Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Deutschland lässt Afghanen im Stich: Mehr Hilfe für Ortskräfte g…
> In Afghanistan sterben immer mehr Menschen. Politiker:innen
> beklagen, für die gefährdeten Helfer der deutschen Mission werde nicht
> genug getan.
Bild: Die Zahl der Anschläge und Verletzten erreicht seit Mai einen Höchststa…
Berlin taz/dpa | Obwohl sich [1][die Sicherheitslage in Afghanistan] weiter
zuspitzt, unternimmt die Bundesregierung nur wenig für ehemalige Ortskräfte
der Bundeswehr. Am Montag verkündete das Auswärtige Amt, dass 2.400 Visa
für Ortskräfte und deren engste Familienangehörige ausgestellt worden
seien. Politiker:innen von SPD und Linkspartei forderten jedoch, mehr
zu tun.
„Das Menschenbild von Undankbarkeit und Gleichgültigkeit, das da zum
Ausdruck kommt, gefällt mir ganz und gar nicht“, sagte Niedersachsens
Innenminister Boris Pistorius (SPD), der auch Sprecher der
SPD-Innenminister ist. Mehr [2][Ortskräfte müssten nach Deutschland geholt
werden].
Auch Berlins Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Die Linke) forderte die
Bundesregierung auf, den Weg für gefährdete Ortskräfte nach Deutschland zu
erleichtern. Es sei wichtig, dass die Bundesregierung vor Ort dafür sorge,
„dass die Menschen in Afghanistan ihre Unterstützung, ihr Flugticket, ihre
Beratung, ihr Visum erhalten und dann sehr schnell nach Deutschland kommen
können“.
Schon vergangene Woche kündigte Bundeskanzlerin Angela Merkel verstärkte
Hilfe an. „Ich setze mich sehr dafür ein, dass wir pragmatische Lösungen
finden“, sagte sie. Flugreisen dürften nicht an der Finanzierung scheitern.
Und auch über Charterflüge müsse man nachdenken. Was aus dieser Ankündigung
folgt, ist allerdings noch offen.
## Immer mehr tote Zivilisten
Neben der fehlenden Unterstützung für Flugreisen kritisieren
Beobachter:innen seit Wochen, dass der Visumsprozess für Ortskräfte zu
schleppend laufe. Außerdem fielen aufgrund restriktiver Regelungen viele
durch das Raster.
So könnten etwa Afghan:innen, die nicht direkt, sondern über Unternehmen
bei der Bundeswehr angestellt waren, nicht nach Deutschland kommen. Ähnlich
ergeht es offenbar auch [3][Ortskräften der Entwicklungszusammenarbeit].
Mit der sich zuspitzenden Sicherheitslage werden diese Probleme
dringlicher.
Einem am Montag veröffentlichten UN-Bericht zufolge hat die Zahl ziviler
Opfer seit Abzugsbeginn der Nato-Truppen aus Afghanistan einen neuen
Höchststand erreicht. Allein im Mai und Juni seien 2.392 Zivilisten
verwundet oder getötet worden – so viele wie noch nie seit Beginn der
UN-Aufzeichnungen 2009.
Der Abzug läuft seit dem 1. Mai. Die letzten Bundeswehrsoldaten sind schon
seit Ende Juni wieder zu Hause. Parallel zum Nato-Abzug [4][haben die
Taliban Offensiven begonnen]. Seitdem brachten sie mehr als 160 der 388
Bezirke unter ihre Kontrolle, mehrere Grenzübergänge und Teile wichtiger
Überlandstraßen. Regierungskräfte versuchen, verlorene Gebiete
zurückzugewinnen. Im ersten Halbjahr lag die Zahl der zivilen Opfer laut UN
bei 1.659 Getöteten und 3.524 Verletzten. Das ist vergleichbar mit den
Jahren 2016 bis 2018.
Damals verzeichneten die UN in dieser Zeitspanne auch jeweils mehr als
5.000 Opfer. Jungen, Mädchen und Frauen machten von Januar bis Juni 2021
fast die Hälfte der zivilen Opfer aus. Zivilisten starben vor allem durch
Sprengsätze, bei Bodenkämpfen und durch gezielte Tötungen.
Für 40 Prozent der Opfer seien die Taliban verantwortlich, für 25 Prozent
die Regierungskräfte. Beide Seiten wehrten sich gegen den UN-Bericht. Ein
Armeesprecher sagte, die Armee hätte viele Gebiete verlassen, um zivile
Opfer zu vermeiden. Die Taliban erklärten, sie hätten Zivilisten im letzten
halben Jahr keinen absichtlichen Schaden zugefügt.
26 Jul 2021
## LINKS
[1] /Regierung-verharmlost-Afghanistan-Lage/!5785151
[2] /Abzug-aus-Afghanistan/!5780290
[3] /Afghanische-Ortskraefte-der-Deutschen/!5786860
[4] /Talibanvormarsch-in-Afghanistan/!5785643
## AUTOREN
Julian Jestadt
## TAGS
Ortskräfte
Schwerpunkt Afghanistan
Taliban
Bundeswehr
Taliban
Schwerpunkt Afghanistan
Türkei
Schwerpunkt Afghanistan
Schwerpunkt Afghanistan
## ARTIKEL ZUM THEMA
Vormarsch der Taliban in Afghanistan: Unheilvolle Vorahnung
In den meisten eroberten Gebieten Afghanistans geben sich die Taliban
bislang weniger extrem als befürchtet. Vor allem Frauen sind aber auf der
Hut.
Abschiebungen nach Kabul: Eine Frage der Glaubwürdigkeit
Deutschland schiebt weiter afghanische Straftäter ab. Grüne und SPD
kritisieren dies zu Recht – handeln aber anders.
Flüchtlinge in der Türkei: „Wir wollen die Afghanen nicht“
Täglich erreichen Hunderte Migranten aus Afghanistan die Türkei. Die
Mehrheit der Türken ist gegen eine Aufnahme – auch aus Furcht vor
Islamisierung.
Freiheitsrechte in Afghanistan: Radeln gegen die Taliban
Junge AfghanInnen berichten vom Vormarsch der Islamisten. Und warum sie
trotzdem an ihren Träumen von einem besseren und freieren Leben festhalten.
Afghanische Ortskräfte der Bundeswehr: Zum Schämen
Die Bundesregierung überlässt die afghanischen Ortskräfte den Taliban. Das
ist unmenschlich und feige.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.