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# taz.de -- Vermeintliche Bank in Dresden: Reichsbürger räubern weiter
> Die „GemeinwohlKasse“ ködert in Dresden unbehelligt Kunden – trotz
> Aufforderung der Finanzaufsicht, die Aktivitäten einzustellen.
Bild: Peter Fitzek, der selbst ernannte „König von Deutschland“, hat auch …
Dresden taz | Erst auf den zweiten Blick erkennt man die Veränderungen beim
beliebten Bäcker Franke im noblen und elbnahen Dresdner Stadtteil
Laubegast. Im rechten Schaufenster liegen esoterische Bücher, unverdächtig
wirbt eine Inschrift „GK – GemeinwohlKasse“. Das kleine Büro dahinter ist
vom Laden durch eine Zwischenwand abgetrennt.
Der Zettel „Zutrittsverbot für Medienvertreter“ vom Mai ist verschwunden.
Aber links unten an der Schaufensterscheibe belehrt ein kleiner Zettel:
„Kein öffentliches Ladengeschäft! Zutritt nur für Angehörige des
Königreiches Deutschland.“ Die Zugehörigkeit zu diesem fiktiven Reich kann
man an Ort und Stelle erwerben.
In dem Büro hält ein „Filialleiter“ die Stellung, der seinem Chef äußer…
verblüffend ähnlich sieht: mittlere Jahre, weißes loses Hemd, lange
zusammengebundene Haare. So kennt man auch Peter Fitzek, den selbst
ernannten „König von Deutschland“, der clever erkannt hat, wie man mit
Reichsbürger-Methoden reich werden und Leichtgläubige übers Ohr hauen kann.
Mit dem Slogan „Rente ohne Generationenvertrag“ beispielsweise wird für
eine „Deutsche Rente“ geworben.
Bereits am 21. April hatte das Landesamt für Verfassungsschutz in seinem
Bericht ausführlich vor einer Ausdehnung solcher dubiosen Geldgeschäfte auf
Sachsen gewarnt. „Aktivitäten dieser sogenannten Bank werden [1][der
extremistischen Reichsbürgerszene] zugerechnet“, heißt es darin eindeutig.
## Die „Untertanen“ machen ohne „König“ weiter
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Bafin, habe „Fitzek
derartige Bankgeschäfte bereits mehrfach untersagt, sagt Bafin-Sprecher
Oliver Struck auf Anfrage. Der Hauptsitz der „GemeinwohlKasse“ befindet
sich in Ulm. Trotz Ermittlungen wird diese Filiale ebenso unbehelligt
weiterbetrieben wie seit zwei Monaten jene in Dresden.
Der gelernte Koch Peter Fitzek hatte 2012 auf dem Gelände eines ehemaligen
Krankenhauses in Wittenberg [2][sein „Königreich“ ausgerufen.] Als „Kön…
fuhr er seither mit einer selbst gebastelten Fahrerlaubnis und wurde dafür
auch verurteilt.
Die Verfahren gegen ihn wegen Untreue gestalteten sich schwieriger, weil
potenziellen Zeugen eine Aussage peinlich war. Sogar Ärzte und Akademiker
hatten bei seiner „Bank“ und einer fiktiven Krankenkasse eingezahlt. Das
Landgericht Dessau-Roßlau sah es 2017 als erwiesen an, dass Fitzek Anleger
um etwa 1,6 Millionen Euro geprellt hat. Das Landgericht hat ihn im
Dezember 2019 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren
verurteilt.
Fitzeks Anwälte konnten die Rechtskraft der Urteile gegen ihn immer wieder
hinauszögern. Laut einem Bericht des Südwestdeutschen Rundfunks soll er im
Herbst 2020 noch in Ulm bei der Eröffnung der GK-Filiale gesehen worden
sein. Auch mit Querdenkern, etwa Michael Ballweg, hat er sich laut
Medienberichten getroffen. Aus zuverlässiger Quelle ist zu erfahren, dass
Peter Fitzek mittlerweile tatsächlich im Gefängnis sitzt. Aber seine
Untertanen machen weiter.
## Behörden bleiben erstaunlich gelassen
Sonderlich eilig scheint man es indessen mit einer Verfolgung der
fortgesetzten Straftaten seines Hofstaates nicht zu haben. Den
Verfassungsschutz in Sachsen ärgert das. Man habe die Bafin eindringlich
auf die Dresdner Filiale hingewiesen, heißt es.
„Wir haben die Abwicklung der Geschäfte angeordnet und einen Abwickler
bestellt“, antwortet Bafin-Sprecher Oliver Struck. Zugleich weist er darauf
hin, dass die Finanzaufsicht nicht selber Strafverfahren einleiten oder
Anklage erheben kann.
Die Staatsanwaltschaft Dresden, der der Ball damit zugespielt wird,
reagiert auf die Anfrage gar nicht erst. Nach Recherchen des SWR hat sich
die Staatsanwaltschaft Ulm an ihre Kollegen in Halle gewandt. Die ist nicht
nur für Wittenberg, sondern vor allem für Wirtschaftsstrafsachen zuständig.
Bis zu fünf Jahre Gefängnis stehen auf solche betrügerischen Geschäfte.
In Halle kann Oberstaatsanwalt Ulf Lenzner auf taz-Anfrage allerdings kein
Ersuchen aus Ulm finden. Er wolle aber auch nicht ganz ausschließen, dass
es einen Kontakt gab. Vor allem weist er darauf hin, dass man in solche
Untreueverfahren, wie in den Reichsbürgerfall Fitzek, „enorm viel Zeit und
Kraft investieren muss“. Gut möglich also, dass Koch Fitzek das versalzene
Süppchen seines Fantasiekönigreichs in anderen Städten weiterkochen kann.
7 Jul 2021
## LINKS
[1] /Reichsbuerger-auf-Corona-Demos/!5706347
[2] /DIY-Koenig-von-Wittenberg/!5051345
## AUTOREN
Michael Bartsch
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