# taz.de -- Streit um öffentliche Toilette in Hamburg: Das Pinkelprivileg | |
> An der Alster wurde die Frauen-Toilette zur Unisex-Toilette umgebaut, | |
> während die Männertoilette erhalten blieb. Linke-Politiker fordern | |
> Rückbau. | |
Bild: Nicht nur wegen Corona ein heikles Thema: Abstand auf Toiletten wie hier … | |
HAMBURG taz | In Hamburg wird darüber gestritten, dass Frauentoiletten | |
zugunsten einer Unisex-Variante abgeschafft wurden. Nicht ganz unwichtig | |
ist dabei: Die Betreuung der rund 130 öffentlichen Toiletten ist seit 2016 | |
Sache der grün geführten Umweltbehörde, genau genommen der | |
[1][Stadtreinigung]. Und [2][in der Drucksache zur Entscheidung] hieß es | |
schon damals, dass „aus gleichstellungspolitischen Gründen“ künftig beim | |
Umbau „stets der Gedanke von Unisex-Toiletten“ geprüft werde. Wobei | |
Urinale, also Stehpinkelbecken für Männer, zwar nicht „geschlechtsneutral�… | |
jedoch in Einzelfällen eine wichtige Ergänzung seien. | |
Nun ist Papier geduldig und so ein Umbau wird wegen knapper Mittel nur nach | |
und nach irgendwo fertig. An der Hamburger Alster am Fähranleger „Alte | |
Rabenstraße“ wurden etwa die unterhalb des Anlegers liegenden [3][Toiletten | |
saniert und umgebaut – für veranschlagte 460.000 Euro]. | |
Das seit April zu bestaunende Ergebnis ließ laut Lokalpolitiker Peter | |
Gutzeit eine taz-Leserin zum Hörer greifen, um sich bei der | |
[4][Linksfraktion im zuständigen Bezirk Eimsbüttel] zu beschweren.Gutzeit | |
ging mit einigen Genossen an die Alster und findet: Das, was dort gebaut | |
wurde, geht gar nicht. „Die Frauen haben keine eigene Toilette mehr, dafür | |
haben die Männer jetzt zwei.“ | |
So wurde im ehemaligen Männerklo die eine Kabine mit Sitztoilette entfernt. | |
Dort stehen jetzt drei Urinale, eins hängt niedriger und ist für Jungs. Das | |
ehemalige Frauenklo wurde mit mehr Kabinen ausgestattet, draußen an die Tür | |
ein Unisex-Symbol angebracht. Auch Männer müssen im Zweifel da rein. | |
Gutzeit reichte nun mit seiner Fraktionskollegin Manuela Pagels und | |
Fraktion einen Antrag „zur Wiederherstellung der bisher getrennten Frauen- | |
und Männerklos“ am Alsteranleger ein. Denn nach einer spontanen Umfrage | |
unter Passanten seien acht von zehn Frauen empört und geschockt gewesen, | |
dass nun Männer ihren Toilettenbereich benutzen dürfen. Umgekehrt sei es | |
Männern unangenehm, das Sitzklo im Frauenbereich zu nutzen. | |
## Auch Umweltbehörde erhielt eine Beschwerde | |
In dem Antrag wird der Rückbau gefordert, denn: „Frauentoiletten müssen | |
Frauentoiletten bleiben. Basta!“ Als Begründung führt die Linksfraktion | |
Argumente an, die sich auf dem [5][Wikipedia-Eintrag zu Unisex-Toiletten] | |
finden. Etwa dass nach Erhebungen aus Großbritannien an die 90 Prozent der | |
auf Toiletten vorkommenden sexuellen Übergriffe gegen Frauen auf | |
Unisex-Toiletten stattfänden. | |
„Sie müssen dort eine Treppe runter und in einen einsamen | |
Toilettenvorraum. Das ist für Frauen und Mädchen gemeinsam mit fremden | |
Männern nicht zumutbar“, sagt Manuela Pagels. Auch für Transmenschen sei | |
dies „ein Angstraum, der geschaffen wird“. | |
Für Unisex-Toiletten, die es etwa in Zügen schon lange gibt, sprechen die | |
bessere Ausnutzung von Platz und die Vermeidung von Ausgrenzung von | |
Intersexuellen und anderen Personen mit einer nicht eindeutig weiblich oder | |
männlichen Identität, die mitunter beim Besuch der Frauen- oder | |
Männertoilette angefeindet werden. Zudem gibt es vor Frauenklos häufiger | |
Warteschlangen, weil das Urinieren an den Stehbecken schneller geht. | |
In der Umweltbehörde versteht man die Aufregung nicht. Die neue Toilette an | |
der Alten Rabenstraße sei seit 15. April im Betrieb, „seither hat sich den | |
ganzen Sommer über die Praxistauglichkeit gezeigt“, sagt Sprecher Björn | |
Marzahn. Die Anlage werde sehr gut angenommen. Die Behörde habe bisher „nur | |
eine Beschwerde erreicht“. Durch die Sanierung sei ein heller, großzügig | |
wirkender Raum entstanden. Zudem seien die Kabinen mit raumhohen und | |
überkletterungssicheren Trennwänden versehen. Das entspreche einer | |
gutachterlichen Empfehlung, „um Angsträume zu vermeiden“. | |
Auch sei es dank Unisex-Klos gelungen, mehr Kabinen und Waschbecken für | |
Damen zu schaffen. Der neue Unisexbereich sei größer als der ehemalige | |
Damenbereich, ergänzt Kay Goetze, Sprecher der Stadtreinigung Hamburg. Habe | |
man dort doch Teile eines ehemaligen „Technikbereichs“ mit hinzu genommen. | |
## Kein Platz für drei separate Toiletten | |
Pagels und Gutzeit ist es wichtig, dass sie nicht gegen Unisex-Toiletten an | |
sich sind. „Wir fordern die. Aber als zusätzliches Angebot.“ So eine | |
Extratoilette gebe es zum Beispiel im Bezirksamt. An der Alster wäre dies | |
in einem benachbarten Haus der Wasserrettung möglich. Auch andernorts macht | |
die Linke eher mit der Forderung nach Unisex-Toiletten von sich reden. | |
Cansu Özdemir, Frauenpolitikerin der Linken in der Bürgerschaft, sagt, sie | |
persönlich finde die Lösung an der Alten Rabenstraße akzeptabel, doch der | |
Prozess sei unglücklich gelaufen. „Wir vertreten als Partei, dass sich alle | |
wohl fühlen sollen. Das heißt, es sollte Frauentoiletten, Männertoiletten | |
und Unisex-Toiletten geben.“ | |
Gefragt, was denn an der Alster dagegen spreche, sagt Behördensprecher | |
Marzahn: „Fehlender Platz.“ Peter Gutzeit kontert: „Bevor wir Frauen ihr | |
Klo wegnehmen, wäre eher den wenigen diversen Menschen zuzumuten, sich für | |
Frauen- oder Männerklo zu entscheiden.“ | |
30 Jul 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.stadtreinigung.hamburg/nachhaltigkeit/umweltdienstleistungen/Oe… | |
[2] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/53585/kuenftige_wahrnehmun… | |
[3] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/73589/bericht_des_ausschus… | |
[4] https://www.linksfraktion-eimsbuettel.de/medien/pressemitteilungen | |
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Unisex-Toilette | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
## TAGS | |
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