| # taz.de -- Überlastete Berliner Bürgerämter: „So kommen wir nicht weiter�… | |
| > Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD) will mit einem 10-Punkte-Plan die | |
| > Überlastung der Bürgerämter abbauen. Einer der Punkte: 100 neue | |
| > Mitarbeiter. | |
| Bild: Steht mitten im Rauch: Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD) | |
| taz: Herr Igel, kürzlich haben sich die Bezirke mit Innenstaatssekretärin | |
| Sabine Smentek zur Krise in den Bürgerämtern getroffen. Berlinweit gibt es | |
| einen Rückstau von 250.000 Anträgen. Was wurde verabredet? | |
| Oliver Igel: Es stand schon vorher fest, dass die Bezirke für einen | |
| begrenzten Zeitraum mehr Geld bekommen sollen. Zugesagt sind 2,5 Millionen | |
| Euro für alle zusammen. Leider steht noch nicht fest, wie die genauen | |
| Konditionen sind, um an dieses Geld heranzukommen. | |
| Wer legt das fest? | |
| Staatssekretärin Smentek will mit der Finanzverwaltung ins Gespräch kommen. | |
| Es gab Andeutungen, dass wir aus diesem Budget etwa Überstunden auszahlen | |
| können. Das ist der erste konkrete Ansatz, der Hoffnung macht, die | |
| Terminlage in den Bürgerämtern zu verbessern. | |
| Wie soll das gehen? | |
| Wenn Beschäftigte bereit sind, neben ihrer Wochenarbeitszeit zusätzlich zu | |
| arbeiten, bezahlt, nicht auf Überstundenbasis, würden Samstagstermine einen | |
| echten Mehrwert bringen. Das heißt, die Öffnungszeit in der Woche wird | |
| nicht reduziert, weil Überstunden abgebaut werden müssen. Eine | |
| Sechstage-Woche, das geht natürlich nicht auf Dauer. | |
| Wie stehen die Beschäftigten dazu? | |
| Ich habe noch keine Signale, aber ich weiß von Mitarbeitern, dass sie | |
| bezahlten Überstunden offener gegenüberstehen als dem Abbummeln. Wenn | |
| mehrere Bezirke kurzfristig eine Samstagsöffnung realisieren, wird das sehr | |
| schnell spürbar sein. | |
| Wie lange sind die Wartezeiten auf Termine zurzeit? | |
| Ich weiß von Bürgern, die schon seit Wochen versuchen, einen Termin zu | |
| bekommen, manche sogar schon seit Monaten. Manche haben Glück, die meisten | |
| haben aber Pech. Auf der einen Seite sind das noch die Nachwirkungen des | |
| Lockdowns. Dann beginnt jetzt die Reisezeit, wo mehr Menschen ein gültiges | |
| Personaldokument benötigen. Und dann haben die Bürgerämter auch noch damit | |
| zu tun, die Wahlen vorzubereiten. | |
| Sie haben ein 10-Punkte-Papier veröffentlicht, in dem Sie 100 neue | |
| Mitarbeiter für die Bürgerämter fordern. | |
| Die 2,5 Millionen Euro Soforthilfe sind mehr als ein Tropfen auf einen | |
| heißen Stein. Aber wenn wir einen guten Teil davon für Überstunden | |
| verbrauchen, bleibt nicht viel für zusätzliche Kräfte übrig. Durch die | |
| Überstunden verspreche ich mir wirklich Fortschritte. Aber wichtiger wäre, | |
| wir bekämen zusätzlich neues Personal. Wir wollen nicht nächstes Jahr vor | |
| der gleichen Situation stehen. | |
| Als Schlüssel für die Verteilung der 100 Stellen schlagen Sie das | |
| Windhundprinzip vor. Wie soll das gehen? | |
| In den Senatsverwaltungen gibt es immer Leute, die aus irgendwelchen | |
| Beträgen komplizierte Rechenmodelle erstellen: wie viele Mitarbeiter nach | |
| Bevölkerungszahlen auf welche Bezirke verteilt werden. Da sage ich: Lasst | |
| das doch einfach. Wir sollten besser fragen, welcher Bezirk kann zu welchem | |
| Zeitpunkt wie viele Mitarbeiter neu einstellen? | |
| Wer zuerst kommt, kriegt zuerst? | |
| Genau. Der Punkt ist doch: Jedes Bürgeramt, ob nun in Köpenick oder | |
| Spandau, ist für jeden Berliner offen. Damit ist es völlig wurscht, wo die | |
| Mitarbeiter hinkommen. Natürlich können nicht 100 neue Mitarbeiter nach | |
| Treptow-Köpenick kommen. Aber es geht doch darum, so schnell wie möglich so | |
| viele wie möglich zu gewinnen und zu qualifizieren. | |
| Was sagen die anderen Bezirke zu dem Vorschlag? | |
| Ich habe alle zehn Punkte am vergangenen Mittwoch in der Runde aller | |
| Stadträte vorgetragen. SPD-seitig ist mein Papier da quasi mit | |
| unterschrieben. Bei der Senatsverwaltung für Inneres gab es allerdings | |
| Zurückhaltung. Da stehen ja auch ein paar Vorschläge drin, wo die sich | |
| bewegen muss. | |
| Inwiefern? | |
| Die Bürgerämter müssen in Vorbereitung der Wahlen zum Beispiel auch | |
| Unterschriftenprüfungen vornehmen. Wir prüfen beispielsweise auch die | |
| Unterschriften für das Volksbegehren Deutsche Wohnen enteignen. Ich habe | |
| vorgeschlagen, dass das die Senatsinnenverwaltung für einen vorübergehenden | |
| Zeitraum übernehmen könnte, damit sich die Bürgerämter auf ihre | |
| Kernaufgaben konzentrieren können. | |
| Und? | |
| Grenzenlose Begeisterung! (lacht) Mir ist gesagt worden, dass das nach Lage | |
| des Gesetzes eine Aufgabe der Bezirke sei. So kommen wir aber nicht weiter. | |
| Vielleicht brennt die Hütte noch nicht genug? | |
| Also ich stehe mitten im Rauch. | |
| 28 Jun 2021 | |
| ## AUTOREN | |
| Plutonia Plarre | |
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