# taz.de -- Belarus und Olympia: Geld vor Solidarität | |
> Die Flucht von Kristina Timanowskaja bedeutet einen Imageschaden für | |
> Belarus' Diktator. Trotzdem fällt Lukaschenko weich – dank westlicher | |
> Firmen. | |
Bild: Die belarussische Sprinterin Kristina Timanowskaja am Flughafen in Tokio | |
Angenommen, ein Trainer verlangt von einer Sprinterin, sie solle nicht die | |
übliche Distanz von 100 oder 200 Metern laufen, sondern ausnahmsweise mal | |
400 Meter, und das auch noch bei den Olympischen Spielen, dann ist das eine | |
Fehlentscheidung. Und er sollte sich nicht wundern, wenn sich die | |
Sportlerin auf Instagram darüber beschwert. Normalerweise ein Fall für die | |
Sportpresse. | |
Nicht so in Belarus. Dort ist Sport hohe Politik. Der Chef des Olympischen | |
Komitees ist der Sohn des Diktators Alexander Lukaschenko, und der | |
Staatschef persönlich hatte zu Beginn der Olympischen Spiele alle Sportler | |
vor einem Misserfolg bei den Spielen gewarnt. Wer keine Medaille erringe, | |
solle besser nicht wieder nach Hause kommen, hatte er in einem Wutanfall | |
über fehlende Medaillen getönt. Pech nur für den Diktator, dass die | |
Sprinterin Kristina Timanowskaja seinen Rat beherzigt hat [1][und | |
tatsächlich nicht mehr zurückgekommen ist]. | |
Die Ereignisse um Timanowskaja sind ein Imageschaden für den Diktator. Die | |
Sache ist noch nicht ausgestanden, und das IOC hat da noch ein paar Fragen | |
an den Trainer von Timanowskaja. Auch der mysteriöse Tod des belarussischen | |
Oppositionellen [2][Witali Schischow] am Dienstag in Kiew und eine lachende | |
Oppositionsführerin Maria Kolesnikowa beim Auftakt ihres Prozesses sind dem | |
Image von Lukaschenko abträglich. Dabei könnte er gerade jetzt, kurz vor | |
dem Jahrestag des Beginns der Demonstrationen, dem 9. August, positive | |
Publicity gut gebrauchen. | |
Lukaschenkos zunehmende Isolation ist zwar für ihn selbst bedauerlich, aber | |
solange Wirtschaftspartner wie Siemens Energy, Mercedes, Nestlé und andere | |
an ihm festhalten, ist ein Weiter-so für ihn möglich. | |
Fast zwei Drittel aller Werbespots im belarussischen Staatsfernsehen werden | |
von westlichen Firmen wie Nestlé, Procter & Gamble, Mars und Coca-Cola | |
geschaltet; Siemens Energy kommt, so ein Firmensprecher gegenüber der taz, | |
weiter seinen vertraglichen Verpflichtungen mit Belarus nach, Mercedes | |
bedient mit Wagen der Luxusklasse Lukaschenkos Fuhrpark. Geld ist eben | |
wichtiger als Solidarität. | |
4 Aug 2021 | |
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## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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