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# taz.de -- Krankenschwester impfte Kochsalzlösung: Und die „Querdenker“ f…
> In Friesland könnte eine Krankenschwester Tausenden Kochsalzlösung statt
> Impfstoff verabreicht haben. Weil sie Coronaverharmloserin war?
Bild: Wie viele Impfungen wurden hier verfälscht? Das Impfzentrum im Landkreis…
FRIESLAND/BERLIN taz | Als bekannt wird, dass eine Krankenschwester in
Friesland bis zu 8.500 Menschen [1][nur mit einer Kochsalzlösung geimpft]
haben könnte und sich Entsetzen breitmacht, reagiert einer der
prominentesten Köpfe des Coronaprotests, der Anwalt Markus Haintz, anders.
„Panne? Sabotage?“, fragt er auf seinem Telegramkanal. Und liefert ein
anderes Motiv: „Oder vielleicht Nothilfe?“ Haintz schiebt den passenden
Paragrafen hinterher: 32, Strafgesetzbuch, Notwehr. Auf anderen Kanälen
wird man noch deutlicher. „Ehrenfrau!“, schreibt ein Nutzer auf Twitter.
Das Handeln der Krankenschwester scheint bei einigen Querdenkern Anklang zu
finden. Die Behörden sind dagegen weiter geschockt. Frieslands Landrat Sven
Ambrosy (SPD) erklärte, der Vorfall mache ihn „sehr betroffen“. Und Heiger
Scholz, Leiter des niedersächsischen Coronakrisenstabs, bemerkte: „Das ist
schon ziemlich perfide, sich in ein Impfzentrum einzuschleichen mit so
einem Vorsatz.“
Noch ist einiges unklar, aber die Dimension des Falls könnte tatsächlich
gewaltig werden – umso mehr, wenn sich ein politisches Motiv bestätigt. Es
wäre eine [2][neue Eskalationsstufe des Coronaprotests]. Noch aber laufen
die Ermittlungen.
## Ermittlungen wegen Körperverletzung
Schon Ende April war bekannt geworden, dass die rund 40-jährige
Krankenschwester im Impfzentrum Roffhausen sechs Impfampullen nur mit
Kochsalzlösung verimpft haben soll – nach eigener Auskunft, um zu
vertuschen, dass ihr eine Ampulle heruntergefallen war.
Am Dienstag nun gab das Landratsamt Friesland bekannt, dass nach
Polizeiermittlungen weitere Personen nur eine Kochsalzlösung bekommen haben
könnten. Theoretisch könne dies [3][8.557 Personen betreffen], die in den
Schichten der Krankenschwester an der Reihe waren – 3.600 von ihnen
meldeten sich im Nachgang bisher zu einer erneuten Impfung an. Die Polizei
ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung. Die Kochsalzlösung an sich
ist ungefährlich.
## Auch eigene Impfung gefälscht?
Am Donnerstag wurde ein neuer Vorwurf publik: Auch ihre eigene Impfung soll
die inzwischen gefeuerte Krankenschwester gefälscht haben. Laut
Staatsanwaltschaft Oldenburg soll die Betroffene auch hier eine Spritze nur
mit Kochsalzlösung aufgezogen und eine andere Frau um die Injektion gebeten
haben. Dazu sei es aber nicht gekommen. Dennoch sei eine Impfung in ihrem
Impfpass vermerkt worden. Im Raum steht der Verdacht der Urkundenfälschung.
Und tatsächlich gibt es Hinweise, dass die Krankenschwester eine
Coronaverharmloserin ist. Laut Polizei hat die Frau kurz vor der Tat im
April mehrere Whatsapp-Nachrichten an eine Bekannte weitergeleitet, die
[4][Zweifel an den Corona-Impfungen] äußerten. Schon Monate zuvor habe sie
auf ihrem Facebookprofil einen Eintrag geteilt, der die Coronapolitik
kritisierte. Auch würden Zeugenaussagen die Frau belasten.
## Anwalt bestreitet politisches Motiv
Ihr Anwalt Christoph Klatt räumt gegenüber der taz ein, dass seine
Mandantin Zweifel an der Corona-Impfung gehabt habe. Zu den Chats lägen ihm
noch keine Akten vor. Es sei aber nicht strafbar, sich kritisch zur
Coronapolitik zu äußern. Ein politisches Motiv seiner Mandantin bei den
Impfungen bestreitet der Anwalt.
Auch habe es neben den sechs verfälschten Impfungen im April keine weiteren
gegeben. Das Motiv bleibe Vertuschung, weil hoher Druck auf die
Beschäftigten im Impfzentrum ausgeübt worden sei, so Klatt. Noch dazu habe
die Frau damals gar nicht nur reine Kochsalzlösung verimpft, sondern auch
Impfstoffreste aus angebrochenen Ampullen beigemischt. Dass sich die
Krankenschwester auch selbst nur mit einer Kochsalzlösung impfen wollte,
zieht Klatt in Zweifel: Dafür habe er keine Anhaltspunkte.
Eine Sprecherin der Polizei betont dagegen, dass nach den
Zeugenvernehmungen durchaus die Gefahr bestehe, dass die Krankenschwester
„auch in weiteren Fällen anstelle des Impfstoffs nur eine Kochsalzlösung in
den Spritzen aufgezogen hat“ – dies müsse strafrechtlich aber noch erhärt…
werden. Zudem ermittelt weiter ein Fachkommissariat für politisch
motivierte Kriminalität bei dem Fall mit. Hinweise, dass die Frau
Coronaproteste besuchte oder in entsprechende Gruppen eingebunden war, gebe
es bisher aber nicht, sagte die Sprecherin.
## Verfassungsschutz warnt vor Radikalisierung
Auch der Verfassungsschutz behält den Fall im Blick. Wegen der offenen
Ermittlungen will man sich nicht direkt dazu äußern. Aber das
niedersächsische Landesamt warnt, dass sich auch in dem Bundesland der
[5][Corona-Protest radikalisiert] habe und teilweise staatliche Vorgaben
missachte. Repräsentanten würden als diktatorisch dargestellt, das
politische System mit dem Dritten Reich verglichen oder an sich
delegitimiert. „Die weitere Entwicklung und Radikalisierung der Bewegung
wird weiterhin beobachtet.“
Beim Deutschen Roten Kreuz, welches das Impfzentrum Roffhausen betreut,
verfolgt man den Fall der Krankenschwester fassungslos. „Ich bin total
geschockt“, sagt Heide Bastrop, Vorsitzende des Kreisverbands Jeverland.
Die Krankenschwester sei unauffällig gewesen, habe sich nicht offen als
Coronaleugnerin gezeigt. Sollte sich ein politisches Motiv bestätigen,
wäre dies „entsetzlich“, so Bastrop zur taz. Noch aber blieben für sie in
dem ganzen Fall „große Fragezeichen“.
Heiger Scholz, Coronakrisenstabsleiter und Staatssekretär im
Sozialministerium, hat diese weniger. Es gebe „deutliche Hinweise“, dass
die Krankenschwester „in großem Umfang Kochsalzlösung verimpft hat als
Impfgegnerin“, betonte der SPD-Mann am Dienstag. Dies verweise auf eine
„erhebliche kriminelle Energie“.
12 Aug 2021
## LINKS
[1] /Aktuelle-Nachrichten-in-der-Coronakrise/!5792497
[2] /Querdenker-Bewegung-radikalisiert-sich/!5789338
[3] /Aktuelle-Nachrichten-in-der-Coronakrise/!5792497
[4] /Impfgegner-und-die-Coronapandemie/!5735702
[5] /Radikalisierung-einer-Bewegung/!5763377
## AUTOREN
Konrad Litschko
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