# taz.de -- Neuer King-Kong-Film: Ein sympathischer Riesenaffe | |
> Der Monsterspektakelfilm „Godzilla vs. Kong“ bietet innige | |
> Tier-Mensch-Beziehungen. Außerdem beeindruckt er mit opulenten | |
> Monsterduellen. | |
Bild: Vier Augen sehen mehr als zwei: Jia (Kaylee Hottle) und ihr großer Freund | |
Der Unterschied zwischen einem Tierfilm und einem Monsterfilm ist: Im | |
ersten werden Tiere und ihr Verhalten in ihrem Habitat observiert, Menschen | |
bleiben Beobachter:innen. Im zweiten wird aus Menschensicht fiktional vom | |
Kampf gegen tumbe tierähnliche Monster oder Kreaturen (Drachen, Godzilla, | |
Mothra) berichtet. Doch im Gegensatz zu Drachen und Menschen ähneln sich | |
Primaten und Menschen genetisch zu 93 bis 99 Prozent. | |
Vielleicht wohnt Filmen über ungeheure Affen darum von jeher eine Wärme | |
inne, die andere Monsterfilme vermissen lassen: Die auf einem 1963 | |
erschienenen Roman basierende „Planet der Affen“-SciFi-Reihe erzählte (vor | |
allem in ihren Neuverfilmungen) von Treue, Verrat und Vertrauen zwischen | |
den verwandten Arten. | |
Die tierischen Charaktere boten ab 2011 durch das Motion-Capture-Verfahren | |
überzeugendes und anrührendes mimisches Spiel, und der [1][2017 erschienene | |
„Planet der Affen: Survival“ von Matt Reeves] lässt sich als ein mit | |
großartiger, neuer Musik unterlegter Tierstummfilm goutieren, in dem Affen | |
sich in einer eigenen äffischen Gebärdensprache über den Sinn ihres | |
tierischen und den Unsinn des menschlichen Daseins austauschen. | |
## King Kongs Bestimmung | |
Auch King Kong, der König der Affen, den man zur Spezies des | |
Gigantopithecus, einem je nach Zahnfund vor acht Millionen bis 100.000 | |
Jahren lebenden Riesenprimaten zählen könnte, war von Anfang an (die erste | |
Verfilmung stammt aus den 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts) eine emotionale | |
Figur mit Bestimmung: Der naturverbundene Koloss verliebte sich, | |
diversityfreundlich artenfremd, meistens in eine Menschenfrau. Sein – für | |
die klassische Heldenreise – wichtiges Ziel war es darum, diese Frau zu | |
schützen, sie nach Hause zu schleppen, zum gemütlichen Affennest in der | |
höchsten Dschungeletage. | |
Bereits in [2][Peter Jacksons bahnbrechender King-Kong-Neuverfilmung aus | |
dem Jahr 2005] gebärdete der Protagonist (eindeutig der Affe) ein paar | |
herzergreifende Dialoge mit dem „Object of Desire“ (Naomi Watts). In | |
„Godzilla vs. Kong“, dem vierten Film aus dem Warner-Franchise | |
„Monsterverse“, ist es ein kleines gehörloses Mädchen namens Jia (Kaylee | |
Hottle), das mit dem Affen bondet und kommunizieren kann. | |
Und selbst wenn es keine im engen, konventionellen Sinne tiefschürfenden | |
Themen sind, über die das Riesenvieh und die Waise plaudern: Die Beziehung | |
beruht auf echter Zuneigung. Man mag und vertraut sich. | |
## Gutmütiger Einzelgänger | |
Als zwei Wissenschaftler:innen den Affen überreden wollen, eine | |
gemeinsame Reise in den Mittelpunkt der Erde anzutreten, und später noch im | |
Kampf gegen den in der japanischen Atomkrafthistorie verwurzelten, aus | |
unerfindlichen Gründen stinksauren Godzilla etwas Monster-on-Monster-Action | |
von ihm erhoffen, macht das Affengeschöpf nur mit, weil Jia ihm dazu rät. | |
Denn eigentlich lebte der Riese unter menschlicher Observation in einem | |
Dschungel-Hologramm auf Skull Island, in dem der Wasserfall die Dusche | |
ersetzt und das gutmütige Singletier zufrieden seinem Tagewerk nachging, | |
ohne dass ihn Frauen oder Feinde störten. | |
Was Regisseur Adam Wingard und seine Autoren Eric Pearson und Max | |
Borenstein ansonsten noch in ihre 114 Minuten gepackt haben, sind zwischen | |
155 und 200 Millionen hohe Produktionskosten: Opulente Monsterduelle auf | |
Riesenflugzeugträgern in wellenspritzenden Weltmeeren und psychedelisch | |
beleuchteten nächtlichen asiatischen Großstädten; Jules-Verne-artige Reisen | |
zum absolut surrealen Mittelpunkt der Erde; ein beeindruckender | |
Robo-Godzilla oder eine hübsche Szene, in der eine Raumfähre zu einem | |
Defibrilator für ein tonnenschweres Affenherz umfunktioniert wird. | |
All das macht Spaß, sowohl auf technischer als auch auf Amüsement-Seite: | |
King Kong ist eben nach wie vor das netteste und humorvollste aller | |
kreatürlichen Monster. Und die Schauwerte (neben der Technik zählt | |
Alexander Skarsgård als Wissenschaftler dazu) verhüllen kaum, dass | |
„Godzilla vs Kong“ trotz Kampf, Explosion, yottabyteweise CGI und reiner | |
Fiktionalität eher Tier- als Monsterfilm ist. Nur eben viel, viel lauter. | |
29 Jun 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Kinostart-von-Planet-der-Affen-Survival/!5432110 | |
[2] /Interview-mit-Rhein-Zeitung-Chefredakteur/!5138631 | |
## AUTOREN | |
Jenni Zylka | |
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