# taz.de -- Impfungen für papierlose Menschen: Der Piks für wirklich alle | |
> Auch Illegalisierte oder Menschen ohne Krankenversicherung können sich in | |
> Berlin mittlerweile impfen lassen. Es gibt niedrigschwellige Angebote. | |
Bild: Gibt es nur für Menschen mit Papieren: Spontane Pop-up-Impfung per Drive… | |
BERLIN taz | Wer sich gegen das Coronavirus impfen lassen will, kann einen | |
Termin buchen oder spontan ein Pop-up-Impfangebot nutzen. Aber was ist mit | |
Menschen, die sich illegal in Berlin aufhalten, keine Papiere oder | |
Krankenversicherung haben? Sie können sich weder im Impfzentrum noch beim | |
Hausarzt oder Spontanangeboten ihren Piks abholen. Überall dort müssten sie | |
ihren Ausweis vorzeigen und krankenversichert sein. Nach Recherchen der taz | |
wollen sich viele Illegalisierte tatsächlich impfen lassen – und langsam | |
gibt es auch Angebote. | |
Einige Impfangebote für statuslose Menschen gab es bereits im April, als | |
Berlin Obdachlose an zwanzig Orten der Wohnungslosenhilfe impfte. Das | |
berichtet Taina Gärtner der taz, die sich um afrikanische Geflüchtete | |
kümmert, die bis 2014 auf dem Oranienplatz wohnten und bis heute ihren | |
Status nicht legalisieren konnten. „Ich bin Sozialsenatorin Elke | |
Breitenbach dankbar, dass sie das ermöglichte. Wer auf der Straße lebt, hat | |
das am nötigsten. Sie selbst waren darüber auch erleichtert“, sagt Gärtner. | |
Andere warteten weiter auf Impfangebote. | |
Laut Gesundheitsverwaltung können sich seit dem 30. Juni Menschen ohne | |
Krankenversicherung oder Ausweis an drei Orten nach Terminvereinbarung | |
impfen lassen. Dafür stehen nach Senatsangaben 250 Dosen pro Woche bereit. | |
Einer dieser Orte ist das Zentrum für sexuelle Gesundheit in | |
Charlottenburg-Wilmersdorf. Das Angebot kursiert seit drei Wochen in | |
vietnamesischsprachigen Facebookgruppen. Entsprechend fragen vor allem | |
VietnamesInnen Termine nach. Das bestätigt Kerstin Dettmer der taz, die | |
dort als Ärztin arbeitet. Es kämen sowohl vietnamesische Gewerbetreibende | |
ohne Versicherung, die seit Jahrzehnten legal hier leben, als auch Leute | |
ohne Aufenthaltsstatus, sagt sie. Darunter seien etwa schwangere | |
Vietnamesinnen, die – um nicht abgeschoben zu werden – erst im achten Monat | |
Asyl beantragen. | |
Aber auch viele OsteuropäerInnen wollen die Impfungen, darunter | |
Sexarbeiterinnen und Menschen, die mit Touristenvisum in Berlin leben. Das | |
Zentrum arbeite mit DolmetscherInnen für Russisch, Polnisch, Vietnamesisch, | |
Rumänisch, Bulgarisch, Französisch, Arabisch und Farsi. Ihre Einrichtung | |
habe sich zu den Impfungen entschieden, weil sie mit diesem Personenkreis | |
ohnehin arbeiten, sagt die Ärztin. | |
## Niedrigschwellige Angebote in Einrichtungen | |
Aber auch Gesundheitsämter impfen in Einzelfällen Personen ohne | |
Krankenversicherung oder legalen Aufenthalt. Das bestätigt | |
Marzahn-Hellersdorfs Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle (Linke) der taz, | |
schränkt aber ein: „sofern sie das Gesundheitsamt aufsuchen“. Laut | |
Sozialverwaltung impfen zudem einzelne Einrichtungen wie die Suppenküche | |
der Franziskaner oder der Träger Gangway den Personenkreis | |
niedrigschwellig. | |
Ähnliches plant auch die Gesundheitsverwaltung. Stefan Strauß, Sprecher von | |
Sozialsenatorin Breitenbach, erläutert: „Dazu werden in Einrichtungen, die | |
von den Betroffenen ohnehin aufgesucht werden, Impfinseln eingerichtet, die | |
ohne große Hürden den Zugang ermöglichen.“ | |
23 Jul 2021 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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