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# taz.de -- Asiens fossiler Kraftwerkpark: Abkürzung zum Kohleausstieg
> Indonesien, Vietnam und Co haben immer wieder Kohlekraftwerke gebaut. Die
> Hürde, sie abzuschalten, ist groß. Ein neuer Finanzmechanismus soll
> helfen.
Bild: Weder schön noch klimagerecht: Kohlekraftwerk in den Pekinger Außenbere…
Chiang Mai taz | Wie bringt man Stromkonzerne dazu, relativ neue Kraftwerke
stillzulegen? Eine Antwort lautet: gar nicht. Man muss sie ihnen abkaufen
und es selbst tun. Damit dabei aber auch private Investoren mitziehen,
bedarf es eines kreativen Finanzvehikels. Ob das funktioniert, wird jetzt
in Asien ausprobiert.
Zwar ist die Zahl der geplanten Kohlemeiler in vielen asiatischen Ländern
im vergangenen Jahr schlagartig zurückgegangen, das zeigt eine Studie des
Global Energy Monitor. Trotzdem dürfte Kohle dort noch lange die
Stromerzeugung dominieren. Schließlich ist der Kraftwerkpark nicht nur
groß, sondern auch noch relativ neu. Mit den Zielen des Pariser
Klimaabkommens lässt sich das nicht vereinbaren. Der Weltklimarat (IPCC)
hat ausgerechnet, dass der Anteil von Kohlestrom von heute 38 Prozent
weltweit in nur zehn Jahren auf weniger als ein Viertel sinken muss.
[1][Das lässt sich nur erreichen, wenn in Asien auch viele dieser erst seit
Kurzem laufenden Kraftwerke stillgelegt werden.]
Und genau das streben Finanzmarktakteure rund um die Asiatische
Entwicklungsbank (Asian Development Bank, kurz: ADB) an. „Wenn wir ein
Kohlekraftwerk kaufen, das noch 50 Jahre in Betrieb ist, und es innerhalb
von 15 Jahren abschalten, können wir bis zu 35 Jahre Kohlenstoffemissionen
einsparen“, sagt ADB-Vizepräsident Ahmed Saeed.
## Rendite muss sein
Um das in großem Stil zu machen, ist allerdings sehr viel Geld
erforderlich. Um die Hälfte aller Kohlemeiler stillzulegen, würden für
Indonesien 16 bis 29 Milliarden US-Dollar (etwa 13,6 bis 25 Milliarden
Euro), für Vietnam 9 bis 17 Milliarden und für die Philippinen 5 bis 9
Milliarden benötigt. Das kann auch die ADB nicht stemmen. „Um dies für mehr
als ein oder zwei Anlagen zu ermöglichen, müssen private Investoren
gewonnen werden“, sagt Michael Paulus von der US-Bank Citi. Und die wollen
Rendite sehen und nicht nur sinkende Emissionen. „Es gibt Interessenten,
aber sie werden es nicht umsonst machen“, so Paulus. Zwar bräuchten sie
vielleicht „keine normale Rendite von zehn bis zwölf Prozent“, aber ein
oder zwei Prozent würden sie auch nicht akzeptieren. „Wir versuchen gerade
einen Weg zu finden, damit das funktioniert.“
Einen solchen Weg hat Donald Kanak von der britischen Versicherung
Prudential entwickelt: einen Energiewendemechanismus (Energy Transition
Mechanism, kurz: ETM). In einem ETM wird öffentliches Kapital etwa von der
ADB und privates Kapital gepoolt. Der ETM kauft dann die Kohlekraftwerke
ihren jetzigen Besitzern ab und legt diese nach einer bestimmten Anzahl von
Jahren still. Gleichzeitig baut der ursprüngliche Betreiber mit den
Einnahmen aus dem Verkauf des Kohlemeilers die Erneuerbaren aus.
Damit der ETM trotz der vorzeitigen Stilllegung noch eine Rendite erzielt,
muss der Gewinn aus dem Stromverkauf in der verbleibenden Betriebszeit
höher sein als zuvor. Das soll wiederum erreicht werden, indem der ETM
deutlich geringere Finanzierungskosten hat als der ursprüngliche Betreiber.
Damit die ETM-Teilhaber diese geringere Rendite akzeptieren, muss auch das
Risiko entsprechend niedriger sein. Hier kommt der öffentliche Geldgeber
ins Spiel: Dieser akzeptiert, dass er im Fall eines Verlusts als Erster
sein Geld verliert. Damit haben alle anderen ETM-Teilhaber ein geringeres
Risiko.
## Start 2022
Dieser Mechanismus soll bereits nächstes Jahr in Indonesien, Vietnam oder
den Philippinen getestet werden. „2022 würden wir gern das erste
Kohlekraftwerk kaufen“, sagt ADB-Vizepräsident Saeed. Anschließend könne
der Ansatz dann auf andere Länder in Asien oder auch andere Weltregionen
ausgeweitet werden.
Wie beim [2][deutschen Kohleausstieg] wird eine Schwierigkeit darin liegen,
zu verhindern, dass man die Laufzeiten der Kraftwerke mit den ETMs
unabsichtlich verlängert. Das könnte passieren, wenn ein Betreiber ein
eigentlich unrentables Kraftwerk weiterlaufen lässt in der Hoffnung, dieses
dann an den ETM verkaufen zu können. Nick Robins von der London School of
Economics warnt: „Wir müssen absolut sicher sein, dass wir nicht den
Verursacher von Emissionen bezahlen, sondern für einen beschleunigten
Übergang.“
8 Aug 2021
## LINKS
[1] /Suedkorea-will-ab-2050-klimaneutral-sein/!5721141
[2] /Proteste-gegen-Kohlekraftwerk/!5656199
## AUTOREN
Christian Mihatsch
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
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Kohleausstieg
klimataz
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Grünes Wachstum
CO2-Emissionen
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