 2021 | |
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## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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