| # taz.de -- Aufforstung in Schleswig-Holstein: „Wir wollen, aber es klappt ni… | |
| > Eine Initiative möchte im waldarmen Kreis Husum in Schleswig-Holstein | |
| > Flächen für Aufforstung kaufen. Aber niemand im Norden will Land | |
| > verkaufen. | |
| Bild: Nicht gerade bekannt für seine Wälder: Schleswig-Holstein. Hier die Eck… | |
| Husum taz | Nicht nur in den Städten, auch auf dem Land werden Flächen | |
| knapp, die Hektarpreise steigen. Das ruft auch Finanzinvestoren auf den | |
| Plan. Kleine Initiativen, die sich für Naturschutz einsetzen, haben das | |
| Nachsehen. | |
| Peter Janz steht im Wald und ist frustriert: „Land und Kreis propagieren, | |
| dass der Waldanteil steigen soll, aber wenn jemand es versucht, klappt es | |
| nicht.“ Der Rentner ist Sprecher der Bürgerinitiative Schobüll aus dem | |
| gleichnamigen Örtchen, einem Ortsteil von Husum in Nordfriesland. Der Kreis | |
| zählt zu den waldärmsten Regionen Deutschlands, nur auf rund vier Prozent | |
| des Gebietes wachsen Bäume. | |
| Auch der Forst bei Schobüll kommt gerade auf 40 Hektar. „Wir hätten gern | |
| deutlich mehr“, sagt Janz. Denn nur dann sei der Wald stabil genug, um ein | |
| eigenes Ökosystem zu bilden. Der Verein sammelte Geld und machte sich | |
| daran, Flächen für die Aufforstung zu kaufen. Aber bisher scheiterten die | |
| Pläne: niemand will etwas verkaufen. | |
| Flächen werden knapp in Deutschland, und in Kombination mit der Geldflut | |
| aufgrund niedriger Zinsen wird Boden immer mehr zum Wertobjekt. In den | |
| meisten Regionen haben sich die Preise für Agrarland zwischen 2009 und 2019 | |
| mehr als verdoppelt, schreibt der Agrarexperte Andreas Tietz vom | |
| Thünen-Institut für ländliche Räume. | |
| An der Spitze steht Bayern mit rund 64.000 Euro pro Hektar. Niedersachsen | |
| liegt mit 38.000 Euro etwa in der Mitte – vor zehn Jahren mussten nur | |
| 15.000 Euro pro Hektar gezahlt werden. Der Boden in Schleswig-Holstein ist | |
| mit heute rund 29.000 Euro fast ein Schnäppchen. Noch günstiger ist es im | |
| Nachbarland Mecklenburg-Vorpommern mit heute 21.000 Euro – aber dreimal so | |
| teuer wie vor zehn Jahren. | |
| „Generell ändern sich die Eigentumsstrukturen der Agrarfläche in | |
| Deutschland sehr langsam“, stellt Tietz fest. Allerdings werden anteilig in | |
| den neuen Ländern weit mehr Flächen verkauft als in den alten. Der Grund | |
| liegt in der Vergangenheit: Für die DDR-Landwirtschaft wurden bäuerliche | |
| Familien enteignet, noch heute sind die Betriebsstrukturen weit größer. | |
| Werden solche Unternehmen verkauft, schlagen oftmals nicht-ansässige | |
| Investoren zu, ergab eine Studie des Thünen-Instituts. Vor allem in | |
| Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg dringen auswärtige Investoren auf | |
| den Markt vor. | |
| In Schleswig-Holstein sei die Lage anders, sagt Dietrich von Hobe, | |
| Geschäftsführer der Landgesellschaft Schleswig-Holstein: „Wir haben keine | |
| Großbetriebe, sondern Höfe mit 80 bis 100 Hektar, die oft noch verstreut | |
| liegen.“ Für Investoren sei das zu kleinteilig, zurzeit bewege sich kaum | |
| etwas auf dem Markt, sagt von Hobe: „Da sich mit Geld zurzeit kaum etwas | |
| anfangen lässt, halten die meisten Besitzer ihr Land und verpachten es.“ | |
| Rund 45 Prozent der Agrarflächen in Schleswig-Holstein und Niedersachsen | |
| sind in der Hand von Landwirt*innen, berichtet die Fachzeitung Agrar heute, | |
| das ist bundesweit Spitze. | |
| Dennoch werden täglich Flächen umgewidmet, für Wohn- oder Gewerbegebiete, | |
| Naturschutz, Sonnen- oder Windkraftanlagen: „Das Angebot an | |
| landwirtschaftlicher Fläche ist knapp und umkämpft, das wird so bleiben“, | |
| so von Hobe. | |
| Die Landgesellschaft kauft landesweit Flächen auf, vermittelt zwischen | |
| Landwirt*innen, die Äcker kaufen oder verkaufen wollen, stellt Kommunen und | |
| Unternehmen Ausgleichsflächen für Bauten zur Verfügung. Ein Teil dieser | |
| Flächen geht an die Stiftung Naturschutz, die Moore oder Wälder ansiedelt. | |
| Rund 4.000 Hektar hält die Gesellschaft in ihrem Bodenfonds – die Flächen | |
| wechseln, die Größenordnung bleibt. | |
| ## Vorkaufsrecht der Landgesellschaft | |
| Zudem redet die Landgesellschaft mit, wenn Flächen die Besitzer*innen | |
| wechseln: „Wir haben Vorkaufsrecht, wenn Nicht-Landwirte ein Grundstück | |
| über zwei Hektar kaufen wollen, und nutzen es auch oft aus“, sagt von Hobe. | |
| Aber nicht bei jeder Fläche greift die Gesellschaft zu: „Wenn etwa | |
| Privatleute einen Acker kaufen, weil sie Weideland für Pferde haben | |
| wollen.“ | |
| Genau solche Flächen hätte allerdings die Schobüller Initiative gern für | |
| ihre Wald-Pläne und hat sich mit den Wünschen an die Landgesellschaft und | |
| die Stiftung Naturschutz gewandt, bisher ohne Erfolg. | |
| „Wir haben auch die Interessen solcher Vereine im Auge und gucken, ob es | |
| passende Flächen gibt“, sagt Dietrich von Hobe. „Wir sagen aber auch: | |
| Landwirtschaft ist unser Schwerpunkt, das ist unser Auftrag.“ Er rät zur | |
| Geduld, früher oder später gebe es bestimmt passende Flächen. Dem | |
| Schobüller Verein reicht das nicht – sie suchen weiter nach Land für ihr | |
| Waldprojekt. Die Zeit drängt, fürchten die Mitglieder, denn die Stadt Husum | |
| möchte gern neues Bauland ausweisen. Im Zentrum des Interesses steht der | |
| dörfliche Ortsteil Schobüll mit seinen großen Grundstücken. | |
| 16 Jul 2021 | |
| ## AUTOREN | |
| Esther Geißlinger | |
| ## TAGS | |
| Flächenverbrauch | |
| Aufforstung | |
| Schleswig-Holstein | |
| Wald | |
| Finanzmarkt | |
| Schleswig-Holstein | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Streit um Freibad in Husum: Stadtteil verklagt Stadt | |
| 2007 wurde der Ort Schobüll in die Stadt Husum eingemeindet. Nun wollen die | |
| Husumer das Schobüller Freibad abreißen und die Schobüller ziehen vor | |
| Gericht. | |
| Systemkrieg in den Revierförstereien: Forstwirtschaft auf dem Holzweg | |
| In ihrem Buch „Der Holzweg“ plädieren Waldexperten und Ökologen für einen | |
| naturnahen Umbau von Wäldern. Holznutzung kommt erst später in Betracht. | |
| Klimaschutz in Lübeck: Nur 350 Bäume statt einer Million | |
| Die Stadt Lübeck will eine Million Bäume pflanzen. Das Projekt könnte zu | |
| einem Leuchtturm für Bio- Forstwirtschaft werden. Doch es fehlen Flächen. | |
| Dürre im Harz: Der scheintote Wald | |
| Stürme, Trockenheit, fehlender Schnee, zwei heiße Sommer in Folge. All das | |
| lässt die Fichten im Harz sterben. Aber: Das ist nicht das Ende des Waldes. |