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# taz.de -- Kenneth Kaunda ist tot: Afrikas letzter Gründervater
> Sambia trauert um seinen ersten Präsidenten. Kenneth Kaunda führte sein
> Land 1964 in die Unabhängigkeit. Nun starb er im Alter von 97 Jahren.
Bild: So behält Sambia Kennth Kaunda in Erinnerung: mit einem Lächeln und wei…
Lusaka taz | Mit dem Tod von Sambias erstem Präsidenten, Dr Kenneth Kaunda,
geht der letzte noch lebende Vertreter der Generation der Väter der
Unabhängigkeit Afrikas. Es ist das Ende einer Ära: die Generation der
Befreier, deren Fußstapfen für die gegenwärtigen und zukünftigen
Generationen Afrikas schwer zu füllen sein werden.
Kaunda starb in einem Krankenhaus in Sambias Hauptstadt Lusaka im Alter von
97 Jahren nach einer Lungenentzündung. Man wird ihn in Erinnerung behalten
als [1][letzten lebenden Vertreter der Generation patriotischer
Panafrikanisten], die ihre jeweiligen Länder von Guinea bis Simbabwe in den
1950er, 1960er und 1970er Jahren in die Freiheit führten.
Noch vor knapp einem Monat, am 25. Mai, ehrte die Afrikanische Union (AU)
an ihrem jährlichen [2][Afrika-Tag] den sambischen Staatsgründer, berühmt
für seine Safari-Anzüge und seine Beiträge zur Befreiung Afrikas. Anlass
war der offizielle Launch der „Charter for African Cultural Renaissance“.
Kaunda war damals der letzte noch lebende Mitgründer des AU-Vorläufers OAU
(Organisation of African Unity) im Jahr 1963.
“Mit unbeschreiblicher Traurigkeit habe ich erfahren, dass Seine ExzeIlenz
Kennth Kaunda, erster Präsident der Republik Sambia und einer der
Gründerväter der OAU, von uns gegangen ist“, erklärte jetzt
AU-Kommissionspräsident Moussa Faki Mahamat.
## Jüngster Sohn einer Lehrerfamilie
Kenneth Kaunda kam am 28. April 1924 in der Stadt Chinsali zur Welt, als
jüngstes der acht Kinder eines Missionars, der zugleich Lehrer war, und
einer Lehrerin. Er wurde nach dem Schulabschluss im Jahr 1943 selbst Lehrer
und steuerte das damalige Nord-Rhodesien in die Unabhängigkeit von
Großbritannien. [3][Am 24. Oktober 1964 wurde er Präsident der unabhängigen
Republik Sambia].
Kaunda ruhte sich nicht auf den Lorbeeren der Selbständigkeit aus. Seine
Regierung trug zur Unabhängigkeit anderer Länder im südlichen Afrika bei.
Er unterstützte wortstark die Anti-Apartheid-Bewegung in Südafrika und
stellte sich gegen die weiße Minderheitsherrschaft in Sambias südlichem
Nachbarn Süd-Rhodesien, wo weiße Siedler 1965 einseitig die Unabhängigkeit
als Apartheidstaat ausriefen.
Die bewaffneten schwarzen nationalistischen Bewegungen in Südafrika,
Rhodesien (heute Simbabwe), Angola, Mosambik und Südwestafrika (Namibia)
genossen die logistische Unterstützung des „Frontstaates“ Sambia. In den
frühen 1970er Jahren erlaubte Kaunda den Guerillaarmeen dieser Länder, von
Sambia aus Operationen im Befreiungskrieg zu führen.
Kaunda spielte eine Vermittlerrolle bei den Verhandlungen, die zu Simbabwes
Unabhängigkeit 1980 führten. Oliver Tambo, Präsident des südafrikanischen
ANC (Afrikanischer Nationalkongress) von 1967 bis zur Übergabe des Amtes an
Nelson Mandela 1991, verbrachte einen Großteil seiner 30 Jahre Exil in
Sambia. Kaunda diente auch als Vorsitzender der Blockfreien-Bewegung von
1970 und 1973 und trat während des Ost-West-Konfliktes dafür ein, dass
afrikanische Staaten sich keinem der beiden Blöcke anschließen sollten.
Doch wie die meisten der „Gründerväter“ Afrikas umging auch Kaunda nicht
dem wohlbekannten Weg des Befreiers, der sich in einen Autokraten
verwandelt. Seine Regierung ab 1964 entwickelte klare diktatorische
Tendenzen. Auf zunehmende Intoleranz gegenüber Opposition und Gewalt bei
Wahlen 1968 folgte das Verbot aller politischen Parteien außer der eigenen
United National Independence Party (UNIP). 1972 wurde Sambia offiziell zum
Einparteienstaat erklärt. 1973 wurde Kaunda ohne Gegenkandidat als
Präsident wiedergewählt und übernahm die alleinige Kontrolle über sein
kupferreiches Land.
Sein fester Griff lockerte sich erst nach einer Reihe von Protesten gegen
Sambias wirtschaftlichen Niedergang und Kaundas Diktatur, die Mitte 1990 in
einen Putsch gipfelten. Mehrere Stunden lang war Kaunda von einem
Militärputsch unter Oberst Mwama Luchembe gestürzt. Er behielt die
Oberhand, aber er war geschwächt und erkannte die Signale. Er ging auf
Forderungen nach Verfassungsänderungen ein, die dem Machtmonopol der UNIP
ein Ende setzten.
[4][1991 verlor Kenneth Kaunda freie Wahlen] und verließ sein Amt.
Gewerkschaftsführer Frederick Chiluba wurde nach einem Erdrutschsieg an der
Wahlurne Präsident. Anders als so manche Staatsführer, die den Mantel der
Diktatur nur schwer ablegen können, fügte sich Kaunda in seine Niederlage
und erfand sich neu.
## „Ein Gigant ist gefallen“
Bis zu seinem Tod blieb Kaunda eine Legende, in seinem Land von allen
geachtet. Sein Engagement in sozialen Organisationen und im Kampf gegen
HIV/Aids brachte ihm Anerkennung national und international. Jetzt strömen
Trauerbotschaften aus aller Welt und aus allen Bereichen der sambischen
Gesellschaft, von der Politik bis zum Sport.
“Goodbye, Präsident Kenneth Kaunda“ schrieb der sambische Fußballstar
Kalusha Bwalya. „Ich bin und werde immer ein stolzes Mitglied der KK-11
sein. Würde und Ehre. Möge Deine liebe Seele im ewigen Frieden ruhen“.
Bwalya war der Kapitän der legendären sambischen Nationalmannschaft, die
1993 beim Abflug aus Gabun in einem DHC-5-Buffalo-Transportflugzeug der
sambischen Luftwaffe in den Atlantik stürzte und fast alle ihre Spieler
verlor.
Südafrikas regierender ANC kondolierte Sambia: “Dies ist ein trauriger
Moment für Südafrika und den afrikanischen Kontinent insgesamt. Ein Gigant
des Befreiungskampfes Südafrikas und des Kontinents ist gefallen. Dr.
Kaunda bewahrt einen besonderen Platz in den Herzen unseres Kontinents,
unseres Landes und des südafrikanischen Volkes.“
Simbabwes Präsident Emmerson Mnangagwa, der während des simbabwischen
Befreiungskrieges zeitweise im sambischen Exil lebte, sagte, er sei in
„Schock und tiefer Trauer“. Kaunda sei „ein exemplarischer Vater, ein
scharfsinniger Politiker, ein Führer mit immensem Beitrag zur Befreiung der
Länder des südlichen Afrika von kolonialer Herrschaft“ gewesen.
Sambias Präsident Edgar Lungu rief 21 Tage Staatstrauer aus. Kenneth
Kaundas Tod trifft das Land in einer kritischen Zeit, mit zunehmender
politischer Gewalt vor den Wahlen am 21. August. Die Politiker des Landes
stehen nun in der Pflicht von Kaundas Erbe und seinem Ethos „Ein Sambia,
eine Nation“.
18 Jun 2021
## LINKS
[1] https://twitter.com/BBCAfrica/status/1405560354881556480
[2] https://au.int/en/newsevents/20210525/launch-africa-day-iamafrican-campaign…
[3] https://www.youtube.com/watch?v=6RrT46g3QO4
[4] /!1695629/
## AUTOREN
Arnold Mulenga
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