# taz.de -- Berlins Klinikbewegung und die SPD: Wer hat sie verraten? | |
> Das Streikrecht sei der SPD heilig, betont die Partei. Doch umsetzen | |
> konnte sie es im aktuellen Konflikt nicht. Nun droht der SPD der | |
> Super-Gau. | |
Bild: Protest am Montag vor der Vivanteszentrale | |
Deutlicher konnte die SPD-Spitze ihre Unterstützung für die Klinikbewegung | |
nicht ausdrücken. Deren [1][Forderung nach gleichem Lohn] für gleiche | |
Arbeit, sprich die Abschaffung von ausgelagerten Billiglohngesellschaften, | |
sei „Sozialdemokratie pur“, sagte Raed Saleh am Montagabend auf dem | |
Sommerfest der Partei. Und das Recht, für diese Forderungen zu streiken, | |
sei quasi die DNA der Partei: „Dafür stehen wir seit unserer Gründung vor | |
mehr als 150 Jahren.“ Dennoch droht der Berliner SPD ein Super-GAU mitten | |
im Wahlkampf. | |
Denn ausgerechnet der landeseigene Klinikkonzern Vivantes, dessen | |
Aufsichtsrat von SPD-Finanzsenator Matthias Kollatz angeführt wird, geht | |
[2][juristisch gegen die geplanten Streiks] vor. Am Montag war er damit | |
erfolgreich, an diesen Dienstag werden die Verhandlungen vor Gericht | |
fortgesetzt. Die rechtliche Lage sei kompliziert, gab Saleh vor einer | |
Delegation von Klinikmitarbeitenden zu. Seine Lösung: Man müsse unbedingt | |
miteinander im Gespräch bleiben, miteinander reden. | |
Mit dieser ausgestreckten Hand will die SPD aber lediglich überdecken, dass | |
sie offenbar in den vergangenen 100 Tagen eben keine Gespräche geführt hat | |
– so lange lief das Ultimatum der Krankenhausbewegung. Und es war jedem | |
klar, dass es zum Streik kommen würde: Die Forderungen der | |
Klinikmitarbeitenden wurden zwar von Rot-Rot-Grün unterstützt, aber | |
umgesetzt wurde davon nichts. Und der Frust unter vielen Beschäftigten bei | |
Vivantes und der Charité ist groß. Streikerprobt sind sie auch, wie die | |
Arbeitskämpfe seit 2015 gezeigt haben. | |
Wenn der SPD, ihrer Spitzenkandidatin und ihren Senator*innen das | |
Streikrecht also wirklich so wichtig ist wie betont wird, warum haben sie | |
dann nicht im Vorfeld mit den landeseigenen Kliniken geredet und | |
sichergestellt, dass der Arbeitskampf stattfinden kann? Warum wurde die | |
Zeit des Ultimatums nicht genutzt, um im Dialog mit der Klinikbewegung | |
ausgiebig nach Lösungen und Verbesserungen zu suchen? | |
## Die SPD ist jetzt auf Glück angewiesen | |
Nun ist die Partei auf pures Glück angewiesen. Nur wenn die Gerichte | |
zugunsten des Streikrechts entscheiden, ist die Politik, sprich der Senat | |
überhaupt wieder handlungsfähig. Ansonsten droht eine Auseinandersetzung | |
mit den Gewerkschaften bis zum Ende des Wahlkampfs, die die Glaubwürdigkeit | |
der SPD erschüttern würde. Vielleicht hat sie die Klinikbewegung nicht | |
verraten, aber zumindest vergessen oder zu lange ignoriert. | |
24 Aug 2021 | |
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## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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