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# taz.de -- Corona in Deutschland: Mehr Delta-Fälle, weniger Impfungen
> Während die Zahl der Delta-Infektionen steigt, wird gleichzeitig weniger
> geimpft. Und die Regierung lockert Reisebeschränkungen.
Bild: Immer weniger Menschen lassen sich immunisieren. Betriebsimpfung in Münc…
Berlin taz | Seit über zwei Monaten entwickeln sich die
Corona-Infektionszahlen in Deutschland nur in eine Richtung – nämlich
deutlich nach unten. Wurden Ende April im Schnitt noch 20.000 neue Fälle
pro Tag gemeldet, sind es derzeit gerade mal 600 – also weniger als ein
Dreißigstel. Doch diese positive Entwicklung dürfte bald vorbei sein.
Grund dafür ist die sogenannte Delta-Variante, jene Coronamutation, die
zuerst in Indien gefunden wurde und [1][in vielen Ländern wieder zu
steigenden Zahlen führt]. Ihr Anteil an der Gesamtinfektionszahl steigt
auch in Deutschland schon länger, doch in absoluten Zahlen schien sie
zunächst eher zu stagnieren. Seit zwei Wochen ist nun aber auch bei der
absoluten Zahl der Delta-Infektionen ein Anstieg zu sehen, wenn auch
deutlich geringer als beim Anteil.
Laut dem jüngsten Virusvariantenbericht des Robert-Koch-Instituts, der am
Mittwochabend veröffentlicht wurde, hat sich der Delta-Anteil an den
Gesamtinfektionen in der vorletzten Kalenderwoche (14. bis 20. Juni) im
Vergleich zur Vorwoche auf rund 37 Prozent mehr als verdoppelt. In
absoluten Zahlen entspricht das im Vergleich zur Vorwoche einem Anstieg um
etwa 10 Prozent; über einen Zeitraum von zwei Wochen liegt das Wachstum bei
60 Prozent.
„Delta wird bald auch in Deutschland die dominierende Variante sein“,
kommentierte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Donnerstag diese
Entwicklung. Tatsächlich spricht viel dafür, dass das bereits der Fall ist
und schon jetzt mehr als 50 Prozent der Infektionen auf das Konto von Delta
gehen; der RKI-Bericht gibt schließlich den Stand von vor zehn Tagen wider.
Setzt sich die Entwicklung fort wie bisher, dürfte die Gesamtzahl der
Infektionen darum spätestens ab übernächste Woche wieder steigen.
## Beim Impftempo stockt es
Die wichtigste Maßnahme, um das zu verhindern, ist laut Spahn, das Tempo
beim Impfen weiterhin hoch zu halten. „Eine vollständige Impfung schützt
auch gegen Delta“, sagte er. „Es liegt an uns, ob Delta eine Chance hat.“
Was Spahn nicht sagte: Genau dabei hapert es derzeit. Die Zahl der
Corona-Impfungen lag in Deutschland im 7-Tage-Mittel zuletzt wieder bei
unter 750.000 pro Tag; vor zwei Wochen waren es noch 100.000 mehr am Tag.
Anders als in der Vergangenheit liegt das stockende Tempo kaum noch [2][an
der Verfügbarkeit des Impfstoffes] – im Gegenteil: In der laufenden Woche
sollte mit über 10 Millionen Dosen so viel geliefert werden wie nie zuvor;
auch von den besonders beliebten mRNA-Impfstoffen von Biontech und Moderna
war mit 6,5 Millionen Dosen eine Rekordlieferung angekündigt.
Der Grund für die zurückgehenden Impfzahlen ist nicht wirklich klar. Zum
einen dürften inzwischen viele, die es unbedingt wollen, ihre Erstimpfung
erhalten haben: Am Donnerstag waren knapp 46 Millionen Menschen mindestens
ein Mal geimpft, was 55 Prozent der Gesamtbevölkerung und 62 Prozent der
Menschen über zwölf entspricht, die theoretisch impffähig sind.
Zudem könnte es eine Rolle spielen, dass aufgrund der Ferien, die in
mehreren Bundesländern begonnen haben, sowohl Impfende als auch potenziell
Impfwillige im Urlaub sind. Regional scheint es dabei aber deutliche
Unterschiede zu geben: Während in manchen Bundesländern Impftermine völlig
oder fast ohne Wartezeit verfügbar sind, ist es in Hamburg und
Nordrhein-Westfalen offenbar teilweise noch schwierig, kurzfristig Termine
zu bekommen.
Die Zahl der in Deutschland gemeldeten Coronatoten ist unterdessen im
7-Tage-Mittel auf unter 50 Tote pro Tag gesunken; vor zwei Monaten lag
dieser Wert noch fünfmal so hoch. Und anders als bei den Neuinfektionen
dürfte die Zahl der Toten weitersinken. Denn anstecken werden sich absehbar
[3][vor allem Kinder und Jugendliche, die derzeit noch ungeimpft sind], bei
denen aber das Risiko eines schweren Verlaufes oder des Todes sehr gering
ist.
## Warnendes Beispiel Großbritannien
Zudem wird es auch bei vollständig Geimpften Infektionen geben, doch
schwere Verläufe und vor allem Tod sind bei Geimpften ebenfalls selten. In
Großbritannien etwa hat sich die Zahl der Neuinfektionen im Juni mehr als
versechsfacht; die Zahl der Hospitalisierungen und Todesfälle im
Zusammenhang mit Corona hat sich dagegen im gleichen Zeitraum nur auf
niedrigem Niveau verdoppelt.
Weil sich die Delta-Variante in Deutschland ausbreitet, werden die
Reisebeschränkungen für Länder, in denen sie bereits dominiert, demnächst
abgeschwächt werden. Derzeit ist eine Einreise aus Ländern mit hohem
Delta-Anteil, darunter Großbritannien, Portugal und Russland, stark
eingeschränkt.
Deutsche, die dort Urlaub machen, müssen anschließend zwei Wochen in
Quarantäne, auch wenn sie vollständig geimpft sind. Das werde angesichts
des demnächst vergleichbaren Delta-Anteils und der guten Wirksamkeit der
Impfungen auch gegen Delta in Kürze geändert, so Spahn; einen genauen
Termin nannte er nicht. Aus Ländern, die nur als einfaches Risikogebiet
gelten, entfallen Einreisebeschränkungen ab sofort.
1 Jul 2021
## LINKS
[1] /Alarmstimmung-wegen-Coronamutante/!5779021
[2] /Abschaffung-der-Prioritaetenliste/!5776738
[3] /Pro-und-Contra-Biontech-ab-12/!5778428
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
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