# taz.de -- Afghanische Helfer*innen evakuieren: Sicher aus dem Land | |
> Deutsche Medien fordern die Bundesregierung auf, afghanische | |
> Journalist*innen aus dem Land zu holen. Ihnen droht Gewalt durch die | |
> Taliban. | |
Bild: Einheimische Medienmitarbeiter*innen sind besonders gefährdet | |
Nachdem britische Zeitungen und Sender bereits in der vorletzten Woche eine | |
gemeinsame Kampagne zur Erteilung von Sondervisa für ihre afghanischen | |
Helfer*innen gestartet haben, ziehen jetzt die deutschen Medien nach. | |
Bislang unterstützen neben der taz, Spiegel, Zeit, Stern, Süddeutsche | |
Zeitung, die FAZ, Arte, n-tv, RTL, Deutsche Welle, Deutschlandradio, die | |
Deutsche Presseagentur (dpa), der Verlegerverband BDZV und die | |
Hilfsorganisation Reporter ohne Grenzen die Aktion, die in einen | |
entsprechenden [1][Aufruf an die Bundesregierung am Sonntag veröffentlicht | |
wurde]. | |
„Dass die Taliban so schnell vorankommen, hat keineR geahnt“, sagt | |
Spiegel-Auslandschef Mathieu von Rohr. „Wir brauchen jetzt eine politische | |
Lösung für die journalistischen Mitarbeiter und konkrete Hilfe im | |
Einzelfall“. Er sagt: „Wenn alle großen Medien den Aufruf unterstützen, | |
wird sich hoffentlich etwas bewegen“ – zumal die Zahl der Betroffenen | |
überschaubar sei. | |
Allerdings blocke die Bundesregierung entsprechende Initiativen seit | |
Wochen ab, heißt es im Kreis der Initiatoren des Aufrufs. Von Ignoranz und | |
überbordender Bürokratie ist die Rede. Sollten die einheimischen | |
Mitarbeiter*innen und ihre Familien keine Möglichkeiten zur Ausreise | |
bekommen, drohe ihnen körperliche Gewalt, Gefängnis, Folter und Tod. Denn | |
die Taliban setzen seit Jahren auf die gezielte Ermordung von | |
Journalist*innen, die für westliche oder unabhängige afghanische Medien | |
arbeiten. 2020 wurde Elyas Dayee getötet, der für Radio Free Afghanistan | |
arbeitete. Erst im Juli wurde der Pulitzerpreisträger Danish Siddiqui | |
umgebracht; der Leichnam des Fotografen wurde von den Taliban verstümmelt. | |
## Sicherheit der Mitarbeiter | |
Die ARD, die ihre Afghanistan-Berichterstattung vom Studio Neu-Delhi in | |
Indien aus koordiniert, hat für den Bereich Fernsehen in Afghanistan einen | |
Mitarbeiter („Stringer“). Der Hörfunk hat zwei Mitarbeiter, von denen einer | |
hauptsächlich für eine internationale Nachrichtenagentur arbeitet. | |
„Natürlich blicken die örtlichen Mitarbeiter mit Sorge auf die aktuellen | |
Entwicklungen. Oberste Priorität bei unserer Berichterstattung hat immer | |
die Sicherheit unserer Mitarbeiter“, so die ARD auf Anfrage. Drehs und | |
Recherchen würden nur realisiert, wenn die Sicherheitslage es erlaubt. „Das | |
bedeutet auch, dass Berichterstattung ‚von der Front‘ keine Option für uns | |
ist. Die ARD ist bislang nicht Mitunterzeichner des deutschen Aufrufs, | |
sondern bedient sich nach taz-Informationen eigener Kanäle ins Auswärtige | |
Amt. | |
Laut ARD versucht der TV-Mitarbeiter seine Familie außer Landes zu bringen. | |
Dabei unterstützt ihn das ARD-Studio mit entsprechenden Schreiben für die | |
deutschen Behörde. „Einer der beiden Hörfunkmitarbeiter möchte zusammen mit | |
seiner Familie ausreisen. Auch er bekommt vom ARD-Studio Neu-Delhi | |
Unterstützung gegenüber den deutschen Behörden. Wir sind darüber hinaus in | |
ständigem und engem Austausch mit allen Mitarbeitern in Afghanistan, was | |
die Sicherheitslage im Allgemeinen und die persönliche Sicherheit der | |
Mitarbeiter und ihrer Familien anbelangt.“ | |
Beim ZDF heißt es, die genaue Anzahl der Ortskräfte lasse sich „nur schwer | |
beziffern, da es vor allem Kooperationen mit einheimischen Kräften bei | |
einzelnen Drehvorhaben gibt“. Das ZDF versuche auf diplomatischem Weg, die | |
Sicherheit von Ortskräften zu verbessern und gegebenenfalls eine Ausreise | |
zu ermöglichen. | |
## Evakuierung ins Nachbarland | |
Die Deutsche Presseagentur (dpa) arbeitet in Afghanistan mit zwei | |
einheimischen Kräften zusammen. „Wir haben in den letzten Wochen die | |
Optionen für eine eventuelle Ausreise sondiert – zunächst mit | |
Notfall-Visa-Antrag für das Nachbarland Pakistan als ersten Schritt“, so | |
dpa-Sprecher Jens Petersen. | |
„Dennoch loten wir natürlich auch weitere Möglichkeiten aus und aktivieren | |
unsere Kontakte, die im Notfall greifen könnten. Aktuell können wir aus | |
Afghanistan berichten. Wie es sich mittelfristig entwickelt, bleibt | |
selbstverständlich abzuwarten.“ | |
15 Aug 2021 | |
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[1] /Offener-Brief-deutscher-Medien/!5793782 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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