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# taz.de -- Gutachten zu Plänen der Linkspartei: Per Versicherung umverteilen
> Die Linksfraktion stellt ein Gutachten zum Konzept „solidarische
> Krankenversicherung“ vor. Es könnte untere und mittlere Einkommen
> entlasten.
Bild: Spitzenkandidat Bartsch sieht hohes Potential zur Umverteilung
Berlin taz | Welche Auswirkungen hätte es, wenn künftig alle Bürgerinnen
und Bürger in eine Krankenversicherung einzahlen würden, also die Spaltung
in gesetzlich und in privat Versicherte aufgehoben würde? Das haben zwei
Wissenschaftler der Universität Bremen jetzt im Auftrag der Linksfraktion
im Bundestag errechnet. Ihr Ergebnis: Ein Großteil der Bevölkerung würde
spürbar entlastet. Für Besserverdienende würde es hingegen teurer.
Konkret haben der Gesundheitsökonom Heinz Rothgang und Co-Autor Dominik
Domhoff in ihrem am Montag veröffentlichten 46-seitigen Gutachten das
Konzept einer „solidarischen Gesundheitsversicherung“ untersucht, für das
sich die Linkspartei einsetzt. Danach sollen künftig alle in Deutschland
lebenden Menschen – also auch Beamt:innen, Selbständige,
Unternehmer:innen und Abgeordnete – gemäß ihrer ökonomischen
Leistungsfähigkeit obligatorisch gesetzlich krankenversichert sein.
Dabei sollen alle Einkommensarten der Beitragspflicht unterliegen, also
auch Zins- und Kapitalerträge. Ausgenommen wären allerdings
Sozialleistungen wie Kinder-, Eltern- oder Wohngeld. Personen ohne eigene
Einkünfte sollen beitragsfrei versichert sein. Die Arbeitgeber trügen die
Hälfte der Versicherungsbeiträge auf Löhne und Gehälter, was auch für die
Beamt:innen gelten würde.
Rothgang und Domhoff haben zwei Varianten durchgerechnet: In der ersten
wird die Beitragsbemessungsgrenze von derzeit 53.100 Euro auf 78.000 Euro
angehoben, was der Höhe der gesetzlichen Rentenversicherung (West)
entsprechen würde. In der zweiten Variante wird die
Beitragsbemessungsgrenze vollständig abgeschafft. Als Ausgangspunkt für
ihre Berechnungen haben die Bremer Wissenschaftler die Einkommensdaten von
2018 genommen, die aktuellsten Zahlen des Sozio-oekonomischen Panels.
## Deutliche Reduzierung des Beitragssatzes
Herausgekommen ist: Das Linkspartei-Modell hätte bei der oben beschriebenen
Beitragsbemessungsgrenze zu einem Krankenversicherungsbeitrag von 13,3
Prozent geführt. Tatsächlich lag er 2018 deutlich höher: bei 15,6 Prozent.
Bei einem vollständigen Wegfall der Beitragsbemessungsgrenze hätte er sogar
nur bei 12,1 Prozent gelegen.
Die Verringerung des Beitragssatzes würde zu einer Umverteilung führen,
konstatieren Rothgang und Domhoff: 80 Prozent der Beitragszahler:innen
würden entlastet. Je weniger Einkommen vorhanden ist, umso größer wäre auch
die Entlastung. Die 20 Prozent aus den höheren Einkommensgruppen würden
hingegen stärker belastet.
„Wir meinen, dass hier ein sehr, sehr hohes Potential zur Umverteilung in
unserem Land liegt“, sagte Linksfraktionschef Dietmar Bartsch bei der
Vorstellung des Gutachtens am Montag in Berlin. „Wir wollen konsequent und
konkret die übergroße Mehrheit der Menschen entlasten und die reiche
Minderheit belasten.“
Bislang zahlten kleine und mittlere Einkommen überproportional
Sozialabgaben. „Damit das Land sozialer wird, muss aber gelten: starke
Schultern tragen mehr“, sagte Bartsch.
## Auch SPD und Grüne für eine Bürger:innenversicherung
„Wir haben bei der Krankenversicherung einen Umverteilungseffekt von 76
Milliarden Euro“, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Susanne
Ferschl. „Jedes Arbeitseinkommen, was unter 6.232 Euro liegt, würde
entlastet werden.“ Durch die von der Linkspartei vorgeschlagene
solidarische Gesundheitsversicherung könnten die Beitragssätze in der
Krankenversicherung deutlich sinken, ohne dass den Krankenkassen auch nur
ein Euro verloren ginge, zeigte sich die Gesundheitspolitikerin überzeugt.
Mit ihrem Vorschlag für eine Gesundheits- und auch eine Pflegeversicherung
für alle ist [1][die Linkspartei] nicht allein. Auch [2][die SPD] und
[3][die Grünen] sprechen sich in ihren Wahlprogrammen für eine solche
Bürger:innenversicherung aus. Allerdings unterscheiden sich die
jeweiligen Konzepte im Detail. Umstritten ist beispielsweise der Umgang mit
der Beitragsbemessungsgrenze.
Das Konzept der Linkspartei sei erst mal nur „ein Angebot“, sagte
Linkspartei-Spitzenkandidat Bartsch. „Wir sagen ja nicht, dieses und nichts
anderes.“ Die Ausgangsbasis für eine Verständigung gibt es auf jeden Fall:
„Der Kern, dass alle einzahlen, da sind Sozialdemokraten und Grüne durchaus
nahe bei uns.“
13 Jul 2021
## LINKS
[1] https://www.die-linke.de/wahlen/wahlprogramm-2021/
[2] https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Beschluesse/Programm/SPD-Zukunftspro…
[3] https://cms.gruene.de/uploads/documents/Wahlprogramm_DIE_GRUENEN_Bundestags…
## AUTOREN
Pascal Beucker
## TAGS
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Die Linke
Dietmar Bartsch
Krankenversicherung
Soziale Gerechtigkeit
Familie
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Christian Lindner
Janine Wissler
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